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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe
Autoren: Mary Jo Putney
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an.
    ROSS lächelte schwach. »Du brauchst Mikhal nicht so böse anzusehen, Sarah. Es ist ja kein Geheimnis. Es ist nur sehr lange her.« Im plötzlichen Bedürfnis nach mehr Brandy schenkte er sich nach. »Ich war gerade frisch aus Cambridge zurückgekehrt, als ich Juliet Cameron kennenlernte. Sie war eine Schulfreundin von Sara, ein rothaariger Wirbelwind, und sie schien mir ganz anders als die Frauen, denen ich bis dahin begegnet war. Irgendwie lebendiger, unbeschwerter. Als Tochter eines schottischen Diplomaten hatte Juliet einen großen Teil ihrer Jugend an exotischen Orten wie Persien oder Tripolis verbracht, und da ich ja ein angehender Orientalist war, fand ich sie vom ersten Augenblick unwiderstehlich. Wir heirateten bald darauf, obwohl uns alle Welt prophezeite, es würde niemals funktionieren. Tja, und ausnahmsweise behielt alle Welt recht.«
    ROSS’ beiläufiger Tonfall war offenbar nicht überzeugend genug gewesen, denn Mikhal verengte die Augen in unangenehmer Scharfsicht. »Und wo ist deine Juliet jetzt?«
    »Sie ist schon lange nicht mehr meine Juliet, und ich habe nicht die leiseste Ahnung, wo sie stecken mag.« ROSS kippte den Inhalt seines Glases in einem Zug hinunter. »Nach sechs Monaten Ehe rannte sie weg und hinterließ mir lediglich die Nachricht, daß sie weder mich noch England je wiedersehen wolle. Laut ihrem Anwalt wächst ihr Vermögen, aber ich habe überhaupt keine Idee, wo und wie. So wie ich Juliet kenne, hat sie sich wahrscheinlich als Pascha in der Sahara niedergelassen und hält sich jetzt den ersten männlichen Harem der Welt.« Er stand auf. »Es ist schon spät. Ich sollte jetzt nach Hause gehen, wenn ich morgen vor Tagesanbruch aufbrechen will.«
    Sara erhob sich, kam auf ihn zu und umarmte ihn herzlich. »Du wirst mir fehlen, ROSS. Sei bitte vorsichtig!«
    »Ich bin immer vorsichtig.« ROSS küßte sie auf die Stirn und wandte sich dann an seinen Freund.
    Er hatte die Absicht gehabt, ihm die Hand zu geben, aber Mikhal, wieder ganz unenglisch, drückte ihn kräftig an sich. »Und wenn das nicht reicht, dann sei gefährlich. Das kannst du ziemlich gut. .
    . jedenfalls für einen englischen Gentleman.«

    ROSS grinste und klopfte dem anderen auf die Schulter. »Ich hatte gute Lehrer.«
    Alle drei lachten, als ROSS schließlich ging. Er hatte es immer vorgezogen, sich mit Lachen statt mit Tränen zu verabschieden.
    KONSTANTINOPEL
    Januar, 1841
    DER BRITISCHE BOTSCHAFTER der Hohen Pforte lebte ein dutzend Meilen von Konstantinopel in einem Ort an der Meerenge des Bosporus. Als ROSS die Botschaft zu einem Höflichkeitsbesuch betrat, stellte er amüsiert fest, daß die Einrichtung auch in Mayfair nicht fehl am Platz gewesen wäre.
    Als Bastion der britischen Lebensart konnte man der Residenz des Botschafters kein Versäumnis nachsagen , auch wenn sie von außen wie das Heim eines sehr wohlhabenden Türken aussah.
    Ein Diener hatte ROSS’ Karte hineingebracht, und es verstrichen nur wenige Minuten, bis der Botschafter selbst, Sir Stratford Canning, heraustrat, um seinen vornehmen Besucher persönlich zu begrüßen.
    »Lord ROSS Carlisle!« Der Botschafter reichte ihm die Hand. »Ich freue mich, Sie endlich einmal kennenzulernen. Ich habe Ihre beiden Bücher gelesen. Ich kann zwar nicht behaupten, daß ich Ihre Schlußfolgerungen immer billige, aber Ihre Werke waren höchst interessant und aufschlußreich.«
    ROSS lächelte und schüttelte Cannings Hand. »Für einen Autor reicht es, gelesen zu werden, Sir Stratford. Durchweg gebilligt zu werden, ist zuviel der Hoffnung. Ich
    habe soeben ein drittes Buch beendet, und so werden Sie bald noch mehr Dinge haben, die Sie mißbilligen können.«
    Der Botschafter lachte. »Werden Sie sich lange in Konstantinopel aufhalten, Lord ROSS?«
    »Nur für etwa zwei Wochen, bis ich alle Vorbereitungen getroffen habe, um in den Libanon weiterzureisen. Danach möchte ich mir Nordarabien ansehen. Ich würde gerne mit den Beduinen ziehen.«
    Canning erschauderte. »Lieber Sie als ich. Mein innigster Wunsch ist es, den Rest meines Lebens in England zu verbringen, aber man schickt mich immer wieder hierher. Das ist schon mein dritter Aufenthalt in Konstantinopel. Süßholzraspelei, wissen Sie -
    sie behaupten immer, niemand könnte den Posten so gut wie ich ausfüllen.«
    ROSS, der Cannings exzellenten Ruf kannte, lächelte. »Ich nehme stark an, daß das Außenministerium recht hat.«
    »Ich wollte gerade in meinem Arbeitszimmer einen Tee zu mir nehmen.
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