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Winterkaelte

Winterkaelte

Titel: Winterkaelte
Autoren: Stephanie M. Schwartz
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Kleidung und warf sie über die Schulter. Auch der Verband landete einfach auf dem Boden. Das neue Piercing glitzerte aufregend, doch sie durfte es noch nicht berühren.
    Vom Couchtisch holte sie das Desinfektionsmittel und sprühte es auf ihre Hände und dann über das Piercing. Es brannte, als es mit den Schamlippen in Berührung kam, doch Elena hatte das erwartet. Vorsichtig bewegte sie das Piercing hin und her. Es schmerzte stark, doch nicht mehr so schlimm wie nach dem Stich selbst. Abschließen sprühte sie abermals Desinfektionsmittel auf und stellte die Flasche wieder zurück auf den Tisch.
    Der Geruch der Lösung trübte den Geschmack des Whiskeys, doch das würde sich schnell geben.
    Gedankenverloren starrte sie in die Ferne und zog die Perücke von ihrem Kopf. Kaum jemandem fiel auf, dass sie eine solche trug und kaum jemand wusste, wie ihr Kurzhaarschnitt darunter aussah.
    Von einem Augenblick zum anderen überfiel sie ein Gefühl der Trauer. Es kam so plötzlich, dass es beinahe wie ein Schlag in den Magen wirkte. Elena ging auf die Knie und begann zu weinen. Sie konnte einfach nicht anders.
    Was machte sie eigentlich noch hier?
    Warum tat sie sich das alles eigentlich an?
    Nach wenigen Augenblicken konnte sie wieder aufstehen, doch in ihrem Kopf hatte sich die Stimme festgesetzt. Sie sprach, wie schon so oft, zu ihr. Und jedes Mal wenn sie sprach, wurde das was sie sagte immer einleuchtender.
    ‚W ARUM SPRINGST DU NICHT EINFACH HIER RUNTER? D AS IST DER ACHTE S TOCK. W ENN DU MIT DEM K OPF VORAN SPRINGST IST ES VORBEI. D ANN IST ALLES VORBEI. D IE S CHULDGEFÜHLE, ALLES WAS DICH QUÄLT. D ANN HAST DU ENDLICH F RIEDEN.‘
    Wie oft hatte sie diese Worte in den letzten Jahren gehört?
    Wie oft war es ihr so ergangen?
    Wie oft hatte der Schmerz dabei geholfen die Stimme zu unterdrücken?
    Doch heute war es anders.
    Langsam öffnete sie die Tür. Eiskalte Luft strömte herein. Sie fühlte, wie ihre Brustwarzen sich aufrichteten und das angenehme Ziehen wenn sich das Piercing in der rechten bewegte.
    Vorsichtig setzte sie ihren nackten Fuß auf die steinernen Bodenfliesen. Einen Augenblick lang hatte Elena das Gefühl, als würde die Haut festkleben, doch beim nächsten Schritt löste sie sich wieder.
    Ihr Bauch stieß gegen das eiserne Geländer. Ein Frösteln fuhr durch ihren Körper, doch sie unterdrückte das Zittern so gut es ging.
    Es war alles so einfach. Sie musste nur auf den Stuhl steigen und sich nach vorne fallen lassen. Ihr Körper würde der Erdanziehung folgen und nur wenige Augenblicke später wäre endlich alles vorbei.
    Die Schuld getilgt, die Vorwürfe verstummt, das Verlorene vergessen.
    Die Lösung war wirklich einfach.
    Vorsichtig griff sie nach dem Stuhl. Doch Elena zitterte bereits stark und hatte Probleme ihn zu halten.
    Wie lang sie wohl bereits auf dem Balkon stand und in den gähnenden Abgrund starrte.
    Obwohl der Stuhl nur aus Plastik war, so schien er doch unglaublich schwer zu sein. Doch unter Aufbietung all ihrer Kraft schaffte sie es ihn neben dem Geländer zu platzieren.
    Elena stellte ihren linken Fuß auf die Sitzfläche und drückte sich hoch. Im selben Augenblick durchzuckte sie ein höllischer Schmerz, der sie rückwärts taumeln und auf den Boden fallen ließ. Sie musste mit dem Piercing gegen das Geländer gestoßen sein. Ihr gesamter Unterleib war mit einem Mal taub.
    Doch dieser Schmerz erweckte sie aus ihrem tranceartigen Zustand.
    Was machte sie hier?
    Das war doch verrückt.
    So schnell es ging sprang sie auf und stürzte zurück ins Innere. Sie verschloss die Balkontür und kauerte sich in die Ecke des Wohnzimmers, die am weitesten von ihr entfernt war.
    Dort weinte sich Elena in den Schlaf.
    Und das erste Mal seit ewig erscheinender Zeit tauchten sie wieder in ihrem Traum auf. Diese unheimlichen graublauen Augen.

3.
    Wie immer war das schrille Läuten des Handy-Weckers für Alexander wie eine plötzliche kalte Dusche. Grummelnd warf er sich nach links und schaltete ihn aus um sich dann wieder nach rechts zu drehen und mit seiner Hand über diesen Teil des französischen Doppelbetts zu streicheln.
    Wie lange war dieser Platz nun bereits nicht mehr besetzt?
    Ernüchternd holten ihn, wie jeden Morgen, die Erinnerung ein. Nachdem man ihn aus dem Krankenhaus entlassen hatte, war das Leben so schön gewesen. Er war für den Wehrdienst nicht mehr tauglich und verlor dadurch keine Zeit beim Studium.
    Kisha wollte unbedingt Medizin studieren, auch wenn ihre Noten nicht
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