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Willst du dein Herz mir schenken

Willst du dein Herz mir schenken

Titel: Willst du dein Herz mir schenken
Autoren: Marit Hannis
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Nacht. Hier konnten sie heraufklettern. Die Mauer war zwar hoch, aber sie konnten zuerst das Gepäck darüber werfen und dann eine Räuberleiter bauen, um sich gegenseitig hinauf zu helfen. Teresa selbst würde dann als Letzte ruhig durch die Eingangstür gehen, dachte sie.
    Mit leiser Stimme erklärte sie den Küchenhilfen und dem Grafen, wie sie sich die Aktion gedacht hatte. Dann wies sie die Küchenhilfen an, den ersten Koffer zu werfen.
    Es klappte auch alles reibungslos. Der Graf jaulte nur einmal leise auf, als ein Koffer unsanft auf die Terrassenfliesen fiel, doch sonst gab es keine Probleme. Schließlich lagen vier Koffer oben. Die beiden Küchenhilfen standen bereits auf der Terrasse und warteten auf den letzten Koffer und den Grafen. Der wollte diesen Koffer jedoch nicht aus der Hand geben. Ungeduldig trat Teresa von einem Fuß auf den anderen.
    »Sie müssen jetzt hoch! Die Gäste warten auf mich. Und Sie kommen sonst nicht mehr in Ihr Zimmer, ohne dass es Fragen gibt.«
    Zögerlich nahm der Graf den Koffer, wog ihn in der Hand, bevor er ihn offensichtlich schweren Herzens nach oben über die Mauer warf, wo eine der Küchenhilfen ihn auffangen sollte. Doch der junge Mann mit dem Petersilienbart verpasste den richtigen Moment. Der Koffer stürzte gegen die Mauer, prallte an die Steine und fiel nach unten, wo er mit Wucht auf den Boden krachte. Das Schloss des Koffers schien gebrochen, denn er sprang auf.
    »Verdammt«, rief der Graf und lief zu dem Gepäckstück, das wie eine klaffende Wunde vor ihm lag. Ein paar Dinge quollen heraus. Teresa eilte ebenfalls hinzu, doch der Graf stieß sie weg, so dass sie keinen Blick auf den Inhalt des Koffers werfen konnte.
    »Lassen Sie das«, rief er barsch und beugte sich über den Koffer, um ihn zusammenzudrücken. »Ich nehme ihn so.«
    Teresa spürte, wie eine Gänsehaut ihren Rücken entlang kroch, während sie versuchte, wieder Haltung anzunehmen und dem Fremden beim Klettern auf die Mauer zu helfen. Den Koffer fest umklammernd stieg er auf ihre helfenden Hände, so dass ihn die beiden Küchenhilfen auf die Mauer und dann auf die Terrasse ziehen konnten.
    Teresa blieb allein zurück und wischte sich den Schmutz von den Händen. Sie blickte noch einmal hinauf zur Terrasse, wo die Schatten der drei Personen lautlos durch die Nacht huschten. Dann schritt sie vor zur Eingangstür.
     
    Keiner der Party-Gäste schien zu bemerken, was sich im Hintergrund abspielte. Die Männer und Frauen in Abendgarderobe hatten Sektgläser in der Hand und standen in Gespräche vertieft im Salon, als Teresa an ihnen vorbei ging, den Grafen und sein Gepäck mit Hilfe der Küchenhilfen zuerst in die Küche und dann durch die Diele hinauf in sein Zimmer im ersten Stock schmuggelte.
    Sie musste den Grafen fast hinter sich herziehen, damit er mit ihr mitkam, denn immer wieder blieb er stehen und bewunderte die Schätze der Burg: die Architektur, die wertvollen Möbel und die wunderschönen Bilder. Doch schließlich befand er sich in seinem Raum, wo Teresa ihn noch einmal bat, die Party nicht zu stören. Sie würde am Ende des Abends nach ihm sehen, versprach sie. Er stimmte zu.
    Dann ging sie in den Festsaal und stellte erleichtert fest, dass die Feier wie am Schnürchen klappte. Das Vier-Gänge-Menü begeisterte jeden Gaumen, die Getränke flossen in Strömen, und die Band gab alles, um für gute Stimmung zu sorgen.
    Teresa schloss zufrieden die Tür zum Festsaal, da die Feier jetzt nur noch in diesen vier Wänden stattfinden würde, und atmete auf.
    Es war alles erledigt. Jetzt konnte sie sich entspannen und den Abend genießen.
    Sie wollte sich gerade abwenden und in die Küche gehen, als die Gänsehaut mit aller Macht zurück auf ihren Rücken kam, und sie hielt mitten in der Bewegung inne.
    Die Tür hatte sich wieder geöffnet.

WIE HUND UND KATZE
     
    »Guten Morgen, Sonnenschein!«
    Die Stimme ihrer Großmutter hatte wie immer diesen fröhlichen, hellen Klang, den Teresa seit ihrer Kindheit fast jeden Morgen hörte. Marlene Albers saß mit der Sonntagszeitung aufgeschlagen in der Hand am großen Küchentisch ihres Hauses und lächelte der Enkelin munter entgegen. Ihr dunkles Haar, das noch immer dicht und lang war, hatte sie zu einem Knoten im Nacken gebunden. Sie sah noch immer sehr attraktiv aus, trotz ihres Alters.
    »Guten Morgen«, antwortete Teresa nicht ganz so fröhlich und munter und setzte sich zu ihrer Großmutter an den Frühstückstisch. Der Abend gestern war lang und
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