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Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken

Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken

Titel: Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken
Autoren: Lene Kaaberbol
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beiseitezuschieben, um besser sehen zu können, was mit Shanaia los war.
    Sie atmete.
    Ihre Augen waren geschlossen und ihr Gesicht eiskalt, aber sie atmete.
    »Sie ist nicht tot«, stieß ich erleichtert aus.
    Aber was war passiert?

3  LUFTANGRIFF

    Sollen wir einen Krankenwagen rufen?«, fragte Oscar.
    »Ich bin mir nicht sicher«, sagte ich.« Was ist mit dem Frettchen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass es mit ins Krankenhaus darf. Ich würde lieber Tante Isa anrufen.«
    »Aber sie hat doch kein Telefon«, wandte Oscar ein.
    Hatte sie schon. Ich hatte sie im Herbst überredet, sich ein Handy zu kaufen, aber sie wohnte so weit ab vom Schuss, dass man es nur benutzen konnte, wenn man auf den Hügel hinter ihrem Haus kletterte. Sie konnte mich anrufen, aber ich sie nicht, es sei denn, sie hatte zufällig gerade Lust, die Aussicht zu genießen.
    Ich versuchte es trotzdem. Knister, knister. Dieser Anschluss ist vorübergehend nicht erreichbar . Was für eine Überraschung …
    Ich berührte Shanaias Wange. Ihr Gesicht war eiskalt und sie machte keinerlei Anstalten, zu sich zu kommen.
    »Äh …«, sagte Oscar. »Clara … hast du nicht auch das Gefühl, dass es plötzlich dunkler wird? Und … nebliger?«
    Ich schaute hoch. Er hatte recht. Der Himmel war bleischwer und fast schwarz geworden, in dünnen grauen Schlieren kroch Nebel über das matschige Gras. Nun war es natürlich nicht ungewöhnlich, dass der Himmel eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang dunkler wurde, aber diese kriechenden Nebel-Tentakel … sie schienen nach irgendetwas zu suchen. Einer von ihnen schlängelte sich um Oscars Knöchel, sodass er unwillkürlich das Bein hochzog.
    »Unheimlich …«, sagte er.
    Mit einem dumpfen Schlag zerriss der schwarze Himmel, und etwas Weißes schoss auf uns zu. Ich starrte mit offenem Mund nach oben, während das Weiße wie ein Kampfjet im Sturzflug immer näher kam und sich plötzlich als Sturm aus riesengroßen weißen Vögeln entpuppte.
    »Was …?«, setzte Oscar an, aber er schaffte es nicht mehr, seine Frage zu Ende zu stellen. Der erste Vogel prallte gegen seine Brust, und Oscar stolperte ein paar Schritte rückwärts. Dann war die Luft voller schreiender, flatternder, hackender Möwen mit roten Augen und einem roten Punkt auf dem gelben Schnabel. Luffe bellte ein paarmal wütend, darauf folgte ein klägliches Jaulen, und er versuchte wegzulaufen. Der Ruck an der Leine brachte Oscar endgültig zu Fall, und die Möwen stürzten auf ihn nieder, als wäre er ein Haufen besonders appetitlicher Küchenabfälle auf einer Müllhalde.
    Mich attackierten sie nicht. Nur Oscar, Luffe und Shanaia.
    »Haut ab!«, schrie ich und fing an, mit den Armen zu wedeln. »Weg mit euch! HAUT ENDLICH AB! « Das war der einzige Wildhexentrick, den ich jemals wirklich hinbekommen hatte – Tiere (und manchmal auch Menschen) wegzujagen, indem ich brüllte.
    Es wirkte nur nicht. Oder vielleicht tat es das auch, denn von mir hielten die Möwen sich ja fern. Aber nicht von den anderen. Ich packte einen der schlagenden Flügel und zerrte eine riesengroße Heringsmöwe von Oscar weg. Luffe jaulte und bellte und versuchte immer noch wegzulaufen, aber das ging nicht, weil Oscar sich die Leine ums Handgelenk gewickelt hatte. Flap – flap – hack, flap – hack – hack, eine Möwe nach der anderen stürzte sich wie ein Federbomber mit hartem Schnabel auf ihn, und Oscar schrie, während er sich von einer Seite auf die andere rollte und wild mit den Armen um sich schlug.
    » KATER! «, rief ich. »Kater, Hilfe!!«
    Ich hatte keine Ahnung, wo er war und ob er mich hören konnte, ich wusste nur, dass ich das hier nicht alleine schaffte. Ich schlug nach den Möwen, riss sie mit panischen Händen von Oscar, Luffe und Shanaia weg. Fettige weiße Flügel, stumpfe Schwänze, raue gelbe Beine, es war mir egal, was ich zu fassen bekam, solange ich sie nur wegzerren konnte.
    » KATER! «, schrie ich wieder, noch lauter. » HILFE!!! «
    Plötzlich war ich nicht mehr alleine, nicht mehr die Einzige, die gegen die Möwen kämpfte. Amseln, Spatzen, Dompfaffe mit Schnäbeln wie Astscheren, zwei rotbraune, knurrende Stadtfüchse, vier gefleckte Wildkatzen, die fauchten und schrien, ein schwarz-weißer Schwarm Elstern, ein Reiher mit gewaltigen Flügeln und einem Hals wie ein vorgeschichtlicher Flugsaurier … immer mehr kamen dazu, Saatkrähen, Nebelkrähen, sogar ein paar Graugänse und zehn, zwölf braune Ratten, ein flatterndes, schnappendes,
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