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Winterland

Winterland

Titel: Winterland
Autoren: Åke Edwardson
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Winter.
     
    Jonas Björk wartete auf sie. Er hielt sich unten am Baum mit den dicken Ästen auf, die sich zum Ufer hinstreckten. Da hatten alle Kinder gesessen, Saison um Saison. Jetzt waren sie alle erwachsen, manche von ihnen lebten nicht mehr.
    Ein paar Details, hatte Winter am Telefon gesagt. Es dauert nicht lange.
    »Vergiss nicht, dass er es war, der von dem Unfall erzählt hat«, hatte Ringmar im Auto gesagt. »Und er hat auf Sivert gezeigt.«
    »Nach ihm hätten wir sowieso gefragt«, hatte Winter gesagt. »Er war schließlich auf dem Foto. Und die Sache mit dem Bootsunfall hätten wir auch so schnell rausgekriegt.«
    Jetzt stieß sich Björk von der Birke ab, an die er sich gelehnt hatte.
    »Was sind denn das für Details, die Sie wissen wollen?«, fragte er.
    »Wo waren Sie an dem Abend, als das Bootsunglück geschah?«, fragte Winter.
    »Ähm … ich war wohl zu Hause.«
    »Und wo war zu Hause?«
    »Das war im Dorf.«
    »Ist das immer noch so?«
    »Jetzt verstehe ich Sie nicht.«
    »Wohnen Sie immer noch am selben Ort wie damals?«
    »Äh … ja.«
    »Bringen Sie uns hin«, sagte Winter.
    »Nein, das geht …«
    »Bringen Sie uns hin!«
     
    Nach einer Stunde hatten sie drei Fotos gefunden. Es wäre noch schneller gegangen, wenn sie am anderen Ende angefangen hätten zu suchen. Auf dem einen Foto stand Tante Wilhelmsson vor einem Gebäude. Winter erkannte es wieder. Sie war allein. Kein Lächeln auf ihrem Gesicht.
    Auf dem anderen Foto stand sie zusammen mit ihrem Sohn. Keiner von ihnen lächelte. Sivert war hier ungefähr genauso alt wie auf dem Bild mit den Kindern.
    Auf dem dritten Foto stand Jonas Björk zusammen mit einem Jungen, der ungefähr zehn Jahre alt war.
    »Das ist doch normal, dass man ein paar Sachen aufhebt«, sagte Björk.
    »Ach ja?«, fragte Winter.
    Björk antwortete nicht.
    »Sie haben es so eingerichtet, dass Sie einander nah sein konnten«, sagte Winter.
    »Was meinen Sie damit?« Plötzlich sah Björk älter aus. Älter und taub.
    »Auf eine ganz natürliche Weise«, fuhr Winter fort, ohne sich um die Taubheit von Björk zu scheren. »Sie waren keine Familie mehr, aber Sie kamen voneinander nicht los.«
    »Was meinen Sie damit?«, wiederholte Björk.
    »Oder hat er vielleicht nie erfahren, dass Sie sein Vater waren?«, fragte Winter.
    Ringmar sah zu Winter. Darüber hatten sie nicht gesprochen.
    »Hat sie es ihm nie erzählt?«, fuhr Winter fort. »Seine Mutter, meine ich?«
    Zunächst antwortete Björk nicht.
    »Sie hat es mir erzählt«, sagte er dann. »Siv. Sie hieß Siv.«
    Siv und Sivert, dachte Winter. Die beiden gehörten zusammen.
    »Was hat sie erzählt?«, fragte er.
    »Von den Mädchen. Was er mit den Mädchen machte. Nachts.«
    »Und was haben Sie getan?«
    »Ich. Nichts. Ich habe nichts getan«, sagte Björk und brach plötzlich in Tränen aus. »Ich habe nichts getan.« Er sah zu Winter auf. »Aber sie. Sie haben etwas getan.«
    »Sie haben die Sache mit dem Bootsunfall geplant«, sagte Winter.
    »Das Mädchen wollte es erzählen«, sagte Björk. »Es hätte bei der Behörde etwas erzählen können.«
    »Warum kam Charlotte davon?«, fragte Winter.
    »Ich bin rausgefahren«, sagte Björk. »Wir hatten noch ein Boot. Ich bin rechtzeitig rausgekommen.«
    »Was geschah mit Tante Wilhelmsson?«, fragte Ringmar.
    »Sie kam nicht ungeschoren davon«, setzte Winter hinzu.
    »Ich war nicht da«, sagte Björk. »Ich wollte nie wieder etwas mit ihnen zu tun haben.«
    »Sie haben geschwiegen«, sagte Winter. »Sie haben für sie geschwiegen.«
    »Was hätte ich denn tun sollen? Was hätte ich sagen sollen? Wer hätte mir geglaubt?«
    »Ihr Sohn hat sich mit dem Schweigen nicht zufrieden gegeben«, sagte Winter. »Er wollte mehr.«
    »Nein«, sagte Björk. »Sie wollte es selbst so. Siv ging selbst in den See. Sie konnte es nicht mehr aushalten. Sivert hatte nichts damit zu tun.«
    »Wo ist Sivert jetzt?«, fragte Winter.
    »Ich weiß es nicht.« Er sah Winter in die Augen. »Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Sie kam auch nicht davon«, sagte Winter wieder. »Charlotte. Er hat sie nicht davonkommen lassen.«
    Björk antwortete nicht.
    »Warum?«, fragte Winter. »Warum konnte er sie nicht davonkommen lassen? Nach so vielen Jahren?«
    »Es kam … ein Brief«, sagte Björk.
    Winter wartete. Björk war dabei zu erzählen, die Worte waren auf dem Weg.
    »Der Brief kam hierher. Ich habe ihn nachgeschickt. Das hätte ich nicht tun sollen. Es war Wahnsinn.«
    »Haben Sie den Brief
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