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Wild Eyes - mit dem Wind um die Welt - mit 16 allein auf dem Meer

Wild Eyes - mit dem Wind um die Welt - mit 16 allein auf dem Meer

Titel: Wild Eyes - mit dem Wind um die Welt - mit 16 allein auf dem Meer
Autoren: Brunnen Verlag , Lynn Vincent
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Klippen vom Meer abgeschirmt. An der Steuerbordseite türmten sich die nackten Felsen bis in den Himmel. Das blaugrüne, knapp 20 m tiefe Wasser war glasklar, sodass man selbst im schwindenden Licht noch den Meeresboden sehen konnte.
    Das kleine Motorboot, das Abby entdeckt hatte, kam langsam näher. Es war ein langes, schmales Skiff, ein typisches mexikanisches Fischerboot. Laurence konnte einen Mann ausmachen, der aufrecht im Boot stand und mit beiden Armen winkte. „Hola, señor!“, grüßte der Fischer auf Spanisch. „Cerveza para langosta? Cerveza para langosta?“
    Laurence warf seiner Frau einen fragenden Blick zu. Wer in Südkalifornien wohnt, versteht in der Regel recht gut Spanisch und weiß, dass
cerveza
„Bier“ heißt. Aber „langosta“? Als das Skiff näher kam, wurde klar, was der Fischer meinte: Im Boot krabbelten 40 bis 50 fangfrische, rosig-braune Hummer übereinander wie Riesenameisen.
    „Wow“, sagte Zac. „Das sind ja Riesenkerle!“ Die Kinder starrten fasziniert auf das Gekrabbel im Boot.
    „Langosta, natürlich!“, lachte Laurence. „Hummer! Si, señor!“ Sein Spanisch war etwas eingerostet und er ging in Gedanken die Zahlen von eins bis zehn durch. „Wir hätten gern vier Stück – cuarenta!“
    Das wettergegerbte Gesicht des Mannes strahlte.
    „Cuarenta! Muy bien!“
    „No, espera! Espera!“, rief Marianne dazwischen. „Warten Sie!“ Und zu Laurence sagte sie: „Du, ich glaube,
cuarenta
heißt vierzig.“
    „Nein, nein, warten Sie, warten Sie!“, schrie jetzt auch Laurence, wild gestikulierend. „Espera! Espera!“
    Doch der Fischer hatte schon begonnen, die Hummer schwungvoll auf die
Amazing Grace
umzuladen, wo sie auf dem Bootsdeck herumschlitterten und krabbelten. Die Kinder lachten und kreischten, umringten die neuen Passagiere neugierig, um mit einem Aufschrei zurückzuspringen, wenn sie ihren Zehen zu nahe kamen.
    Trotz der Sprachbarriere konnte man sich nach einigem Feilschen auf den Tausch von zwölf Hummern gegen zwei Sixpacks Bier einigen, die ihnen jemand auf der Insel Santa Catalina vor der kalifornischen Küste mitgegeben hatte, und beide Seiten waren zufrieden.
    Dann versammelten sich alle im Cockpit und die Kinder sahen mit großen Augen zu, wie Laurence den Krustentieren fachmännisch den Kopf umdrehte, bevor er sie in einen großen Topf mit kochendem Wasser warf. Mit Knoblauchbutter zum Dippen ein Festmahl aus dem Meer – das erste von vielen in den darauf folgenden drei Jahren.
    Im Jahr 2001, nach zwei fehlgeschlagenen Versuchen, wollte sich die Familie Sunderland endlich einen Traum erfüllen: für eine Zeit lang dem sesshaften Leben an Land den Rücken zu kehren und von einem Ort zum anderen zu segeln. Mit der Freiheit, die Route selbst zu bestimmen und dort, wo es ihnen gefiel, so lange zu bleiben, wie sie wollten.
    Laurence arbeitete damals bei der Hafenaufsicht auf Santa Catalina Island, einer Insel vor der Küste Südkaliforniens, nicht weit von Los Angeles. Dort, in der malerischen Bucht Emerald Bay, einem beliebten Ankerplatz für Segler, beantwortete er Funksignale von Booten auf See, leistete Hilfe in Seenot und wies einlaufenden Booten ihre Liegeplätze zu.
    Es war eine Arbeit, bei der ihm seine langjährige nautische Erfahrung zugutekam. Laurence wurde in einer Kleinstadt an der englischen Kanalküste geboren, unweit der Hafenstadt Lymington und der Isle of Wight – der Heimat des internationalen America’s Cup, der bekanntesten und ältesten noch heute ausgetragenen Segelregatta. Östlich von Lymington liegt die Stadt Portsmouth, berühmt für legendäre Regatten.
    Als Sohn eines Klavierstimmers, der nebenbei ein Fischfangunternehmen betrieb, bekam Laurence sein erstes Boot noch vor dem ersten Fahrrad. Das Boot war sein ganzer Stolz. Als Zehnjähriger ruderte er gern mit seinen Freunden die Seitenarme des Lymington River hinauf. Dort gab es genug flache Sandbänke zum Anlegen, Brennholz für Lagerfeuer und manchmal auch Möweneier, die man sich zum Frühstück braten konnte.
    Sein Vater nahm ihn regelmäßig mit zum Segeln und weckte in ihm die Liebe zur Seefahrt und zum Meer. Mit sechzehn machte Laurence seinen Schulabschluss und entschied sich gegen ein Studium oder eine weiterführende Schule. Als Praktiker, der seine Zeit am liebsten draußen in der Natur verbrachte, begann er eine Lehre als Bootsbauer und lernte das Handwerk von der Pike auf: Metall- und Fiberglasverarbeitung, Elektronik, Schweißen, Klempner- und
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