Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wind der Gezeiten - Roman

Wind der Gezeiten - Roman

Titel: Wind der Gezeiten - Roman
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
Vom Netzwerk:
hierbleiben musste. Sie sehnte sich mit einer solchen Inbrunst nach ihrem Verlobten, dass seit Wochen kein Tag vergangen war, an dem sie nicht darauf gedrängt hatte, endlich den Reisetag festzusetzen. Niklas Vandemeer war ein niederländischer Handelskapitän, der aus Amsterdam stammte. Nachdem das englische Rumpfparlament im vergangenen Jahr unter Oliver Cromwell Gesetze erlassen hatte, die den Schiffshandel zwischen den Niederlanden und den englischen Kolonien verboten, hatte Niklas Barbados überstürzt verlassen müssen. Die englische Marine setzte die neuen Vorschriften mit Waffengewalt durch; es waren bereits etliche Kauffahrer holländischer Herkunft aufgebracht worden. Duncan hatte dazu sogar die Einschätzung geäußert, dass es vermutlich noch in diesem Jahr deswegen Krieg geben werde. Seitdem fürchtete Felicity erst recht, Niklas vielleicht nie wiederzusehen. Sie hatte einen Brief von ihm erhalten, den er dem Kapitän eines Sklavenschiffs für sie mitgegeben hatte. Darin hatte er geschildert, wie schwierig seine Lage derzeit sei, und bedauernd gemeint, es sei wenig wahrscheinlich, dass er in der nächsten Zeit nach Barbados käme.
    Ursprünglich hatte Felicity mit Elizabeth und Duncan schon zu Beginn des Jahres nach Europa segeln wollen, doch kurz vor dem geplanten Aufbruch hatte sie eine Fehlgeburt erlitten, und die herbeigerufene Hebamme hatte prophezeit, dass sie sterben werde, wenn sie die strapaziöse Schiffsreise antrat. Daraufhin hatten sie die Reise verschieben müssen. Es hatte lange gedauert, bis Felicity sich von den schweren Blutungen und ihrer tiefen Niedergeschlagenheit erholt hatte, doch mittlerweile ging es ihr wieder gut. Nun konnten sie endlich die Überfahrt wagen, die sie hinter sich bringen wollten, bevor die jährlich wiederkehrende Zeit der Stürme kam und Elizabeths Niederkunft nahte.
    Elizabeths Ankündigung, dass es früher als geplant auf die Reise ging, versetzte Felicity in hektische Betriebsamkeit. Aufgescheucht rannte sie herum, suchte nach Kleidungsstücken, von denen sie behauptete, sie eben noch bereitgelegt zu haben, und zerrte anschließend doch wieder alles aus der Truhe, was sie erst kurz zuvor hineingepackt hatte.
    » Es reicht nicht! « , klagte sie. » Wir brauchen noch eine Kleiderkiste! «
    » Diese da genügt. Sie ist riesig. Pack einfach ein, was hineinpasst, und den Rest lassen wir hier. «
    » Bist du von Sinnen? Die gute Wäsche? «
    Elizabeth fühlte sich lebhaft an einen ähnlichen Disput vor drei Jahren erinnert, als sie von England aus die Überfahrt in die Karibik angetreten hatten.
    » Auf Raleigh Manor haben wir Wäsche in Hülle und Fülle. Übertreib es nicht. «
    » Willst du auf dem Schiff wieder ohne saubere Hemden dasitzen? Hast du vergessen, wie wir auf der Herfahrt gestunken haben und wie verdreckt alles war? « Felicity schien es als Frage der persönlichen Ehre zu betrachten, alles mitzunehmen, was ihrer Meinung nach für eine erträgliche Überfahrt nötig war. Elizabeth sah es sich eine Weile lang an und versuchte halbherzig, ihrer Cousine zu helfen, doch dann gab sie es auf.
    » Du kriegst das allein sicher besser hin « , sagte sie. » Ich gehe Deirdre Bescheid sagen. «

3
    D ie junge Irin hatte ursprünglich eine der Dienstbotenkammern im Gesindeanbau von Dunmore Hall bewohnt, war aber nach dem Tod des Hausherrn in die ehemalige Kammer von Martha Dunmore gezogen, Elizabeths Schwiegermutter. Es machte ihr nichts aus, dass Martha in dem Bett gestorben war, in dem sie nun ihre Nächte verbrachte.
    » Es ist das erste Bett, in dem ich je geschlafen habe « , hatte sie Elizabeth auf deren Frage, ob es sie deswegen grause, geantwortet. » Bisher habe ich immer auf Matten gelegen. Oder auf dem nackten Boden. « Sie hatte an ihrem pflaumenfarbenen Kleid gezupft. » Seht Ihr das, Mylady? Das hat früher einer alten Frau gehört, der Mutter eines Aufsehers oben bei Speightstown. Sie ist darin gestorben. Eigentlich hätte man sie auch damit begraben müssen, doch die Totengräber zogen es ihr aus, weil sie alles zu Geld machen, was irgendwie geht. Ich hab’s ihnen für zwei Pennys abgekauft. « Kopfschüttelnd hatte sie hinzugefügt: » Wie dumm müsste ich sein, eine weiche Matratze und gute Daunenkissen zu verschmähen, nur weil eine Tote darauf lag? «
    Diese Unterhaltung hatte Elizabeth deutlich gemacht, wie sehr sich ihr bisheriges Leben von jenem unterschied, das Deirdre geführt hatte. Sie selbst war behütet und in Reichtum
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher