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Wintermond (German Edition)

Wintermond (German Edition)

Titel: Wintermond (German Edition)
Autoren: M. Hart
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gelöst.
    Am liebsten würde er die Waffe nehmen, ihren Lauf gegen seine Schläfe pressen und dann einfach abdrücken, um dem unaufhaltsamen Schmerz auf diese Weise zu entfliehen. Aber er musste weiterleben, um Ben kämpfen und für all das büßen, was er zu verantworten hatte. Er konnte sich nicht einfach erschießen und fliehen. Damit würde er sich alles viel zu einfach machen. Er musste die Schuldgefühle auf sich nehmen und den Kummer und Schmerz ertragen. Außerdem brauchte Ben ihn.
    Die Tränen rannen unaufhörlich über seine Wangen.
    Er brauchte noch einen kurzen Moment, bevor er die Pistole ein letztes Mal betrachtete und sie gleich darauf unachtsam zu Boden fallen ließ.
    Er starrte noch immer auf Ben und nahm nur im Augenwinkel wahr, wie sich die Polizisten vorsichtig näherten. Sie blieben dicht vor ihm stehen. Einer von ihnen trat die Pistole zur Seite. Der andere hob sie auf.
    Auch die Notärzte stürmten nun auf sie zu und eilten im Laufschritt zu Ben.
    Alex nahm all die Handlungen nur sehr verschwommen wahr. Alles um ihn herum spielte sich wie in Zeitlupe ab.
    „Sie kommen jetzt erstmal mit!“, forderte einer der Polizisten ihn auf.
    Alex reagierte jedoch nicht, blieb lediglich kauernd am Boden sitzen. Nach ein paar weiteren Sekunden spürte er dann zwei kräftige Hände an seinen Oberarmen, wie sie ihn hochrissen und gleich darauf abstützten.
    Alex’ Kehle war staubtrocken. Er wollte etwas zu seiner Verteidigung sagen, hatte jedoch nicht mehr die nötige Kraft dafür. Er ließ sich bis zu dem Polizeiauto führen. Dabei wandte er sich immer wieder zu Ben um und konnte sehen, wie die Notärzte ihn versorgten und kurze Zeit später auf eine Liege hievten.
    Alex blieb plötzlich stehen und spürte gleich darauf, wie sich die festen Griffe an seinen Oberarmen noch einmal deutlich verstärkten.
    „Was ist mit ihm?“, nuschelte Alex und starrte ausdruckslos in Bens Richtung.
    Die Polizisten tauschten einen flüchtigen Blick, ignorierten seine Frage jedoch. Stattdessen versuchten sie ihn weiter mit in ihre Richtung zu ziehen. In diesem Moment nahm Alex noch einmal all seinen Mut zusammen. Er riss sich los und rannte in Bens Richtung. Die Polizisten eilten ihm sofort hinterher. Doch Alex ließ sich nicht beirren. Er stürmte auf Bens Trage zu und wandte sich an die Sanitäter.
    „Was ist mit ihm?“, wiederholte er seine Frage und konnte nicht verhindern, wie ungeduldig und panisch er klang.
    Die Sanitäter blickten jedoch an ihm vorbei in Richtung der beiden Beamten, die sich nun erneut neben Alex aufbauten. Nur beiläufig bekam er mit, wie sie seine Arme nach hinten rissen und kalten Edelstahl um seine Handgelenke legten.
    „MANN!“, schrie Alex. „WAS IST MIT IHM? BITTE!“, er konnte seine Verzweiflung nicht mehr verbergen.
    Die Polizisten ergriffen ihn und versuchten ihn mit sanfter Gewalt zurück zum Dienstwagen zu führen. Doch Alex gab nicht auf, wand sich unter ihren Griffen.
    „DAS IST MEIN FREUND, VERDAMMTE SCHEISSE!“, brüllte er und versuchte sich erneut umzudrehen. Doch dieses Mal gelang es ihm nicht mehr.
    Er spürte Tränen der Verzweiflung in sich aufkommen, versuchte sie jedoch zurückzuhalten.
    Die Polizisten führten ihn zum Auto, drückten seinen Kopf nach unten und schoben ihn auf die Rückbank. Dann wurde die Tür laut zugeschlagen. Mittlerweile waren zwei weitere Polizeiautos am Tatort angelangt. Alex starrte aus dem Fenster. Zwei Beamte stiegen in seinen Wagen und starteten den Motor.
    Alex wollte sich regen, spürte dabei jedoch nur einen beengenden Schmerz an seinen Handgelenken aufkommen. Schließlich gab er auf, blickte stattdessen aus dem getönten Seitenfenster und beobachtete, wie der Krankenwagen mit laut hallendem Blaulicht abfuhr.
    Im Auto selbst nahm er nichts außer dem Rauschen ihres Funkgerätes wahr, über das die beiden Beamten wichtige Informationen an ihre Kollegen weitergaben.
    Dann fuhren sie los - schweigend.
    Sie bogen erst aus der Straße und gleich darauf links ab.
    Alex blickte aus dem Fenster und begann gen Himmel zu starren. An dem blauen Firmament war noch immer die Silhouette des Mondes zu erkennen - die helle Struktur eines Wintermondes an einem unschuldigen Wintermorgen.
    In einer Neumondnacht hatte er Ben kennengelernt. Mit jedem neuen Tag waren sie sich näher gekommen, während der Mond zugenommen hatte. Gemeinsam hatten sie einen kurzen, aber heftigen Höhepunkt in ihrer Beziehung erlebt. Dann hatte der Mond wieder abgenommen - genau
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