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Wiedersehen in Stormy Meadows

Wiedersehen in Stormy Meadows

Titel: Wiedersehen in Stormy Meadows
Autoren: Sarah Harvey
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aus dem Seitenfenster. Das alles andere als behagliche Schweigen hält die ganze Fahrt über an und wird umso angespannter, je näher wir dem Haus in Hampstead kommen. Ich bin maßlos erleichtert, dass Petra uns dort erwartet. Als wir ankommen, reißt sie gerade die Haustür auf, um nach meinem Wagen Ausschau zu halten.
    Cassie freut sich über Petras Anwesenheit offenbar nicht so sehr wie ich. »Was willst du denn hier?«, sagt ihr Blick, der gleiche, mit dem sie mich im Büro der Schulleiterin bedacht hatte. Dann poltert meine neue Mitbewohnerin die beiden Treppen zu ihrem Zimmer hoch, ohne ein Wort an uns zu verschwenden. Ihr Gepäck bleibt unten am Fuß der Treppe liegen. Der unordentliche Haufen aus ihrem Koffer und den Taschen bringt ihre Wut noch deutlicher zum Ausdruck als das Knallen ihrer Zimmertür.
    »Sie ist von der Schule geflogen. Jedenfalls vorübergehend«, beantworte ich Petras unausgesprochene Frage.
    »Ach nee.« Beeindruckt reißt meine Freundin die Augen auf. »Und warum? Sie sieht doch aus, als könnte sie kein Wässerchen trüben. Was hat sie denn Schreckliches angestellt, dass sie von der Schule geflogen ist? Vorübergehend jedenfalls?«
    Ich kann mein Schmunzeln nicht unterdrücken.
    »Sie hat ein Foto von einem nackten Model genommen und den Kopf einer Mitschülerin draufgesetzt. Ihr Werk hat sie dann bei Pussypinboard gepostet, mit allen Kontaktdaten und einer Preisliste.«
    Petra prustet vor Lachen. »Ach Nat, entschuldige bitte! Ist ja eigentlich gar nicht komisch.«
    »Ich hab doch genauso reagiert. Musste mich total zusammenreißen, sonst hätte ich vor Cassies Schulleiterin losgelacht. Ich bin ein spitzenmäßiges Vorbild, was?«
    »Schade, dass Cassie nicht kapiert, wie ähnlich ihr beide euch eigentlich seid. Vielleicht würdet ihr euch dann besser verstehen.«
    Ich zucke die Achseln. Ich weiß, was Petra meint, aber ich fürchte, Cas wird das niemals so sehen.
    »Komm, lass uns was essen.« Petra streckt die Hand aus und zieht mich in die Küche. Auf dem Tisch stehen eine geöffnete Weinflasche mit zwei Gläsern und ein Tablett mit belegten Broten.
    »Wenn ich gewusst hätte, dass du Cassie mitbringst, hätte ich natürlich ein Drei-Gänge-Menü für euch gekocht.« Petra zuckt die Achseln.
    »Ach was, du kochst doch nur, wenn es sich überhaupt nicht vermeiden lässt.«
    »Hast du denn Hunger? Und was ist mit Cassie?«
    Ich schüttle den Kopf. »Nein, danke, und ich glaube, Cassie lassen wir am besten eine Weile in Ruhe.«
    »Wie wär’s mit einem Glas Wein?«
    »Ja, gerne.« Zerstreut nehme ich mir ein Brot mit Schinken und Gurke und beiße ab. Erst jetzt merke ich, dass ich doch einen Bärenhunger habe. Mein Magen war den ganzen Tag so verkrampft, dass an Essen nicht zu denken war.
    »Du hast doch gesagt, du wärst gar nicht hungrig«, neckt Petra mich, als ich nach einem zweiten Brot greife, obwohl ich das erste noch gar nicht aufgegessen habe.
    »War ich auch nicht.« Ich seufze tief.
    »Alles in Ordnung?«
    »Ich weiß nicht, ich fühle mich ganz seltsam.«
    »Weil du Cassie nach so langer Zeit wiedersiehst? Ist doch klar, dass das nicht so ganz ohne ist.«
    »Hmm. Aber es ist nicht nur das. Sie sieht … sie sieht Rob so ähnlich, Petra. Das ist ein ganz komisches Gefühl.«
    »Soll ich hier übernachten?
    Dankbar sehe ich meine Freundin an. »Ja? Würdest du das tun?«
    »Na klar.« Petra nimmt mich in einen Arm, während sie mit der anderen Hand ihr Weinglas balanciert.
    Cassie kommt herein, knallt die Tür zu und beäugt uns mürrisch. Ohne Kommentar begibt sie sich zum Kühlschrank und reißt ihn so heftig auf, dass ein Ei aus der Tür fällt und auf dem Fliesenboden zerplatzt. Ohne das Malheur zu beachten, inspiziert sie den Inhalt des Kühlschranks und verzieht das Gesicht. Offensichtlich passt ihr nicht, was sie da sieht. Sie schaut sich in der Küche um, sucht nach etwas, das eher ihrem Geschmack entspricht.
    Ihr Blick bleibt an der Flasche Wein auf dem Tisch hängen. Sie dreht sich um, holt ein Glas aus dem Schrank, geht zum Tisch, greift nach der Flasche und schenkt sich ein. Ich bin hin- und hergerissen. Soll ich sie ermahnen oder um des lieben Friedens und meiner Gemütsruhe willen ein Auge zudrücken? Meine Feigheit siegt. Ich sage nichts. Und verachte mich dafür.
    Petra allerdings fackelt nicht lange.
    »Du bist erst fünfzehn.« Sie nimmt Cassie das Glas aus der Hand. »Du kannst ja jetzt schon kaum geradeaus denken. Wenn du auch noch anfängst zu trinken,
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