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Willkür

Willkür

Titel: Willkür
Autoren: Gary Disher
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sein könnte. Und es war der Jackpot gewesen.
    Die Sorgen meldeten sich zurück. Wie schaffte man nacheinander drei Leute aus der Welt, ohne die jeweils anderen zu alarmieren? Tja ... es passierte schließlich ständig, dass Familienväter ausklinkten, durchs Haus spazierten, erst die Ehefrau, danach die sieben Kinder im Schlaf abknallten. Und zum Schluss sich selbst erschossen. Doch das war ihm zu riskant. Vielleicht ein Messer? Napper hatte damit keine Erfahrung, wusste nicht, ob man besser ins Herz stach oder am Hals herumsäbelte. Und dann das Blut, die Leute, die sich im Todeskampf aufbäumten und einen anstarrten. Nein, das war nicht sein Ding.
    Also eine Bombe. Erledigte alle drei auf einmal. Von Bomben verstand er was. Er hatte Vorträge gehört, Veranstaltungen von der Armee, die Bombenräumung zum Thema hatten, und er hatte auch einen Kurz-Lehrgang besucht. Einer seiner Informanten — der, von dem der Trick mit dem Quecksilber stammte — hatte früher in Belfast Autobomben gebastelt. Das war, bevor er die Schnauze voll hatte vom Elend und von der Politik.
    Napper zog seine Hose an und ging nach draußen. Die Garagen befanden sich hinter dem Haus. Er nutzte seine nicht. Er fuhr jeden Tag mit dem Wagen und das ständige Auf- und Zuschließen der Garage war ihm einfach lästig. Vielmehr diente sie ihm als Abstellplatz für die Geräte aus seiner Hausbesitzer-Ära: Rasenmäher, Schaufeln, Rechen und Düngemittel. Den meisten Platz jedoch beanspruchten diese Umzugskartons. Wäre da nicht sein Widerwille gegen das Wort ›Recycling‹ gewesen — zu sehr erinnerte es ihn an Josie und ihre rosarot angehauchten Ansichten —, längst hätte er die Kartons auseinander genommen und entsorgt.
    So, jetzt zum Gelatine Dynamit, drei Portionen plus Zünder, die er von seinem Autobomber bekommen hatte. Napper zog die Garagentür hinter sich zu, schaltete das Licht über der Werkbank an und nahm den Sprengstoff vorsichtig aus dem Schuhkarton. Das Gelignit hatte bereits angefangen zu schwitzen. »Sind schon über dem Haltbarkeitsdatum«, hatte sein Informant gesagt, »also sei bloß vorsichtig.«
    Napper starrte auf die explosive Masse. Er hätte sich wohler gefühlt mit Plastiksprengstoff, C4 oder Semtex, zum Beispiel, Zeug, das man in die gewünschte Form bringen konnte, ohne dass einem gleich alles um die Ohren flog, wenn man nicht genug Obacht gab. Aber wo, bitte schön, sollte er sich um diese Uhrzeit welchen beschaffen?
    Gelignit tat es auch. Er spielte verschiedene Möglichkeiten durch. Da wäre die klassische Autobombe. An den Stromkreislauf für die Scheinwerfer angeschlossen oder verdrahtet mit dem Mechanismus des Zündschlosses oder über einen Druckschalter unter dem Fahrersitz auszulösen, raffinierter noch, eine im Kofferraum angebrachte Zündvorrichtung: Beim Öffnen der Klappe wird eine Wäscheklammer zusammengedrückt, zwischen der ein Stück Pappe steckt, das herunterfällt und so den Kreislauf in Gang setzt. Oder eine Bombe direkt im Haus. Die bewährte Wecker-Methode. Der Zünder an der Schreibtischschublade. Das gut verschnürte Bombenpaket. Oder irgendwas mit Fernzündung, leider hatte er weder Sender noch Empfänger zur Hand. Vielleicht verbindet man es mit dem Telefon. Und bei Anruf — bumm! Oder die Bombe einfach durchs Fenster werfen.
    Das größte Problem war, Gelignit zur Detonation zu bringen. Eventuell war es möglich, die Instabilität des Sprengstoffes zu nutzen. Eine Erschütterung könnte die Explosion auslösen. Er stellte sich das Haus der Rossiters vor. Sie verwendeten Gas, heizten mit einer Therme, die an der Wand befestigt war, und hatten eine Gasherd. Die Therme funktionierte über eine Zündflamme, die ständig brannte. Er könnte das Gelignit in der Küche deponieren, den Gasherd aufdrehen, abhauen und warten, bis genug Gas ausgeströmt war und die Flamme den Rest erledigte.
    Eine Stunde später lag die Schachtel mit dem Sprengstoff auf dem durchgerosteten Boden seines Holden und Napper quälte die Zündung. Er sah die Straße hinunter. Sie glich der, in der Tina wohnte, ein Block mit Mietwohnungen, viele adrette Einfamilienhäuser, hier und da zweistöckige Reihenhäuser. Die Anwohner fast nur junge Aufsteiger, die so lange herumgemosert hatten, bis sich die Stadtverwaltung gezwungen sah, die Straße in eine Einbahnstraße umzuwandeln, selbstredend mit den obligatorischen Verkehrsschikanen alle fünfzig Meter. Er schaltete die Scheinwerfer an und stotterte vom Bordstein los. Ein
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