Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern

Titel: Wimsey 04 - Der Mann mit dem Kuperfingern
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
waren und ich zweitens ziemlich leichtes Spiel haben würde.
Mein Gespräch mit Mr. Varden kennen Sie schon. Ich glaube nicht, daß ich es besser wiedergeben könnte als er. Nachdem ich ihn und seine Siebensachen wohlbehalten aus dem Haus wußte, begab ich mich ins Atelier. Es war leer, und so öffnete ich die Geheimtür und sah, wie erwartet, am unteren Ende der Treppe einen Lichtstreifen unter der Tür zur Werkstatt.»
«Dann war Loder also die ganze Zeit da?»
«Natürlich war er da. Ich nahm meine kleine Bleispritze fest in die Hand und öffnete ganz leise die Tür. Loder stand zwischen der Wanne und dem Schaltbrett, schwer beschäftigt – so beschäftigt, daß er mich nicht eintreten hörte. Seine Hände waren schwarz von Graphit, von dem ein Häufchen auf einem Bogen Papier auf dem Boden lag, und er hantierte mit einem langen, spiraligen Kupferdraht herum, der an den Transformator angeschlossen war. Die große Packkiste war offen, und alle Haken waren behängt.
‹Loder!› sagte ich.
Mit einem Gesicht, das nicht mehr menschlich zu nennen war, drehte er sich zu mir um. ‹Wimsey!› schrie er. ‹Zum Teufel, was haben Sie hier zu suchen?›
‹Ich bin nur gekommen›, sagte ich, ‹um Ihnen zu sagen, daß ich weiß, wie der Apfel in den Kloß kommt.› Damit zeigte ich ihm die Pistole.
Mit einem schrillen Aufschrei machte er einen Satz nach dem Schaltbrett und knipste das Licht aus, so daß ich ihn nicht mehr sehen und auf ihn zielen konnte. Ich hörte ihn in meine Richtung springen – dann ein Krachen und ein Platschen – ein Schrei, wie ich ihn noch nie gehört habe – nicht in fünf Jahren Krieg – und wie ich ihn auch nie wieder hören möchte.
Ich tastete mich zum Schaltbrett vor. Natürlich schaltete ich alles andere ein, bevor ich den Lichtschalter fand, aber schließlich ging doch auch das Licht an – gleißendes weißes Flutlicht über der Wanne.
Da lag er und zuckte noch ein wenig. Zyankali ist, wie Sie ja wissen, ungefähr das Schnellste und Schmerzhafteste, was es so gibt. Bevor ich noch einen Finger rühren und etwas tun konnte, wußte ich, daß er tot war – vergiftet und ertrunken. Der Kupferdraht, der ihn zu Fall gebracht hatte, war mit ihm in die Wanne gefallen. Ohne zu überlegen faßte ich ihn an und bekam einen Schlag, der mich fast umgehauen hätte. Da wurde mir klar, daß ich auf der Suche nach dem Lichtschalter den Strom eingeschaltet haben mußte. Ich sah wieder in die Wanne. Im Fallen hatten seine sterbenden Hände den Draht umklammert. Die Windungen lagen fest um seine Finger, und der Strom lagerte methodisch einen Kupferfilm an seinen graphitgeschwärzten Händen ab.
Ich hatte gerade noch soviel Verstand, mir klarzumachen, daß Loder tot war und die Geschichte böse für mich ausgehen könnte, wenn sie herauskam, denn immerhin war ich hingegangen und hatte ihn mit einer Pistole bedroht.
Ich suchte eine Weile herum, bis ich etwas Lötdraht und einen Lötkolben fand. Dann ging ich nach oben und rief Bunter herein, der seine zehn Meilen in Rekordzeit zurückgelegt hatte. Wir gingen in den Rauchsalon und löteten den Arm dieser vermaledeiten Figur, so gut wir konnten, wieder an, dann trugen wir alles in die Werkstatt zurück. Wir verwischten alle Fingerabdrücke und entfernten alle Spuren unserer Anwesenheit. Das Licht und alle Schalter am Schaltbrett ließen wir so, wie sie waren, und fuhren schließlich auf weiten Umwegen nach New York zurück. Das einzige, was wir mitgenommen hatten, war das nachgemachte Konsularsiegel, und das warfen wir in den Fluß.
Loder wurde andern Morgens vom Butler gefunden. Wir lasen in der Zeitung, daß er bei einem Experiment mit Galvanisierarbeiten in seine Wanne gefallen sei. Die grausige Meldung wurde mit dem Zusatz kommentiert, daß die Hände des Toten mit einer dicken Kupferschicht überzogen gewesen seien. Da diese nicht ohne pietätlose Gewaltanwendung zu entfernen gewesen sei, werde man ihn so begraben.
Das war’s. Also, Armstrong, kann ich jetzt bitte meinen Whisky wiederhaben?»
«Was ist denn aus dem silbernen Sofa geworden?» erkundigte Smith-Hartington sich nach einer kleinen Weile.
«Das habe ich auf einer Auktion von Loders Hinterlassenschaft ersteigert», antwortete Wimsey, «und dann habe ich mich mit einem lieben alten katholischen Priester in Verbindung gesetzt, den ich kannte, und habe ihm die ganze Geschichte unter dem Siegel der Verschwiegenheit erzählt. Der alte Knabe war sehr verständig und mitfühlend; und so haben dann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher