Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen

Titel: Wilsberg 12 - Wilsberg und die Schloss-Vandalen
Autoren: Juergen Kehrer
Vom Netzwerk:
holländische Baumeister ihre Kunst einbrachten. Disselburg ist eine Mischung aus niederländischer Leichtigkeit und westfälischer Bodenhaftung. Ein Kleinod, wie es seinesgleichen sucht.«
    Ich hatte viel Zeit, sollte auf ärztlichen Rat jeden Stress vermeiden und wollte ihn nicht drängen, doch langsam hätte ich wirklich gerne gewusst, wofür er einen Privatdetektiv brauchte.
    »Schauen Sie sich das Maßwerkfenster einmal genau an!«, bat er mich.
    Ich schaute und merkte, dass einige Glasscheiben und Verstrebungen neuer aussahen als andere.
    »Das ist das Problem«, sagte der Graf. »Die Fenster werden von jenseits der Gräfte mit einer Steinschleuder beschossen. Es gibt spezielle Anglerschleudern, die eine solche Reichweite besitzen.«
    Eingeschossene Fenster, das war alles. Ich konnte meine Enttäuschung nicht verbergen.
    »Sieht nach einem Kinderstreich aus«, sagte ich matt.
    »Das meint die Polizei auch«, nickte der Graf. »Obwohl die Kinder schon etwas älter sein dürften, denn die Anschläge erfolgen meist in den späten Abendstunden.«
    Bäume und Büsche wuchsen bis an den Rand der Gräfte und dahinter erstreckte sich der ringförmige Park. Zweifellos ein gutes Versteck.
    Graf Joseph runzelte die Stirn. »Sie halten das für Kinkerlitzchen? Darf ich Ihnen eine Zahl nennen: Der Schaden beträgt bereits mehr als zehntausend Mark, nicht mitgerechnet die mögliche Beeinträchtigung der wertvollen Gemälde und Möbel durch Zugluft und Feuchtigkeit.«
    »Tatsächlich?«
    »Solche Fenster werden nicht fabrikmäßig hergestellt, das ist hochwertige Handwerkerarbeit. Ich brauche keinen Glaser, sondern eine Restaurateur, jede Veränderung des Gesamtbildes wäre tödlich. Natürlich habe ich eine Vandalismus-Versicherung, deshalb entsteht mir persönlich kein Schaden. Aber das ist noch nicht alles.« In sein gerade noch unbekümmertes Gesicht hatten sich tiefe Sorgenfalten gegraben. »Die Fenster sind durch eine Alarmanlage gesichert, auch eine Auflage der Versicherung, da die Gemälde und das übrige Interieur einen Wert von mehreren Millionen Mark darstellen. Wenn nachts die Alarmanlage schrillt, wissen wir nicht, ob wieder ein Stein durchs Fenster geflogen ist oder ob sich tatsächlich ein Dieb im Schloss herumtreibt. Meine Frau leidet bereits unter Schlafstörungen. Das ist der reinste Terror, Herr Wilsberg. Wir möchten, dass das aufhört.«
    »Wie lange geht das schon so?«
    »Das erste Mal passierte es vor einem Monat. Seitdem vergeht keine Woche, in der nicht ein Stein einschlägt.«
    »Sie erwähnten vorhin die Polizei. Was hat die unternommen?«
    Er schnaubte. »Die Polizei von Disselburg, Herr Wilsberg, besteht aus fünf Beamten. Ich will mich nicht beklagen, die Polizisten tun ihr Bestes. Sie fahren verstärkt Streife, haben auch schon einige Male den Park durchsucht, allerdings ohne jeden Erfolg. Angesichts des unübersichtlichen Geländes ist das auch nicht verwunderlich. Die Täter haben viele Möglichkeiten, unentdeckt zu entkommen. Und leider ist der Fall nicht wichtig genug, um Bataillone aus Borken oder Münster in Marsch zu setzen.«
    »Haben Sie eine Ahnung, was die Täter mit den Anschlägen bezwecken?«
    »Ja. Sie wollen Geld.«
    Endlich bekam die Geschichte Struktur. »Mit anderen Worten: Sie werden erpresst.«
    »So könnte man es nennen.« Sein Gesicht drückte aus, wie bekümmert er über diese menschliche Schlechtigkeit war.
    Ich verkniff mir die Frage, warum er das nicht gleich gesagt hatte, und erkundigte mich stattdessen nach den Mitteilungen der Erpresser.
    »Ich bekomme Briefe, meistens per Post.«
    »Haben Sie die Briefe noch?«
    »Die Originale hat die Polizei mitgenommen, aber ich besitze Kopien.«
    »Die würde ich gerne sehen.«
    »Dann müssen wir zu meinem Büro zurück.« Er geleitete mich zu einer Wand, in der ich beim besten Willen keine Tür erkennen konnte. Erst als wir direkt davor standen, zeichneten sich ihre Umrisse auf der mit Ranken bemalten Ledertapete ab.
    »Eine Geheimtür – wie romantisch.«
    »Oh, davon gibt es hier viele. Und mit Romantik liegen Sie gar nicht so verkehrt.« Er zwinkerte mir zu. »In den vergangenen Jahrhunderten nahm man es mit der ehelichen Moral nicht so genau. Die Dienerschaft musste ja nicht wissen, wen der Schlossherr in der Nacht besuchte.«
    Er öffnete die Tür mit einem Schlüssel und wir befanden uns wieder im privaten Teil des Schlosses.
    »Sie sind also interessiert, an dem Auftrag, meine ich?«
    Ich deutete ein Nicken an.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher