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Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Wilde Rosen: Roman (German Edition)

Titel: Wilde Rosen: Roman (German Edition)
Autoren: Katie Fforde
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flüsterte sie Harriet zu. »Damit man seine Gefühle der ganzen Welt zeigen kann.« Harriet warf ihr einen schnellen Blick zu und nickte. Sie hatten beide einige Übung darin entwickelt, ihre Gefühle zu verbergen.
    Nachdem er seine Braut wieder abgesetzt hatte, umarmte James ihre beiden Freundinnen. Auch er strahlte Glück in beinah spürbaren Wellen aus.
    »Es ist wunderbar, daß ihr die Brautjungfern seid«, sagte er. »Ich weiß, ihr wart nicht gerade wild drauf.«
    »Wenn es euch glücklich macht, ist es die Sache wert«, sagte May und stellte fest, daß sie es ehrlich meinte.
    »Also, das ist das Kleid«, sagte Harriet leise.
    »Ja«, hauchte Sally genauso ehrfurchtsvoll. Ich hab’ ewig gebraucht, um mich zu entscheiden, wie es denn nun aussehen sollte. Es sollte schon ausgefallen sein, aber auch zu einer Hochzeit auf dem Land passen.«
    May betrachtete das Kleid kritisch, das Sally mitsamt Bügel hochhielt. Es war aus strohgelbem Taft, die Ärmel reichten bis zu den Ellbogen. Ein enges, vorn und hinten geschnürtes Mieder aus dunkelgrünem Samt betonte die Taille. Der recht großzügige Ausschnitt war mit einer schmalen Spitze abgesetzt, der weite, leicht gebauschte Rock mit dunkelgrünen Schleifen ein wenig hochgebunden, darunter lugte ein schlichter Satinunterrock hervor. Eine Taftschleife vervollständigte die Rückansicht.
    »Meine Mutter wollte unbedingt, daß ich eine Schleppe habe, aber ich finde das unpassend für eine Hochzeit auf dem Land«, fuhr Sally fort.
    »Es ist wunderschön«, sagte Harriet. »Das Dunkelgrün gefällt mir. Mal was ganz anderes, aber immer noch ein Hochzeitskleid.«
    »Und das Mieder macht meine Taille superschmal«, schloß Sally.
    »Deine Taille ist superschmal.«
    »Nicht so schmal, wie sie mal war. Ich habe über fünf Kilo zugenommen, seit ich hierhergezogen bin, aber James sagt, je mehr an mir dran ist, um so mehr kann er lieben.«
    »Dann laß mal die Brautjungfernkleider sehen«, sagte May, ehe Sally völlig in Gedanken an James’ Verhältnis zu ihrem Körper versank.
    Sally führte sie in das dritte Schlafzimmer des Ferienhauses. Unter dünner Plastikfolie hingen dort zwei einfachere Versionen von Sallys Kleid, nur waren sie statt aus Taft aus glänzendem Chintz mit einem dezenten Blumenmuster.
    »Liz und ich haben uns den Kopf zerbrochen, um uns irgendwas auszudenken, was ihr später als Abendkleider tragen könnt, aber dann haben wir gedacht, das tut man dann ja doch nie.«
    »Auweia«, sagte May.
    »Kannst du dich überwinden, es anzuprobieren? Liz muß jeden Moment hier sein. Sie hat sich so furchtbare Mühe gemacht und will, daß jedes Detail perfekt ist. Komisch, sonst nimmt sie die Dinge nicht so genau, aber mit ihrer Näherei ist sie wirklich eine Perfektionistin.«
    Harriet und May zogen sich aus. »Und wenn Liz jeden Stich mit der Hand genäht und sich die Nächte um die Ohren geschlagen hat«, sagte May. »Ich bestehe auf meinem Recht, meine Zusage zurückzuziehen, wenn ich komplett idiotisch aussehe.«
    Sie sah nicht idiotisch aus, aber vollkommen verändert.
    »Mein Gott«, hauchte sie. »Ich erkenn’ mich selbst kaum.«
    Ihre Brust war voller als Sallys oder Harriets, und die schmale Taille und der großzügige Ausschnitt des Kleides brachten ihr Dekolleté und ihren Schwanenhals besonders zur Geltung. Sie kam sich sinnlich und feminin vor, und der Regency-Stil des Kleides bewirkte, daß sie sich von ihrer Alle-Tage-Persönlichkeit entrückt fühlte. Sie war nicht länger May, die radikale Feministin, die ihre Brötchen auf Baustellen verdiente, sie war eine völlig andere, geheimnisvolle Kreatur, und sie war beinah schön.
    »Ich komme mir vor wie eine Figur aus irgendeinem Schauspiel«, sagte sie. »Ich seh’ überhaupt nicht wie ich aus.«
    »Du siehst phantastisch aus!« jubelte Sally. »Ich werde neben dir total verblassen, du Miststück!«
    May lachte leise. »Das würde ich nicht schaffen, selbst wenn ich mir die allergrößte Mühe gäbe. Aber zumindest wird mich in dieser Montur niemand erkennen. Meine Mutter wird ihren Augen nicht trauen, wenn sie die Fotos sieht.«
    »Was tragen wir auf dem Kopf?« wollte Harriet wissen und drehte ihre seidigen Haare versuchsweise zu einem Knoten zusammen.
    »Einen Kranz aus Rosen. Hier, versuch mal.« Sally nahm den Haarschmuck aus einem Karton und setzte ihn Harriet auf den Kopf. »Toll, was?«
    May riß ihren Haarschmuck förmlich aus der Verpackung und schwor sich insgeheim, daß sie ihn nicht tragen
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