Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
noch'n ganzes Ende.«
    »Daß Sie sich nur nicht täuschen«, sagte Wimsey. »Um es mit der alten Glockeninschrift zu sagen: Ob ich auch klein, bin ich doch fein.«
    »Natürlich«, sagte der Pfarrer. »Jack hat auch gar nichts anderes sagen wollen. Aber Will Thoday ist wirklich ausgesprochen groß. So, wo habe ich eigentlich meinen Hut hingelegt? Agnes, Liebe! Agnes! Ich finde meinen Hut nicht. Ah, das ist er ja, natürlich. Und mein Schal. Was täte ich nur ohne dich! So, und jetzt hole ich nur noch den Schlüssel zum Turm – ach du meine Güte! Wann hatte ich denn zuletzt den Schlüssel?«
    »Macht nichts, Sir«, tröstete Mr. Godfrey. »Ich habe sämtliche Schlüssel bei mir, Sir.«
    »Auch den Kirchenschlüssel?«
    »Ja, Sir, und den für die Glockenstube.«
    »Gut, gut – hervorragend. Lord Peter wird sicher gern einen Blick in die Glockenstube werfen wollen. Für mich, Lord Peter, ist der Anblick eines wirklich guten Geläutes – entschuldige, Liebe, was ist?«
    »Ich sagte nur, vergiß das Abendessen nicht, und halte Lord Peter nicht zu lange auf.«
    »Gewiß nicht, gewiß nicht, meine Liebe. Aber er möchte sicher gern die Glocken sehen. Und die Kirche selbst ist auch sehenswert, Lord Peter. Wir haben ein sehr interessantes Taufbecken aus dem zwölften Jahrhundert, und das Dach gilt als eines der schönsten seiner Art – ja doch, ja, liebe Agnes, wir gehen ja schon.«
    Die Haustür öffnete sich in eine glitzernde Welt. Es schneite noch immer stark; selbst die von den Glöcknern vor einer knappen Stunde getretenen Fußstapfen waren fast wieder zu. Sie schlenderten die Zufahrt hinunter und überquerten die Straße. Vor ihnen erhob sich schwarz und riesig die Kirche. Mr. Godfrey, der ihnen allen mit einer altmodischen Laterne voranging, führte sie durchs Friedhofstor und über einen von Grabsteinen gesäumten Weg zum Südportal der Kirche, dessen schweres Schloß beim Aufsperren ächzte. Ein schwerer ekklesiastischer Duft von altem Holz, Firnis, Trockenfäule, Gebetskissen, Gesangbüchern, Paraffinlampen, Blumen und Kerzen, die alle in der Wärme der Dauerbrandöfen friedlich vor sich hin backten, schlug ihnen aus dem Innern entgegen. Der spärliche Schein der Laterne streifte hier die Mohnkapsel einer Kirchenbank, da die Kehlung einer steinernen Säule, dort den schimmernden Messingrahmen einer Wandtafel. Die Schritte der Männer hallten unheimlich vom Gewölbe des Mittelschiffs wieder.
    »Alles Übergangsstil hier«, flüsterte der Pfarrer, »bis auf das spätgotische Fenster am Ende des nördlichen Seitenschiffs, das Sie jetzt natürlich nicht sehen können. Von dem ursprünglichen normannischen Fundament ist nichts mehr übrig, nur noch ein paar Trommeln unter den Säulenschäften des Altarraums, aber wenn man danach sucht, kann man die Überreste der normannischen Apsis noch unter dem frühenglischen Sanktuarium finden. Wenn es erst heller ist, werden Sie bemerken – ach ja, Jack, unter allen Umständen! Jack Godfrey hat völlig recht, Lord Peter – wir dürfen keine Zeit verlieren. Ich lasse mich immer so leicht von meiner Begeisterung fortreißen.«
    Er führte seinen Gast unter den Glockenturm am Westende und von dort, immer dem schwachen Schein aus Jack Godfreys Laterne nach, eine steile, gewundene Treppe hinauf, deren steinerne Stufen von den Füßen unzähliger, längst verblichener Glöckner ausgetreten waren. Nach ungefähr einer Runde hielt die Prozession an; Schlüssel klirrten, und der Laternenschein wanderte nach rechts ab durch eine schmale Tür. Wimsey folgte ihm und fand sich in der Läutestube des Glockenturms wieder.
    Sie war in keiner Weise bemerkenswert, nur vielleicht etwas höher als normal, was von der ungewöhnlichen Höhe des Turms kam. Am Tag mußte es hier schön hell sein, denn die drei Außenwände hatten je ein großes Fenster, während man durch ein paar unverglaste, aber mit Eisenstäben gegen Unfälle gesicherte Öffnungen im unteren Teil der Ostwand, etwas oberhalb der Obergadenfenster, ins Kircheninnere blicken konnte. Als Jack Godfrey seine Laterne abstellte und eine an der Wand hängende Paraffinlampe anzündete, sah Wimsey die acht Glockenseile, deren dicke Filze in ordentlichen Schlaufen an der Wand hingen, während die oberen Enden geheimnisvoll im Schatten verschwanden. Dann flammte das Licht auf, und die Wände bekamen Gestalt und Farbe. Sie waren roh verputzt und mit einem unter den Fenstern rundumlaufenden Spruch in gotischen Lettern verziert: »Sie haben
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher