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Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Titel: Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen
Autoren: Juergen Kehrer
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Rechtschreibreform gilt sowieso nicht für Eigennamen«, belehrte ich sie. »Und gewöhnliche Sterbliche schreiben Josef seit Jahrhunderten mit f. «
    »Wie auch immer, er erwartet deinen Besuch.«
    »Graf Joseph zu Schwelm-Legden«, wiederholte ich skeptisch. »Klingt nach einem Hochstapler oder Heiratsschwindler. Hat er gesagt, was er von mir will?«
    »Nein. Nur, dass du zu seinem Schloss kommen sollst.«
    »Schloss?«, staunte ich.
    »Ja. Was ist daran Besonderes? Ich habe in der Schule gelernt, dass es im Münsterland rund achtzig Wasserburgen und -schlösser gibt. Das Münsterland ist sozusagen berühmt für seine Wasserschlösser. Und in vielen von ihnen hausen noch Grafen, Fürsten und Freiherren, die auf eine Ahnenreihe zurückblicken können, die bis zum Hofstaat Karls des Großen reicht.«
    Ich erinnerte mich an Sonntagsausflüge mit meiner damaligen Ehefrau Imke und meiner Tochter Sarah, bei denen wir Burg Vischering und Schloss Nordkirchen besichtigt hatten.
    Franka sagte: »Wenn du mich fragst, wäre es ziemlich viel Aufwand für einen Hochstapler, ein ganzes Schloss anzumieten, um einen mittellosen Detektiv anzulocken. Und Graf Joseph wäre auch der erste Heiratsschwindler, der es auf eine schwule Ehe abgesehen hat.«
    »Ist ja schon gut«, stoppte ich ihre Sticheleien. »Was hat der Graf nun genau gesagt?«
    »Er bat mich, ihn mit dem Chef der Detektei zu verbinden. Ich sagte, mein Chef sei gerade dienstlich unterwegs.« Sie schnitt eine Grimasse. »Daraufhin dachte er kurz nach und formulierte, ich zitiere, wie folgt: Sagen Sie Ihrem Chef: Falls er an einem lukrativen Auftrag interessiert sei, möge er doch bitte leichtes Reisegepäck mitbringen. Der Auftrag wird vermutlich mehrere Tage in Anspruch nehmen. Ach ja, dann erwähnte er noch, dass du in seinem Schloss wohnen kannst.«
    »In seinem Schloss?« Der Auftrag begann mich tatsächlich zu interessieren.
    »Warum kriegst du eigentlich immer die Sahnejobs und ich die miesen? Können wir nicht tauschen? Du füllst Regale auf und ich fahre zum Schloss.«
    »Kommt überhaupt nicht in Frage«, grinste ich. »Der Graf erwartet einen kompetenten, erfahrenen, mit Lebensweisheit ausgestatteten Privatdetektiv.«
    »Das ist frauenfeindlich und diskriminierend«, maulte Franka. »Ich hasse dich.«
    »Wie heißt eigentlich das Schloss?«, lenkte ich ab.
    »Schloss Disselburg bei Disselburg. Jede Wette, dass den Schwelm-Legdens früher nicht nur das Schloss, sondern auch der Ort gehörte.«
    »Und wo liegt das?«
    »Im Kreis Borken, in der Nähe der holländischen Grenze.«
    Kreis Borken, der westlichste und abgelegenste der münsterländischen Landkreise, fast schon Niederrhein. Ich holte eine Landkarte aus der Schublade und wir suchten gemeinsam. Disselburg lag auf einem Landzipfel, der sich in holländisches Territorium hineinschob, ungefähr hundert Kilometer von Münster entfernt.
    Eine gemütliche Fahrt durchs Münsterland und ein paar Tage in einem Schloss kamen dem stressfreien Programm, das mir Doktor Sommer empfohlen hatte, vermutlich recht nahe. Und nebenbei verdiente ich auch noch Geld.
    »Tja, dann packe ich mal meine Reisetasche.«
    Ich ging vom Büro in die Wohnung, warf das, was von der sauberen Unterwäsche noch übrig war, und einen reichlich gefüllten Arzneibeutel in die Tasche und überlegte, was man in Adelskreisen für schick hielt. Andererseits war die Auswahl nicht sehr groß. Die Anzüge aus meiner Zeit als praktizierender Jurist waren nicht nur hoffnungslos veraltet, sondern passten mir auch nicht mehr. Seit jenen, längst vergangenen Jahren hatte mein Bauchumfang leider erheblich zugenommen.
    Schließlich entschied ich mich für eine fast neue Jeans und mein bestes Sakko, das ich im vorletzten Winterschlussverkauf erstanden hatte. Falls es zu festlichen Aktivitäten kommen sollte, konnte ich nur hoffen, dass es in Disselburg einen Smoking-Verleih gab.
    Nachdem ich mit Franka verabredet hatte, dass wir uns gegenseitig auf dem Laufenden hielten, eilte ich leichtfüßig davon, begleitet von ihren neidischen Blicken.
    Die Herzattacke hatte ich schon fast vergessen.

II
    Ich nahm die Autobahn bis Dülmen und zockelte dann über eine Landstraße Richtung Westen durch Merfeld und den Merfelder Bruch, in dem sich die angeblich letzten Wildpferde Europas tummeln.
    Wildpferde sah ich keine, nur weiße Kühe und jede Menge Maisfelder, die den Blick auf die flache münsterländische Landschaft verstellten.
    Bei Sandbeck kam ich auf eine neu
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