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Wie wollen wir leben

Wie wollen wir leben

Titel: Wie wollen wir leben
Autoren: Sandra Maischenberger
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zurückgreift. Das hat man ja bei den Banken, die staatliche Hilfen erhielten, auch getan. Andererseits könnte ich mir ab einer bestimmten Millionensumme auch einen entsprechend höheren Steuersatz vorstellen. Ja, das könnte ich mir durchaus vorstellen.
    Â 
    Wie hoch? Das würde mich interessieren.

    Â 
    Da müsste ich noch mal genau das Verfassungsrecht studieren, ob es da wirklich eine Grenze gibt. Aber ich hätte gar keine Bedenken dagegen, dass ab einer Million und erst recht ab zwei Millionen dem Betreffenden nur noch 30 bis 35 Prozent verbleiben.
    Â 
    Also ein Steuersatz von 65 bis 70 Prozent?
    Â 
    Ja. Aber nicht für die Gesamteinnahme, sondern ab diesem von mir genannten Betrag. Das würde den Lebensstandard dieser Menschen in keiner Weise einschränken. Es würde dem einen oder anderen vielleicht verbieten, eine weitere Yacht oder ein weiteres Anwesen zu kaufen. Aber das ist keine Kränkung der Menschenwürde, die wird dadurch nicht berührt. Im Gegenteil, die Betroffenen könnten sogar Freude empfinden, dass sie in dieser Weise zum Gemeinwohl beitragen. In Amerika haben Microsoft-Gründer Bill Gates und der Investor Warren Buffett Milliardenbeträge für gemeinnützige Zwecke gestiftet.
    Â 
    Sie würden tatsächlich gesetzlich an Managergehälter rangehen?
    Â 
    Das würde ich mir erlauben. Wobei es natürlich sinnvoll wäre, wenn man das in der ganzen Eurozone durchsetzen könnte. Solch immense Gehälter schaffen Verbitterung. Wenn Sie das mit den Augen eines Mannes sehen, der ohne sein Zutun Arbeitslosengeld-2-Empfänger geworden ist, dann haben wir ein Beispiel dafür, wie diese gesellschaftliche Kluft Wut und Verbitterung erzeugen kann. Auch bin ich dafür – ich sagte es schon –, an den Rettungsschirmen die Gläubiger zu beteiligen, die Anleihen angeschlagener Staaten der hohen Zinsen wegen gekauft haben und so bewusst Risiken eingegangen sind.
    Â 
    Warum glauben Sie, dass die nationale Politik, in diesem Fall die der Regierung, sich mit dem Heranziehen großer Vermögen so schwertut?
    Â 
    Weil sich die FDP dem entschieden widersetzt und die Union die christliche Soziallehre nicht ernst genug nimmt. Ihre Repräsentanten sollten öfter die Schriften von Oswald von Nell-Breuning lesen und auf Norbert Blüm hören, der neulich den Oswald-von-Nell-Breuning-Preis bekommen hat.

    Â 
    Die größte Steuersenkung der letzten zwanzig Jahre, soweit ich es überblicke, kommt von der SPD, von Schröder & Co.
    Â 
    Ich würde die Vokabel »größte« streichen. Ich würde aber zugeben, dass es damals eine Steuersenkung gab, die von heute her betrachtet problematisch erscheint. Aber das gehört ja auch zur Politik, dass man sich besserer Erkenntnis folgend korrigiert.
    Â 
    Würden die von Ihnen angesprochenen Manager, Banker und internationalen Finanzmarktjongleure auf demselben Wertefundament stehen, das Sie in Ihrem privaten und beruflichen Leben für sich errichtet haben, hätten diese Personen es dann überhaupt so weit kommen lassen? Anders gefragt: Würde man es schaffen, wieder einen Teil dessen, was Ihnen an Kriterien wichtig ist, in deren Köpfe zu bekommen?
    Â 
    Sie sprechen einen ganz entscheidenden Punkt an. Es ist nicht allein mit gesetzlichen Maßnahmen getan, sondern man muss diese Leute auch als Menschen ansprechen. Man muss sie fragen: »Seid ihr mit euch wirklich im Reinen?« Und wenn Sie nach der Wertorientierung fragen, ja dann ist hier das Gebot der Nächstenliebe, ins Säkulare übersetzt, das Gebot der Solidarität bedeutsam. Darin steckt auch der Wert der Mitverantwortung, eben nicht nur für das eigene Wohlergehen, sondern ebenso für das Wohlergehen der Mitmenschen. Als Christ kann man sogar auf die berühmte Stelle bei Matthäus Kapitel 25, Vers 40 verweisen: »Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir« – also dem Herrgott – »getan«, heißt es dort. Man sollte sie auch fragen, ob sie gelegentlich daran denken, dass sie am Ende ihres Lebens in irgendeiner Form Rechenschaft abzulegen haben.
    Â 
    Da könnten Sie in Bayern anfangen. BMW-Chef Norbert Reithofer soll 2010 rund 4,3 Millionen Euro bekommen haben.
    Â 
    Das ist immerhin weniger, als andere verdienen, so etwa Herr Ackermann bei der Deutschen Bank. Hat er nicht ein Gehalt von ungefähr neun Millionen Euro?
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