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Wilder als Hass, süsser als Liebe

Wilder als Hass, süsser als Liebe

Titel: Wilder als Hass, süsser als Liebe
Autoren: Mary Jo Putney
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zu geben, statt jemand anderen anzuklagen.
    Und doch war sie selbst doch kaum mehr als ein Kind gewesen, so verwirrt und gequält, daß sie sich ihr eigenes Leben hatte nehmen wollen. Und schließlich - so lebendig, zu kraftvoll, um es ein zweites Mal zu versuchen, doch überzeugt, daß ihre Sünden niemals wieder gutgemacht werden konnten - hatte sie allem, was sie kannte, den Rücken zugekehrt und war bis ans Ende der Welt gelaufen, wo sie ihre persönliche Kraft und ihre finanziellen Mittel einsetzte, um anderen zu helfen.
    ROSS hob eine Hand zu der pochenden Wunde unter seinem Verband, die wie die Trommeln des Königs von Buchara hämmerte. Innerlich fühlte er sich hohl und ausgelaugt, er verspürte eine seltsame Leere, die er nicht richtig definieren konnte.
    Doch langsam begriff er, daß sie nicht von Verlust herrührte, sondern von Befreiung. Jahrelang hatte seine Ehe aus Schmerz, Qual und Wut bestanden, tiefe Empfindungen, die seine Persönlichkeit geformt hatten, doch nun, da er wußte, daß Juliet ihn nicht verlassen hatte, weil er furchtbar versagt hatte, löste sich sein Schuldgefühl auf. Und - endlich wichtiger noch als dies - er erkannte, daß auch sein Zorn verflog.
    Auf Malta, als er feststellen mußte, daß seine Frau ihre Liebe und die Eide der Ehe verraten hatte, hatte seine Wut dem schrecklichen Gefühl der Vernichtung in nichts nachgestanden.
    Doch mit der Zeit war der Zorn verebbt, bis er wie eine chronische Erkrankung stets unter der Oberfläche pulsierte.
    Doch nun kannte er die Wahrheit. Und die Wut verwandelte sich in tiefes Mitleid für ein verzweifeltes, ängstliches Mädchen.
    Er wandte sich wieder um. Juliet hatte sich in einer dunklen Ecke des Diwans zusammengerollt, den Kopf gesenkt, und ihre Haare lagen wie ein kupferfarbener Schleier der Trauer über ihren hochgezogenen Knien. Seine Frau. Mit jedem Atemzug, jeder Faser ihres Körpers, mit ihrem ganzen Wesen gehörte sie ihm.
    Während er sie ansah, legte sich der Sturm der Gefühle in seinem Inneren und hinterließ eine durch Kummer erzeugte Klarheit in seinem Verstand. Die Vergangenheit konnte nicht verändert werden, man konnte nur aus ihr lernen. Was nun zählte, war die Zukunft, und er begriff sehr deutlich, daß er die Initiative ergreifen mußte, wenn sich irgend etwas Sinnvolles aus dem Wrack der vergangenen Jahre ergeben sollte. Da Juliet glaubte, ihre Sünden seien viel zu Schwer, um wieder echtes Glück zu verdienen, mußte er nun eine Möglichkeit finden, die Distanz zwischen ihnen zu überbrücken.
    Er holte tief Atem, dann kam er zu ihr herüber und setzte sich neben sie. »Du hast mir das Schlimmste erzählt, Juliet. Du hattest recht, daß die Wahrheit schmerzt, nicht aber, daß ich dich hassen würde. Ich liebe dich immer noch, und ich will immer noch den Rest meines Lebens mit dir verbringen.«
    Sie hob den Kopf und zeigte ihm ihr tränenüberström-tes Gesicht.
    »Ross, ich habe dich in jedem Punkt, der Mann und Frau verbindet, verraten. Wie kannst du ernsthaft wieder mit mir leben wollen?«
    »Das Unverzeihlichste, was du getan hast, war, mich zu verlassen.
    Und das können wir wieder richten.« Er löste ihre Finger von ihrem Knie und nahm ihre Hand zwischen seine. »Es ist nicht meine Vergebung, die du brauchst, Juliet. Du mußt dir selbst verzeihen.«
    Ihr Mund verzog sich. »Du hast gesagt, ich wäre wie Lady Hester Stanhope, und du hast recht, denn auch ich habe die Menschen verletzt, die am meisten meine Liebe und meine Treue verdienten.
    Dich, meine Familie … und unser Kind.«

    Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich hatte nicht recht. In dem, was am meisten zählt, bist du ganz und gar nicht wie sie. Du besitzt ihren Mut, aber wo sie arrogant war, bist du fähig zu lieben. Du urteilst dich selbst viel zu grausam ab, denn deine Fehler waren Irrtümer der Jugend und der Verwirrung. Sie sind nicht aus Gemeinheit oder Eitelkeit entsprungen.«
    Ihre Miene verriet, daß sie nicht überzeugt war, also sagte er in einem lockeren Tonfall: »Meine redselige Mutter tat immer ihr Bestes, mich über Frauen aufzuklären, denn sie meinte, Frauen und Männer sollten einander so gut wie möglich verstehen.
    Einmal erklärte sie mir, daß die ersten Monate der Schwangerschaft wilde, unvorhersehbare
    Stimmungsschwankungen erzeugen können -und bestimmt hat das auch etwas damit zu tun, daß du damals so unsinnig in Panik geraten bist.«
    Er begann, ihre Hand zwischen seinen zu reiben, um die eisige Kälte aus ihren Fingern zu
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