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Wintermond (German Edition)

Wintermond (German Edition)

Titel: Wintermond (German Edition)
Autoren: M. Hart
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„Kannst du mir zeigen, was du bisher so im Studium gemacht hast?“
    „Ich hab’ eine Mappe in meinem Zimmer“, erwiderte Ben, „da steht alles drin.“
    Jo klickte ein paar Mal mit der Maus, bevor er seinen Kopf leicht nach hinten legte, um seine geleistete Arbeit aus einem besseren Blickwinkel betrachten zu können. Erst dann wandte er sich erneut an Ben, spähte dabei über seine Brillengläser.
    „Hast du so was schon mal gemacht?“, fragte er, als hätte er Ben gar nicht zugehört.
    Er drehte den Laptop so, dass der dunkelhaarige Student auf den Bildschirm sehen konnte.
    Ben betrachtete das Bild auf dem Computer genauer. Sofort erkannte er, dass Jo an einer Gebäudeplanung arbeitete. Er hatte mit einem speziellen Programm die Frontseite eines Hauses skizziert. Es sah aus, als ob es rundum verglast sein sollte und erinnerte Ben sofort an ein Bürogebäude oder ein kleines Einkaufszentrum.
    „Darf ich?“, fragte Ben und deutete an, die Maus bewegen zu wollen.
    „Nur zu!“, erlaubte Jo und lehnte sich wieder in seinem Stuhl zurück.
    Ben scrollte innerhalb der Datei und fand sofort weitere Skizzen vor: Seitenansichten des Hauses, einen Grundriss und eine dreidimensionale Grafik. Interessiert vergrößerte er die einzelnen Zeichnungen und begutachtete sie gründlich.
    „Das wird ein Einkaufszentrum, richtig?“, fragte er schließlich.
    Jo nickte und zog den Laptop wieder zu sich zurück.
    „Sieht beeindruckend aus“, fügte Ben hinzu und lächelte zurückhaltend.
    „Und?“, fragte Jo dann, „Hast du so etwas schon mal gemacht?“
    Ben überlegte eine Weile. In seinem Studium hatte er schon viele einzelne Elemente solcher Arbeiten erlernt, doch hatte er sich bislang noch nie mit einer vollständigen Gebäudeskizzierung auseinander gesetzt.
    „Leider nicht“, gab er zu. „Vieles von diesem Programm kenne ich schon, aber eben nicht alles. Den Grundriss krieg ich locker hin und vielleicht auch die verschiedenen Ansichten, aber auch nur dann, wenn es sich um ein einfaches Gebäude handelt.“
    „Du solltest dir mehr zutrauen“, erwiderte Jo. „Ich bin ja dafür da, wenn du Fragen hast. Du sollst während deines Praktikums hier ja was lernen. Also, was meinst du?“
    „Was meine ich wozu?“, fragte Ben unsicher.
    „Ich gebe dir eine detaillierte Liste mit Daten und du versuchst, das gewünschte Objekt für einen imaginären Kunden zu entwerfen“, sagte Jo bestimmend.
    „Das krieg’ ich doch niemals hin“, meinte Ben sofort und wünschte sich eine andere Aufgabe.
    Er liebte Herausforderungen zwar, doch auch er geriet irgendwann an seine Grenzen.
    „Ich bin da anderer Meinung“, sagte Jo und vermittelte Ben damit das sichere Gefühl, dass es längst beschlossene Sache war.
    „Einverstanden“, gab Ben schließlich nach und willigte in das Praktikumsprojekt ein.
    „Alex wird dir im Übrigen zur Hand gehen und dir hier im Haus zeigen, wo du alles findest, was du brauchst“, fügte Jo hinzu.
    „Alex?“
    Ben traute seinen Ohren nicht. Er konnte unmöglich Hilfe von Jos Sohn annehmen.
    „Er braucht mal wieder Geld“, erklärte Jo, als hätte er Bens Gedanken gelesen, „und ich bin nicht mehr bereit, ihm dieses einfach so auszuhändigen. Er soll dafür arbeiten und das Prinzip des Lebens endlich mal verstehen.“
    Ben nickte wortlos. Ihm war augenblicklich klar, dass Alex ihm niemals freiwillig helfen würde und falls doch, ihn derartig fertig machen würde, dass Ben jegliche Lust und Motivation an der Arbeit verlieren würde. Doch sollte er in seiner Position widersprechen? Jo schien jemand zu sein, der Dinge beschloss und diese letztendlich so durchführte, wie er sie sich in den Kopf gesetzt hatte.
    „Den Rest können wir beim Mittagessen mit Alex besprechen“, sagte Jo abschließend. „Ich bestelle uns noch eben etwas Leckeres.“
    Ben nickte gedankenverloren. Eine künftige Zusammenarbeit mit Alex war schier unmöglich. Jos Sohn verachtete ihn. Das hatte dieser ihm schon innerhalb der kurzen Zeit deutlich zu verstehen gegeben. Bens Praktikum forderte tatsächlich mehr von ihm, als er erwartet hatte. Vor allem aber verlangte es eines: Durchhaltevermögen.

Kapitel 4

    Alex hielt das Lenkrad in der einen, den Schalthebel in der anderen Hand. Konzentriert blickte er nach vorn. Die tief stehende Wintersonne blendete ihn und trotz der frühmorgendlichen Streumaßnahmen waren die Straßen recht glatt. Hinzu kam, dass die Fahrbahnmarkierungen vollkommen zugeschneit waren. Als ob dies ein
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