Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie weiter?

Wie weiter?

Titel: Wie weiter?
Autoren: Gregor Gysi
Vom Netzwerk:
nicht antasten, Genossenschaften aber endlich fördern. Wir wollen eine funktionierende, effektive Wirtschaft, die allerdings endlich demokratisch, sozial gerechter und ökologisch nachhaltig gestaltet werden muss.
    Das Problem sind deshalb die großen, meist multinationalen Finanz- und Wirtschaftskonzerne. Deren beherrschende Rolle muss gebrochen werden.
    Es gibt sehr viele Forderungen der Linken, die von einer großen Mehrheit der Bevölkerungen geteilt werden, weil sie vernünftig und richtig sind. Aber die Wahlergebnisse sehen anders aus. Also müssen wir uns Gedanken machen, wie das Vernünftige auch zu anderen Ergebnissen führen kann.
    Das ist gewiss ein langer Prozess, wenn er denn nicht nur »demokratisch aussehen« soll, sondern es vom Wesen her auch ist. Ich werde jenen Demokratiekritikern nicht folgen, die der Meinung sind, das sich diese Herrschaftsform überholt habe. Überholt hat sich das kapitalistische Herrschaftsmodell, wie es derzeit in den westlichen Industriestaaten herrscht.

2. Zurück zum Primat der Politik
    I ch bin für die Entmachtung der Großbanken und der Großkonzerne, nicht weil manche von ihnen mehr Mittel bewegen und höhere Gewinne erwirtschaften als die meisten Staaten auf der Erde, sondern weil sie ihre finanzielle und wirtschaftliche Potenz dazu nutzen, Staaten und Staatenbündnissen ihre Vorstellungen zu diktieren. Sie nutzen den Staat als Instrument zur Durchsetzung und Sicherung ihrer und der Interessen ihrer Aktionäre. Und diese kennen nur ein Ziel: höhere Rendite, also Profit.
    Banken werden doch nicht deshalb mit Steuergeldern gerettet, um beispielsweise Arbeitsplätze in der Branche zu sichern, sondern um die durch Spekulationen erlittenen Verluste der Aktionäre auszugleichen. Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert, also auf die Allgemeinheit verteilt.
    Falsch ist die Darstellung, alles wäre eine Art Naturkatastrophe. Wenn tagelange Regengüsse die Flüsse anschwellen und Deiche brechen lassen, ist das im Wesentlichen der Natur zuzuschreiben, es ist nicht so ohne Weiteres zu verhindern. Finanz- und Wirtschaftskrisen hingegen sind ausschließlich Menschenwerk. Also subjektiv verursacht und darum auch verhinderbar.
    In den 50er Jahren erfand der Kapitalismus die sogenannten Investitionsschutzabkommen. Dies stand im kausalen Zusammenhang mit Enteignungen von Firmen und Niederlassungen in Osteuropa und in jungen Nationalstaaten. Damit sicherten (und sichern) Unternehmen ihr Eigentum im Ausland ab. Weltweit gibt es rund dreitausend Verträge dieser Art, die Bundesrepublik unterhält mit etwa 130 Staaten bilaterale Investitionsschutzabkommen. Während sich früher diese Vereinbarungen auf den Schutz bereits getätigter Investitionen beschränkten, ist man inzwischen dazu übergegangen, sich Rechte – etwa den Zugang zum dortigen Markt – bereits vor der Investition zu sichern. In dieser Hinsicht, wen überrascht es, sind die USA Vorreiter. Dagegen wehrten und wehren sich Staaten, weil sie nicht grundlos der Auffassung sind, dass ihr »regulatorischer Spielraum« unzulässig eingeschränkt werde. Um es deutlicher zu sagen: Sie sind dagegen, sich von Großbanken und Großkonzernen, die bei ihnen investieren, vorschreiben zu lassen, was sie als Staat für die Investoren zu tun oder zu unterlassen haben.
    Um den demokratischen Schein eines undemokratischen Diktats zu wahren, wurde ein internationales Schiedsgericht installiert, das im Falle von Meinungsverschiedenheiten aktiv werden soll. Dieses Gremium verhandelt allerdings nicht öffentlich, sondern hinter verschlossenen Türen. Nur das Resultat wird, wenn überhaupt, publik. Das hat mit Demokratie und Transparenz wenig zu tun.
    Der ausländische Energiekonzern Vattenfall fordert aktuell eine »Entschädigung für die Schließung der deutschen Kraftwerke und Einrichtung eines Schiedsgerichts«. Er will konkret mindestens 3,7 Milliarden Euro dafür, dass die Atomkraftwerke in Krümmel und Brunsbüttel, beide aus den 70er Jahren und längst amortisiert, stillgelegt wurden. Die Abschaltung der AKW erfolgte nach der Katastrophe von Fukushima, als in Deutschland eine Mehrheit in der Bevölkerung und im Bundestag für den Ausstieg aus der Atomenergie war und diesen auch per Gesetz beschloss.
    Der Energiekonzern Vattenfall will nun dafür mindestens 3.700.000.000 Euro haben. Diese Forderung soll mit einem Schiedsgericht durchgesetzt werden. Wie es ausschaut, wird die Bundesregierung einem solchen Verfahren zustimmen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher