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Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
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wieder zu den anderen um. »Carolyn, gut gemacht. Man sieht, dass du viel trainiert hast. Du hast dich seit der Übung letzte Woche deutlich verbessert. Was dich betrifft, Aisling …« An dieser Stelle musste er wieder grinsen – Aisling war die Verfolgerin, die sich an dem Ast aufgehängt hatte. Sie hatte immer noch kleine Zweige und Moos in den Haaren, und ihr Gesicht war mit Harz verschmiert. »Beim nächsten Mal nicht so übermütig, klar?«
    »Ja, Brendan«, antwortete Aisling zerknirscht.
    »Zurück ins Lager, ihr zwei.« Die beiden Mädchen sprinteten los, als würden sie ein Rennen laufen und hätten nur auf den Startschuss gewartet. Nur Aisling riskierte einen Blick zurück. Sie lächelte Curtis kurz aufmunternd an – ein Moment, den Curtis kaum genießen konnte, da plötzlich Brendans borstige Barthaare nur wenige Zentimeter vor seiner Stirn schwebten. Sie rochen nach nassem Hund.
    »Was dich betrifft.« Brendan dehnte die Worte zu einem tiefen Knurren. »Ich habe schon zu viele gute Räuber verloren, die genau dasselbe gemacht haben. Sie glauben, sie hätten alles schon im Sack, alles wunderbar, und dann PENG.« Seine zur Pistole geformte Hand, die auf Curtis ’ Stirn zeigte, mimte einen Rückstoß. »Tot. Und warum?«
    »Weil sie den Passagier nicht berücksichtigt haben.«
    »Weil sie WAS?«
    »WEIL SIE DEN PASSAGIER NICHT BERÜCKSICHTIGT HABEN!«
    »Genau«, sagte Brendan. »Der schlimmste Fehler, den man machen kann. Nicht nur ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Passagier bewaffnet ist, genauso groß wie bei den anderen. Oft ist er sogar der Gefährlichste von allen. Ich hab zu meiner Zeit mehr als einen aufgeblasenen Banker total in Panik und aus allen Rohren feuernd aus der Kutsche springen und mehr von seinen eigenen bewaffneten Wachleuten als Räuber erschießen sehen. Mach nie die Tür auf – geh nicht mal in die Nähe –, bis du dich vergewissert hast, dass derjenige, der da drin sitzt, keine Gegenwehr leistet. Kapiert?«
    »Ja, kapiert«, antwortete Curtis und rückte nervös seine Mütze zurecht. Brendan tätschelte ihm rau den Kopf, wodurch Curtis der Pelzrand über die Augen rutschte.
    »Gut.« Nun wurde die Stimme des Räuberkönigs weicher. »Es wäre furchtbar, wenn ich meinen vielversprechendsten Nachwuchsräuber verlieren würde.«
    Curtis strahlte. Es war das erste Mal in den ganzen Wochen intensiven Trainings, dass er ein solches Lob vom Räuberkönig hörte. Anfangs war es hart gewesen; aus unerfindlichen Gründen hatte er schon gute zwei Wochen gebraucht, um das Pony zu besteigen, ohne seitlich fast umzukippen, und Brendan hatte keine einzige Gelegenheit ausgelassen, ihn deswegen aufzuziehen. Aber er spürte, dass er sich verbesserte, und er wusste, dass Brendan so ein Lob wie gerade eben nicht leichtfertig abgab.
    Jetzt räusperte sich Septimus. »Äh, und was ist mit mir? Hast du mich gesehen? Genau in den Kragen!«
    Brendan blickte die Ratte an. »Sehr gut, Septimus. Aber er war ein leichtes Opfer; du weißt genau, dass Henry in Bezug auf Nager zart besaitet ist. Er wird wochenlang traumatisiert sein.«
    Septimus ließ seine Knöchel knacken. »Es ist die reine Freude, solche Wirkung auf einen Menschen zu haben.«
    Brendan lachte. »Ihr beiden werdet mal sehr gute Kutschenräuber abgeben. Daran habe ich keinen Zweifel.« Dann wurde seine Stimme bitter. »Obwohl ihr wohl kaum Gelegenheit haben werdet, den Echtfall zu üben.«
    Tatsächlich waren in den vergangenen Monaten die Trupps, die aus dem Lager auf Raubzug geschickt worden waren, allesamt mit leeren Händen zurückgekehrt. Es fuhren immer weniger Kutschen auf der Straße, und die Wagen, die sich trotz allem auf den vereisten Weg wagten, hatten selten mehr geladen als ein paar Kisten getrocknete Zwiebeln und welkes Wintergemüse. Es war so schlimm, dass es auch Curtis auffiel, und die älteren Räuber schimpften, dass sie eine so schlimme Durststrecke noch nie erlebt hätten. Sie sagten, es sei ein schlechtes Omen.
    Der Wind wehte einen neuerlichen Schneeschauer durch die Bäume. In diesen Tagen, mitten im Winter, war das Licht selbst mittags trübe. Doch nun, im ersten Abendhauch, sank auch noch ein dunkler Nebel herab und verhüllte die Biegungen der Langen Straße in der Ferne. Brendan fröstelte in seiner Jacke und machte eine Handbewegung. »Das reicht für heute«, sagte er zu den beiden Nachwuchsräubern und stapfte los zu den wartenden Pferden. »Gehen wir ins Lager zurück. Es gibt noch einiges zu
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