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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe
Autoren: Mary Jo Putney
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schwärmten nordwestlich von Indien aus, während die Russen sich südwärts bewegten und schließlich die unabhängigen zentralasiatischen Khanate Chi-wa, Buchara und Kokand annektierten.
    Aus dem »Great Game« entsprangen viele wahre Geschichten über Heldentum und Abenteuer, und dieses Buch ist durch eine Rettungsmission inspiriert worden, die 1844 wirklich stattgefunden hat: Der Emir von Buchara hatte zwei britische Armeeoffiziere, Colonel Charles Stoddart und Lieutenant Arthur Conolly, gefangengenommen. Natürlich glaubte die britische Regierung, die beiden Männer wären hingerichtet worden. Doch die Berichte waren widersprüchlich und undurchsichtig, und so beschloß schließlich eine Gruppe von Offizieren, daß für ihre Kameraden mehr getan werden sollte.
    Ein exzentrischer anglikanischer Geistlicher namens Dr. Joseph Wolff meldete sich freiwillig, um in Turkestan um die Freilassung von Stoddart und Conolly zu bitten. Als Ex-Missionar im Mittleren Osten und in Zentralasien war Wolff höchstqualifiziert, diese Mission auszuführen, weswegen die besorgten Offiziere innerhalb kürzester Zeit das Geld aufbrachten, um seine Reisekosten zu decken. Wolff gelang es tatsächlich, unbehelligt bis nach Buchara zu kommen, jedoch nur, um dort zu erfahren, daß die beiden Gefangenen bereits exekutiert worden waren. Der Priester verlor bei dieser Mission fast sein eigenes Leben, konnte jedoch mit Hilfe des persischen Botschafters entkommen und sicher nach England zurückkehren.
    Die Geschichte, die dieses Buch erzählt, ist erfunden, doch ich habe versucht, den Duft Turkestans einzufangen, und einige Begebenheiten basieren auf realen Vorfällen. Da die Geschichte drei Jahre vor der Reise des Dr. Wolff spielt, habe ich mir bei der Datierung der Hintergrundereignisse einige künstlerische Freiheiten erlaubt, doch die Figuren des Emir Nasrullah, des Nayeb Abdul Samut Khan und des Kalifen von Merv sind historische Personen, deren Charaktere im Buch genau nachgezeichnet worden sind. Die Bezüge auf britische Abenteurer wie Lady He-ster Stanhope und Sir Alexander Burnes sind ebenfalls historisch stimmig.
    Heute ist das ehemalige British India zu Indien, Pakistan und Bangladesh zerfallen, und das russische Reich erlebt massive Veränderungen, da lange unterdrückte ethnische Gruppen ihre Identität behaupten wollen.
    Das Herz Zentralasiens hat sein Geheimnis bewahrt.
    Prolog
    August, 1840
    DIE NACHT BRACH schnell herein, und eine schmale Mondsichel leuchtete am wolkenlosen, indigofarbe-nen Himmel.

    Im Dorf rief der Muezzin die Gläubigen zum Gebet, und die monotonen Gesänge mischten sich mit dem betörenden Aroma von gebackenem Brot und dem beißenden Geruch des Rauches.
    Die Szene war vertraut, friedlich - eine Szene, wie sie die Frau schon zahllose Male zuvor erlebt hatte. Doch nun, als sie am Fenster innehielt, überkam sie für einen Moment eine seltsame Orientierungslosigkeit, und sie hatte Mühe, das Schicksal zu akzeptieren, das sie in dieses fremde Land geführt hatte.
    Gewöhnlich sorgte sie dafür, daß sie zu beschäftigt war, um über ihre Vergangenheit nachzudenken, aber heute überschwemmte sie eine Woge von schmerzvollem Kummer. Plötzlich vermißte sie die wilden grünen Hügel ihrer Kindheit, und obwohl sie längst neue Freunde gefunden hatte, auf die sie sich verlassen konnte, fehlte ihr auf einmal der sichere Schoß der Familie.
    Am meisten, mußte sie sich eingestehen, vermißte sie allerdings jenen Mann, der mehr als nur ein Freund gewesen war. Sie fragte sich, ob er wohl an sie gedacht hatte, und wenn, ob es voller Haß, Zorn oder mit kühler Gleichgültigkeit geschehen war. Um seinetwillen hoffte sie, daß er vor allem Gleichgültigkeit empfand.
    Alles wäre leichter zu ertragen gewesen, wenn sie nichts mehr gefühlt hätte, dennoch konnte sie den Schmerz nicht bedauern, der auch noch nach so vielen Jahren ihren Alltag unterspülte. Der Schmerz war der letzte Rest der Liebe, und sie war noch nicht gewillt, diese Liebe zu vergessen, ja, sie zweifelte daran, daß sie jemals bereit dazu sein würde.
    Ihr Leben hätte so anders verlaufen können. Sie hatte alles gehabt
    - mehr als die meisten Frauen sich je erträumen konnten. Wenn sie nur klüger gewesen wäre oder wenigstens nicht so impulsiv gehandelt hätte. Wenn sie sich nur nicht ihrer Verzweiflung hingegeben hätte.
    Wenn, ach, wenn …
    Schließlich erkannte sie, daß ihre Gedanken einmal mehr in die nutzlose Litanei der Reue hineinrutschten. Sie
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