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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe
Autoren: Mary Jo Putney
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Erbe anzutreten, bedeutet vor allem, daß die Zeit meiner Reisen vorbei ist. Meine Eltern wollen, daß ich sofort nach England zurückkehre, denn mein Vater kann es sich nicht leisten, auch noch seinen zweiten Sohn zu verlieren.
    Im übrigen gibt es eine Menge familiärer Angelegenheiten, die erledigt werden müssen.«
    Canning nickte bedächtig. »Ich verstehe. Es tut mir leid für Sie.
    Ich hoffe nur, Sie können sich wenigstens damit trösten, daß Sie bereits viele Länder gesehen haben, von denen andere Männer nur träumen können.«
    »Ja, ich weiß.« ROSS bemühte sich, seine durcheinandergeratenen Gefühle zu sortieren. »Ich habe in meinem Leben sehr viel Freiheit und viele Privilegien genossen. Nun wird mir die Rechnung dafür präsentiert, und ich werde wohl den Preis zahlen müssen, den diese Privilegien mit sich ziehen.«
    In diesem Moment wurde der Tee gebracht, und die nächste halbe Stunde plauderten sie über weniger persönliche Dinge.
    Als ROSS sich schließlich erhob und zum Gehen wandte, sagte der Botschafter: »Ich hoffe doch, daß Sie mit uns essen, bevor Sie Konstantinopel wieder verlassen. Lady Canning legt großen Wert darauf, Sie kennenzulernen.« Er stand ebenfalls auf, um seinen Besucher zur Tür zu geleiten. »Vielleicht morgen abend?«
    »Es wird mir ein Vergnügen sein.«
    Die beiden Männer hatten das Arbeitszimmer verlassen und schon fast die Eingangshalle erreicht, als ein weiterer Besucher angekündigt wurde. Canning murmelte eine leichte Verwünschung, doch als er den Neuankömmling sah, glätteten sich seine Gesichtszüge schnell zu diplomatischer Freundlichkeit. »Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment, Lord ROSS. Es wird nicht lange dauern.«
    ROSS blieb in der schattigen Halle zurück. Im nächsten Moment erstarrte er beim Anblick der schlanken Europäerin mit dem kastanienbraunen Haar, die soeben angekommen war. Doch sein Erschrecken war fast genauso schnell überwunden, wie es ihn überfallen hatte. Das rötlichbraune Haar war mit silbrigen Strähnen durchzogen, und das attraktive, ernsthafte Gesicht der Frau war durch ein gutes halbes Jahrhundert Lebensjahre gezeichnet. Er kannte diese Frau, und ihre Anwesenheit hier war genauso überraschend, als wenn ihre Tochter selbst hier aufgetaucht wäre.
    Canning trat hervor und begrüßte die Besucherin. »Guten Tag, Lady Cameron. Es tut mir aufrichtig leid, aber ich habe seit Ihrem letzten Besuch nichts Neues erfahren.«
    »Aber ich habe etwas Neues gehört, und zwar von einem persischen Händler, der soeben in Konstantinopel eingetroffen ist.
    Er war monatelang in Buchara, und er schwört, daß kein Engländer dort exekutiert worden sei.« Lady Cameron heftete ihren eindringlichen Blick auf den Botschafter. »Mein Sohn lebt, Sir Stratford! Will denn die britische Regierung gar nichts unternehmen, um einen Mann zu retten, der in Erfüllung seiner Aufgaben gefangengenommen wurde?«
    Geduldig antwortete Canning: »Lady Cameron, es sind gut hundert Gerüchte im Umlauf, die sich auf das Schicksal Ihres Sohnes beziehen, aber fast alle stimmen darin überein, daß er höchstwahrscheinlich tot ist. McNeill, der britische Botschafter in Teheran, hat keinen Zweifel an diesen Geschehnissen, und er ist Buchara am nächsten.« Seine Stimme wurde leiser: »Es tut mir sehr leid. Ich
    weiß, daß Sie es nicht glauben wollen, aber niemand kann Ihrem Sohn mehr helfen. Nicht einmal die Regierung Ihrer Majestät.«
    ROSS trat vor und stellte sich zu den beiden. »Lady Cameron, verzeihen Sie, daß ich mitgehört habe. Was ist denn passiert?«
    Als sie den Klang seiner Stimme vernahm, drehte sich die Frau zu ihm um. »Ross!« Sie trat mit ausgestreckten Arm n auf ihn zu, und ihr Gesicht erhellte sich. »Du bist die citwort auf meine Gebete!«
    »Sie kennen sich?« fragte Canning verblüfft.
    »Das kann man so sagen.« Ross ergriff die Hände der Frau und beugte sich herunter, um sie auf die Wange zu küssen. »Lady Cameron ist meine Schwiegermutter.«
    Canning schnitt eine Grimasse. »Dann ist es wirklich nicht gerade Ihr Glückstag heute. Ich nehme an, die Nachricht von Major Camerons tragischem Tod ist erst eingetroffen, nachdem Sie England verlassen haben.«
    »Ich habe nichts gehört.« Es war schon einige Jahre her, daß Ross seine Schwiegermutter zum letzten Mal gesehen hatte, aber er hatte sie immer sehr gemocht und war dankbar dafür, daß sie ihm nicht die Schuld an Juliets Flucht zuwies. Er runzelte die Stirn, während er ihr müdes
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