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Will Trent 02 - Entsetzen

Will Trent 02 - Entsetzen

Titel: Will Trent 02 - Entsetzen
Autoren: Karin Slaughter
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Ohr, aber sie ließ sich nicht abbringen, rammte ihm immer wieder die Daumen in die Augenhöhlen und spürte schließlich, wie etwas nachgab. Er packte ihre Handgelenke und drückte ihr die Finger weg. Er war zwanzigmal stärker als sie, aber Abigail dachte jetzt nur noch an Emma, an diesen Sekundenbruchteil, als sie ihre Tochter oben gesehen hatte, wie ihr Körper dalag, das T-Shirt über die kleinen Brüste hochgeschoben. Sie war kaum noch zu erkennen, ihr Kopf nur eine blutige Masse. Er hatte ihrer Tochter alles genommen, sogar ihr wunderschönes Gesicht.
    »Du Bastard!«, schrie Abigail und hatte das Gefühl, ihre Arme würden brechen, als er ihre Hände von seinen Augen wegdrückte. Sie biss ihm in die Finger, bis sie Knochen spürte. Der Mann schrie, hielt ihre Gelenke aber weiterhin umklammert. Als Abigail nun das Knie anzog, traf sie ihn genau zwischen den Beinen. Der Mann riss die blutigen Augen auf, sein Mund klappte auf, saurer Atem drang heraus. Sein Griff lockerte sich, aber er ließ sie nicht los. Als er auf den Rücken fiel, zog er Abigail mit sich.
    Automatisch legten sich ihre Hände um seinen Hals. Sie spürte, wie die Knorpel in seiner Kehle sich bewegten, die Ringe, die die Speiseröhre umgaben wie weiches Plastik. Sein Griff um ihre Handgelenke verstärkte sich, aber ihre Ellbogen waren jetzt gestreckt, Schultern und Hände bildeten eine gerade Linie, als sie mit ihrem ganzen Gewicht auf den Hals des Mannes drückte. Schmerz zuckte wie Blitze durch ihre zitternden Arme und Schultern. Ihre Hände verkrampften sich, als würden tausend winzige Nadeln in ihre Nerven stechen. Sie spürte Vibrationen an ihren Handflächen, als er etwas zu sagen versuchte. Wieder verengte sich ihr Blickfeld. Sie sah rote Punkte seine Augen sprenkeln, seine feuchten Lippen öffneten sich, die Zunge quoll heraus. Sie saß rittlings auf ihm, und sie wurde sich bewusst, dass die Hüftknochen des Mannes sich in ihre Oberschenkel pressten, als er sich hochdrückte und sie abzuwerfen versuchte.
    Unvermittelt dachte sie an Paul, an die Nacht, als sie Emma gezeugt hatten - wie sie gewusst, einfach gewusst hatte, dass sie ein Baby machten. So wie jetzt war sie auf ihrem Mann gesessen, wollte jeden Tropfen von ihm in sich haben, damit sie ihr perfektes Kind bekamen.
    Und Emma war perfekt - ihr süßes Lächeln, ihr offenes Gesicht. Die Art, wie sie jedem vertraute, den sie traf, gleichgültig, wie oft Paul sie davor gewarnt hatte.
    Emma, die jetzt oben lag. Tot. In einer Blutlache. Die Unterwäsche heruntergerissen. Ihr armes Baby. Was hatte sie durchmachen müssen? Was für Demütigungen hatte sie von diesem Mann erleiden müssen?
    Abigail spürte eine plötzliche Wärme zwischen ihren Beinen. Der Mann hatte uriniert. Er starrte sie an - sah sie tatsächlich -, und dann wurden seine Augen glasig. Seine Arme sanken seitlich herunter, die Hände fielen auf die mit Scherben übersäten Fliesen. Sein Körper wurde schlaff, der Mund stand offen.
    Abigail kauerte sich auf die Hacken und schaute den leblosen Mann vor ihr an. Sie hatte ihn getötet.

    ERSTER TAG

    1

    W ill Trent starrte zum Autofenster hinaus, während seine Chefin in ihr Handy schrie. Allerdings erhob Amanda Wagner nie wirklich die Stimme, aber ihr Ton hatte eine gewisse Schärfe, der schon mehr als einen ihrer Agenten dazu gebracht hatte, in Tränen auszubrechen und aus einer laufenden Ermittlung auszusteigen - keine schlechte Leistung, wenn man bedachte, dass die Mehrheit ihrer Untergebenen im GBI, dem Georgia Bureau of Investigation, Männer waren.
    »Wir sind« - sie reckte den Hals und schaute das Straßenschild an - »an der Kreuzung Prado und Seventeenth.« Amanda machte eine kurze Pause. »Vielleicht könnten Sie die Information in Ihrem Computer nachschauen?« Sie schüttelte den Kopf, offensichtlich gefiel ihr die Antwort nicht, die sie bekommen hatte.
    Will versuchte es mit: »Vielleicht sollten wir weiter herumfahren. Vielleicht finden wir ja ...«
    Amanda legte die Hand über die Augen. Sie flüsterte ins Telefon: »Wie lange dauert es, bis der Server wieder funktioniert?« Die Antwort entlockte ihr ein tiefes, unmissverständliches Seufzen.
    Will deutete auf den Monitor, der die Mitte des holzverkleideten Armaturenbretts dominierte. Der Lexus hatte mehr Schnickschnack als ein Weihnachtsbaum. »Haben Sie denn kein GPS?«
    Sie ließ die Hand sinken, dachte kurz über diese Frage nach und fing dann an, mit den Knöpfen auf dem Armaturenbrett zu spielen. Der
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