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Winter auf Italienisch

Winter auf Italienisch

Titel: Winter auf Italienisch
Autoren: Joleen Carter
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endgültig
lachen.

 
    Tatsächlich gelang es mir, um 20 Uhr
frisch geduscht und fertig angezogen den anderen die Tür zu öffnen. Sogar
ausgepackt hatte ich noch. Es wurde eng in dem kleinen Zimmer, als sich acht
Personen gleichzeitig darin befanden. Nachdem die Sessel schon durch Elisabeta
und Marco besetzt waren, lümmelten sich die Verbliebenen auf dem breiten Bett
herum. Mattia saß direkt auf meinem Kopfende. Unwillkürlich fragte ich mich, ob
ich nachts schlafen könne. Und das nicht etwa, weil ich den ganzen Nachmittag
verschlafen hatte, sondern weil ich mir sicher vorstellen würde, wie es wäre,
wenn Mattia auch in der Nacht noch dort sitzen würde. Ich schalt mich selbst
ein pubertäres Mädchen und konzentrierte mich stattdessen lieber wieder auf die
aktuelle Diskussion, bei der es eigentlich nur darum ging, ob wir jetzt zum
Essen aufbrechen konnten und was wir danach noch machen wollten.

 
    Da der größte Tisch im Speisesaal schon
von einer italienischen Großfamilie in Beschlag genommen worden war, mussten
unsere vier kleinen Einzeltische zusammengeschoben werden. Das schien hier kein
Problem zu sein, der Kellner half uns sogar dabei. Wir waren ja auch keine vier
alten Ehepaare. Bis jetzt jedenfalls noch nicht. Wer wusste schon, zu was diese
Skireise noch gut war? Wieder kribbelte es in meinem Bauch. Das wurde auch
nicht besser, als ich sah, dass Mafalda und Cinzia mich zwar in ihre Mitte
genommen hatten, Mattia sich aber lässig genau mir gegenüber niederließ.

 
    Da die Tische recht klein waren, Mattia
aber groß für einen ltaliener, konnte ich es nicht vermeiden, dass unsere Knie
sich berührten. Er schien es gar nicht zu bemerken. Vertieft studierte er die
Speisekarte. So konnte ich mich natürlich erst recht nicht konzentrieren. Hilfesuchend
sah ich Mafalda an. Sie dachte wohl, ich wäre in Sorge, weil die Gerichte alle
in italienischer Sprache angegeben waren, und das war mir auch recht so. Sie
musste nicht wissen, dass meine Beine glühten, von der Wärme seines Knies an
meinem. Die wildesten Fantasien bahnten sich einen Weg aus meinem
Unterbewusstsein.

 
    Ich brauchte dringend einen Rotwein oder
etwas Vergleichbares.
    »Also auf jeden Fall möchte ich eine
Flasche Rotwein«, sagte ich daher vorsichtshalber schon mal zu Mafalda.
    »Eine ganze Flasche gleich?«
    Matteo sah mich belustigt über seine
Speisekarte hinweg an. »Ich habe davon gehört, dass ihr Deutschen ziemlich
trinkfest seid, aber wir wollten eigentlich morgen früh zum Skilaufen.«
    Das war mir jetzt peinlich. Mit den deutschen
Rimini-Touristen mochte ich nun doch nicht verglichen werden. Wenn er doch nur
sein Bein nicht immer wieder wie zufällig an meinem reiben würde. Böse funkelte
ich ihn an.
    »Du kannst mir ja dabei helfen, sie
auszutrinken«, bot ich an.
    »Va bene! Abgemacht!« Mit einer solch schlichten
Antwort hatte ich nun doch nicht gerechnet. Für ihn schien das Thema
abgeschlossen, denn er studierte weiter seine Karte - und berührte mein Bein.

 
    »Warum nehmen wir nicht alle das Menü des
Tages?«, fragte Giacomo. »Ich meine, das ist schon im Preis inbegriffen.
Eigentlich müsst ihr nur noch auswählen, welche Getränke ihr wollt. Tanja hat
das ja schon erledigt.«
    Er grinste mich an und ich streckte ihm
die Zunge heraus. Wie alt waren wir eigentlich, dass wir so miteinander umgingen?
Bis auf Mafi und Elisabeta waren wir alle schon über 20 Jahre alt. Naja, ich
gerade erst seit dem Herbst. Was wäre so schlimm daran, wenn ich mich in einen
Mann wie Mattia verliebte? Wenigstens einen Winter lang. Ich war schon so lange
nicht mehr richtig verliebt gewesen. Und so, wie in meinem Bauch die
Schmetterlinge tobten, wenn er mich nur ansah   mit seinen dunklen Augen, hatte ich es
ehrlich gesagt überhaupt noch nie erlebt. Sollte ich darauf verzichten, nur,
weil davon auszugehen war, dass wir keine Zukunft hatten? War es überhaupt
richtig, sich am Anfang schon so weitreichende Gedanken zu machen? Bekam man
davon nicht eher noch mehr Angst, dass etwas schief gehen könnte? Würde ich am
Ende die Liebe meines Lebens verpassen, nur weil ich von der anderen Seite der
Alpen stammte?
    So jedenfalls sann ich vor mich hin, bis
der Kellner wenigstens schon mal die Wasser- und Weinflaschen vor uns auf den
Tischen abstellte.

 
    Interessiert sah Mattia mir dabei zu, wie
ich mir das Glas bis zum Rand vollgoss. Als ich fertig war, nahm er die
Flasche, goss sein Glas halb voll und füllte den Rest mit Wasser auf.
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