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Windkämpfer

Windkämpfer

Titel: Windkämpfer
Autoren: Robert Redick
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sagte Tascha. »Und das ist das Merkwürdigste. Er schärfte mir ein, mit niemandem darüber zu sprechen. Nicht einmal mit Hercól, mit niemandem außer …«
    Sie brach verwirrt ab, schlug aber die Augen nicht nieder.
    »Ich wollte dich heute küssen«, sagte sie.
    Das Wasser im Becken zitterte.
    »Und ich werde dir die Wahrheit sagen«, fuhr Tascha fort.
    »Sie wollen es nicht, aber ich tue es trotzdem. Dein Vater war auf der Hemeddrin. Nach der Schlacht mit den Volpek. Er führte die Freibeuter an, die uns aus dem Nebel heraus überfallen hatten.«
    Pazel trat einen Schritt auf sie zu. »Mein Vater?«, flüsterte er kaum hörbar.
    »Er blieb nicht lange. Du warst ohne Bewusstsein. Er sagte, er wollte dich nur ansehen.«
    »Ich habe ihn gehört – ich hörte, wie er meinen Namen sagte! Wo ist er hingegangen, Tascha? Warum hat er nicht gewartet?«
    »Er darf sich nicht in die Nähe von Ormael wagen. Er ist ein Schmuggler, Pazel. Ein Feind der Krone.«
    »Aber er hat mich neun Jahre nicht gesehen!«, rief Pazel. »Hat er denn gar nichts gesagt? Hat er niemanden gebeten, etwas zu tun, mir etwas auszurichten?«
    »Ich riet ihm, dir einen Brief zu schreiben«, sagte Tascha mit strahlenden Augen. »Aber er winkte nur ab.«
    »Neun Jahre«, wiederholte Pazel mit hohler Stimme.
    Sie standen sich reglos gegenüber. Er betrachtete ihr Todeshalsband und betastete die ledrige Narbe auf seiner Handfläche. Dann legte ihm Tascha die Hand in den Nacken und hob ihre Lippen den seinen entgegen. Und plötzlich flammte die Muschel in seiner Brust auf und versengte ihn mit Klysts Eifersucht. Er drehte den Kopf zur Seite, wich Taschas verletztem Blick aus und drängte sich so heftig an ihr vorbei, dass Wasser aus dem Becken auf den Fußboden schwappte.
     
    *     *     *
     
    Ramachni planschte vergnügt im Becken. Er säuberte sich mit beiden Pfoten den Schwanz, spülte sich den Kopf und drehte sich genüsslich hin und her. Als er endlich heraussprang und sich schüttelte, mussten sogar Pazel und Tascha lachen. Aber die Anstrengung hatte ihn erschöpft. Er winkte matt mit einer Pfote, und Tascha nahm ihn auf den Arm.
    »Jetzt«, sagte er, »ist meine Zeit wirklich abgelaufen. Seid gut zueinander und fürchtet euch nicht. Erwartet mich, wenn eine Finsternis kommt, die schlimmer ist, als man sie sich heute vorstellen kann. Es ist so weit, Hercól.«
    Alle drängten sich in Taschas Schlafkabine. Während sie den Magier mit ihrem Handtuch trocken rieb, vollzog Hercól das Ritual zum Öffnen der Schiffsuhr. Ein kalter Luftzug wehte in den Raum, pfeifend wie der Wind in den Bergen.
    Dann sprach Ramachni seinen letzten Zauber: den Haltebann, der es ihm erlauben würde, die Uhr eines Tages von innen wieder zu öffnen. Als er fertig war, fuhr er mit der Zunge kurz über Taschas Handfläche. Dann kroch er in die dunkle Tunnelöffnung und drehte sich noch einmal zu ihnen um.
    »Verlass uns nicht«, bat Neeps verzweifelt. »Wir können nicht allein gegen sie kämpfen.«
    »Das ist wahr«, sagte Ramachni. »Das könnt ihr nicht. Aber wann wärt ihr denn jemals allein gewesen? Meine Rolle war letztlich gar nicht so groß. Seit dieses Schiff Etherhorde verließ, habt ihr euch immer gegenseitig beigestanden. Du, Neeps, hast Pazel in Uturphe mit deinem Geschenk von acht Goldmuscheln vor dem Gefängnis gerettet. Pazel rettete Hercól vor dem Tod im Armenhaus. Hercól und seine Landsleute retteten Tascha, und Tascha rettete uns alle vor den Aaslingen. Und das sind nur einige Beispiele. Wir kämpfen gemeinsam, seit dieses Schiff in Etherhorde in See stach. Immer gemeinsam und bisher noch nie unterlegen.«
    »Aber wir haben auch keinen Sieg errungen«, warf Diadrelu ein. »Der Nilstein liegt immer noch in der Hand dieser Kreatur.«
    Ramachni kroch weiter ins Dunkel. Als er sich das nächste Mal umschaute, sahen sie nur seine Augen im Lampenschein glänzen.
    »Der Sieg ist ein Schatten am Horizont, und nur, indem wir darauf zufahren, können wir herausfinden, ob es sich um eine Insel oder um ein Trugbild handelt. Die Niederlage dagegen – ihre Riffe sind Gewissheit. Sie sind wirklich, sie kreisen euch ein. Das sage ich nicht, um euch zu ängstigen, sondern weil ich nicht lügen kann. Und doch gibt es einen Grund zur Zuversicht – sogar zum Jubel. Ihr seid jetzt ein Clan, und Dri wird es euch bestätigen, ein Clan ist mächtig.«
    »Aber mit dir verlieren wir den Führer unseres Clans«, wandte Pazel ein. »Und du bist nicht irgendwer. Du bist
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