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Wilder Als Ein Traum

Titel: Wilder Als Ein Traum
Autoren: Teresa Medeiros
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die allabendlichen Streicheleinheiten.
    Ihre Mutter sah schuldbewusst zur Tür, ehe sie lächelnd wieder in die Kamera blickte. »Wenn dein Vater wüsste, was ich hier tue, würde er mir das ganz sicher nie verzeihen.«
    »Da irrst du dich, Mama«, murmelte Tabitha. »Daddy würde dir alles verzeihen.«
    Doch als das strahlende Lächeln von Arian einem nachdenklichen
Stirnrunzeln wich, wusste Tabitha nicht mehr genau, ob ihre Überzeugung zutraf.
    Die unsichtbare Kamera schien zu verschwinden und ihre Mutter schaute sie direkt an. »Eltern haben nur sehr wenig Kontrolle darüber, welche Eigenschaften sie an ihre Kinder weitergeben, Schatz. Manchmal sind es graue Augen oder große Füße, ein unstillbares Verlangen nach Eiscreme …«
    Ms. Lennox schaute resigniert auf die leere Schale.
    »… oder, wie es dein Vater ausdrücken würde« - Arian richtete sich kerzengerade auf und rückte, wie sonst Tristan Lennox, eine imaginäre Lesebrille auf ihrer Nase zurecht - »die Fähigkeit, das Raum-Zeit-Kontinuum zu manipulieren und Gedankenenergie in Materie zu verwandeln.« Sie zwinkerte Tabitha fröhlich zu. »Ich hingegen nenne es einfach ›Magie‹.«
    Tabithas Lächeln schwand mit dem von ihrer Mutter.
    »Ich würde lügen, wenn ich sagte, es hätte mich nicht traurig gemacht, dass du diese besondere Fähigkeit statt als Segen stets als Fluch empfunden hast. Aber sicher darf ich dir das nicht verübeln. Du hast so verzweifelt versucht, ein braves kleines Mädchen zu sein. Ich werde nie vergessen, wie du an dem Tag geweint hast, als dich der Schulleiter nach Hause schickte, weil er dachte, du hättest all die Sprenkler absichtlich in Gang gesetzt. Dein Elend wollte mir schier das Herz brechen.«
    Tabithas Wangen glühten bei der Erinnerung an die Scham, die in ihr bei diesem und Hunderten ähnlicher Vorfälle aufgestiegen war. Wie, als sie vollkommen arglos ein Kleid in einem Schaufenster bewundert hatte, und plötzlich, von lachenden Klassenkameradinnen umringt, ihrer gesamten Garderobe beraubt gewesen war. Oder als der Junge, für den sie geschwärmt hatte, sie zum Rendezvous gebeten und
er sich während ihres ersten Kusses in einen Frosch verwandelt hatte. Infolge dieses Ereignisses lud er damals Viveca Winslow zum Abschlussball der Schule ein und Tabitha hatte nie wieder einen Jungen geküsst.
    Als erahnte sie ihre Gedanken, beugte sich ihre Mutter nun in Richtung der Kamera. »Dein Vater und ich machen uns große Sorgen darüber, dass du derart zurückgezogen lebst. Es tut uns weh mit anzusehen, wie du dich in diesem Penthouse verschanzt wie eine Prinzessin in ihrem Turm.«
    Angesichts des schuldbewussten Blickes ihrer Mutter seufzte Tabitha müde auf. »Ja, Mom. Eine Prinzessin, die Streifenhörnchen-Pantoffeln trägt und literweise Eiscreme isst. Du warst schon immer eine unverbesserliche Romantikerin.«
    »Nach langem Überlegen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass du dein Talent vielleicht weniger als Fluch betrachten würdest, wenn du ein Quäntchen Kontrolle darüber hättest.«
    Wie gebannt von diesem einen Wort beugte sich nun Tabitha auf ihrem Sessel vor.
    Kontrolle.
    »Und aus diesem Grund habe ich beschlossen, das einzige Geheimnis mit dir zu teilen, das ich je vor deinem Vater für mich behielt.«
    Tabitha fiel die Kinnlade herunter. Gütiger Himmel! Würde sie jetzt etwa erfahren, dass ihr wahrer Vater der Briefträger war?
    Doch die Geschichte, die folgte, war noch eigenartiger. Arian brabbelte so lange von magischen Amuletten, Hexenmeistern, korrupten Pfaffen, Mikroprozessoren und verruchten Magiern, wobei sie gelegentlich in ihre normannischgälisch gemischte Muttersprache verfiel, bis schließlich Tabithas
Kopf in dem Bemühen, den Schwindel erregenden Höhenflügen ihrer Mutter zu folgen, zu schwirren begann. Arians Talent, um die Dinge herumzureden, war eine ihrer weniger angenehmen Eigenschaften. Bis sie endlich einmal eine Pause machte und wie ein Fisch an Land nach Atem rang, kam Tabitha zu dem Schluss, dass ihre Mutter sie entweder zum Narren hielt oder aber unbedingt zu einem Psychotherapeuten musste.
    Doch ihr Blick war derart zärtlich, dass Tabitha sich, wenn auch gegen ihren Willen, wie verzaubert fühlte. »So, jetzt verstehst du, weshalb ich deinen Vater in dem Glauben ließ, ich hätte das Amulett vor all den Jahren endgültig zerstört.«
    Verwirrt runzelte Tabitha die Stirn.
    »Ich hoffe, du wirst es weise nutzen, um deine bemerkenswerten Kräfte zu konzentrieren und zu
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