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Wind (German Edition)

Wind (German Edition)

Titel: Wind (German Edition)
Autoren: Stephen King
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großen Armee zu hören.
    »Da hast du wahrscheinlich recht«, sagte Susannah.

13
    Als sie zurückkamen, sahen sie Roland und Jake, die die Arme voller zersplitterter Latten und verwitterter Kanthölzer hatten, auf das Versammlungshaus zurennen. Noch weit jenseits des Flusses, aber inzwischen eindeutig näher, war das dumpfe Krachen zu hören, mit dem die Bäume, die dem Stoßwind im Weg waren, schlagartig bis auf ihren weichen Kern zusammenschrumpften. Oy drehte sich mitten auf der überwucherten Hauptstraße unaufhörlich im Kreis.
    Susannah kippte sich nach vorn aus dem Rollstuhl, landete geschickt auf beiden Händen und robbte dann auf das Versammlungshaus zu.
    »Was zum Teufel soll das?«, fragte Eddie.
    »Mit dem Rollstuhl kannst du mehr Holz transportieren. Staple es richtig hoch auf. Ich lasse mir von Roland Stahl und Feuerstein geben und schüre schon mal ein Feuer.«
    »Aber …«
    »Nimm keine Rücksicht auf mich, Eddie. Lass mich tun, was ich tun kann. Und zieh dir das Hemd wieder an, auch wenn es noch nass ist. Damit du dir nichts aufschürfst.«
    Er gehorchte, drehte dann den Rollstuhl um, kippte ihn auf die großen Hinterräder und schob ihn auf das nächste eingestürzte Holzhaus zu. Als er Roland begegnete, richtete er ihm Susannahs Nachricht aus. Der Revolvermann nickte und rannte, über seine Holzladung spähend, weiter.
    Die drei liefen wortlos hin und her, um an diesem unnatürlich warmen Nachmittag Holz gegen einen Kälteeinbruch zu sammeln. Am Himmel zeichnete sich der Pfad des Balkens deutlicher als je zuvor ab, weil alle Wolken in Bewegung waren und rasch nach Südosten zogen. Susannah hatte ein Feuer entfacht, das nun dumpf röhrend den Kamin hinaufloderte. In der Mitte des großen Raums im Erdgeschoss türmte sich ein gewaltiger Haufen Holz, aus dem überall rostige Nägel ragten. Bisher hatte sich noch niemand ernstlich daran verletzt, aber Eddie glaubte, dass das nur eine Frage der Zeit war. Er überlegte, wann er seine letzte Tetanusimpfung gehabt hatte, kam aber nicht darauf.
    Was Roland betrifft, dachte er, das Blut von ihm killt vermutlich jede Bazille, die sich traut, ihren Kopf in den Ledersack zu stecken, den er Haut nennt.
    »Worüber lächelst du?«, fragte Jake. Die Worte kamen mit atemlosen Keuchlauten durchsetzt heraus. Die Ärmel seines Hemds waren schmutzig und mit Holzsplittern bedeckt; über seine Stirn zog sich ein langer Schmutzstreifen.
    »Nichts Besonderes, mein kleiner Held. Pass auf die Nägel auf. Jeder noch eine Ladung, dann sollten wir Schluss machen. Bald geht’s hier los.«
    »Okay.«
    Das Krachen hatte jetzt ihre Seite des Flusses erreicht, und obwohl die Luft noch warm war, schien sie seltsam dick zu werden. Eddie belud Susannahs Rollstuhl zum letzten Mal und schob ihn zum Versammlungshaus zurück. Jake und Roland erreichten es vor ihm. Er konnte die Hitze spüren, die ihm aus der offenen Tür entgegenschlug. Hoffentlich wird’s wirklich kalt, dachte er, sonst werden wir in dieser Scheißhitze gebraten.
    Auf einmal, während er darauf wartete, dass die beiden vor ihm sich zur Seite drehten, um ihre Holzladung durch die Tür zu bugsieren, war außer dem Knacken und Kra chen der sich zusammenziehenden Baumstämme zusätz lich ein durchdringendes Heulen zu hören. Eddie sträub ten sich unwillkürlich die Nackenhaare. Der herannahende Wind schien zu leben und grässliche Schmerzen zu leiden.
    Die Luft geriet wieder in Bewegung. Erst war sie warm, dann so kühl, dass der Schweiß auf seinem Gesicht im Nu trocknete, schließlich eiskalt. Der Wechsel ereignete sich binnen Sekunden. Zu dem unheimlichen Kreischen des Windes kam jetzt ein Flattern, das Eddie an die Girlanden aus Plastikwimpeln erinnerte, mit denen manche Gebrauchtwagenhändler ihre Standplätze umgaben. Es wurde zu einem Schwirren, das alles Laub von den Bäumen blies – erst nur büschelweise, dann in großen Wolken. Die Äste peitschten vor einem bleigrauen Himmel, der sich verfinsterte, noch während Eddie ihn mit offenem Mund anglotzte.
    »O Scheiße «, sagte er und beeilte sich, den Rollstuhl durch die Tür zu schieben. Aber zum ersten Mal seit mindestens zehn Fahrten blieb er stecken. Die Balken, die er quer über die Armlehnen gelegt hatte, waren zu lang. Bei jeder anderen Ladung wären die überstehenden Enden mit dem sanften, sich fast entschuldigenden Geräusch abgebrochen, das auch der Eimerhenkel gemacht hatte, aber das taten sie diesmal natürlich nicht. O nein, nicht unmittelbar vor
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