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Wie wollen wir leben

Wie wollen wir leben

Titel: Wie wollen wir leben
Autoren: Sandra Maischenberger
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heimlich für ihren Kabinettskollegen schäme: »Als jemand, der selbst vor einunddreißig Jahren promoviert hat und in seinem Berufsleben viele Doktoranden begleiten durfte, schäme ich mich nicht nur heimlich. «
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    Wie stehen Sie zu dem CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer?
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    Nun bringen Sie mich fast dazu, Noten zu verteilen. Ich empfand Achtung für ihn, als er 2004 als Sozialpolitiker die von der CDU und CSU präsentierten Gesundheitskompromisse heftig kritisierte und von seiner Funktion als Vizefraktionsvorsitzender zurücktrat. Das hat mir gefallen. Dann hatte er aber als bayerischer Ministerpräsident eine Phase, in der es schwer vorauszusagen war,
was er wohl zu ein und derselben Sache am Nachmittag des gleichen Tages oder am nächsten Morgen sagen würde. In der Frage des Atomausstiegs hat er sich allerdings wohl endgültig festgelegt. Leider ohne wenigstens einmal klipp und klar zu sagen, dass er sich in dieser Sache über Jahrzehnte hin geirrt hat.
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    Kommen wir noch einmal auf die Kriterien zurück. Welche hätten Ihnen geholfen, um sich zum Beispiel eine Meinung zu den Unruhen in Libyen zu bilden, um zu wissen, ob man den Rebellen in diesem Land Unterstützung zusichern sollte oder nicht? Wäre Ihnen Bündnistreue wichtiger oder das Prinzip der Nichteinmischung in innere Belange eines souveränen Staats?
    Â 
    Unter dem Gesichtspunkt des Schutzes von Menschenrechten verdienen die Rebellen Unterstützung gegen einen Diktator, der auch vor massenhaften Tötungen von Zivilpersonen nicht zurückschreckt. Diese Unterstützung hat ihnen der UN-Sicherheitsrat durch einen Beschluss über die Durchsetzung einer Flugverbotszone gewährt und damit zugleich das Völkerrecht in dieser Richtung weiterentwickelt. Dass sich die Bundesrepublik bei diesem Beschluss der Stimme enthalten und damit ihre westlichen Verbündeten brüskiert hat, ist mir unverständlich. Zu einer Mitwirkung an militärischen Maßnahmen hätte uns dieses Stimmverhalten nämlich keineswegs verpflichtet. Wir hätten vielmehr darauf verweisen können, dass unsere militärischen Möglichkeiten durch Afghanistan und weitere laufende Einsätze schon voll in Anspruch genommen sind und die Bundeswehr sich außerdem in einer Strukturreform befindet. Vielleicht hat die Enthaltung ja auch auf die damals bevorstehenden Landtagswahlen in Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz gezielt. Außerdem: Dass man militärische Hilfe für die Aufständischen in Libyen ablehnt, kurz darauf aber Panzer an die Machthabenden in Saudi-Arabien liefert, lässt sich wohl kaum unter einen Hut bringen.
    Â 
    Als Christ kann man sich wiederum die Frage stellen, ob man Leid verhindern kann, indem man neues Leid hinzufügt. Denn Bomben aus der Luft sind sicherlich ein zugefügtes Leid.

    Â 
    Dazu hat sich der Vorsitzende der Katholischen Bischofskonferenz Robert Zollitsch 2010 in einem Gastbeitrag der Frankfurter Rundschau sehr abgewogen geäußert: »Für die katholische Kirche gilt dabei, dass sie das Konzept des ›gerechten Friedens‹ in den Mittelpunkt der Friedensethik stellt. Nicht die immer auch notwendige Klärung der Legitimität von vielleicht noch hinnehmbarer Anwendung militärischer Mittel ist deren Zentrum. Vielmehr versucht sie, jene Handlungsweisen zu bestimmen, die eine Überwindung von Gewalt ermöglichen und den Frieden unterstützen. In diesem Zusammenhang kann militärischem Handeln unter gewissen Voraussetzungen eine Gewalt eindämmende und damit für eine gewisse Zeit notwendige Rolle zufallen.« Dem stimme ich zu.
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    Ich wäre gespannt zu erfahren, nach welchen Kriterien Sie eine Entscheidung in einer schweren Finanzkrise treffen? Durch verschuldete Länder wie Griechenland, Portugal oder Italien rückt sie immer wieder ins Zentrum. Nun hat etwa ein Land wie Griechenland seine »Hausaufgaben« im Sinne einer finanzpolitischen Stabilität nicht ordentlich gemacht, und in diesem Fall stehen zwei Aspekte zur Disposition. Einerseits die Solidarität im europäischen Raum, die Ihnen wichtig ist, andererseits ist die Verantwortung gegenüber nachfolgenden Generationen in Deutschland nicht zu vernachlässigen, will man ihnen doch keine Schulden in einer Höhe aufhalsen, die nicht mehr bezifferbar wäre. Wie würden Sie entscheiden?
    Â 
    Das ist in der Tat eine schwierige Abwägung. Im
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