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Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Titel: Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
Autoren: Alexandra Stefanie Höll
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einem haften und führte dazu, dass man Dinge tat, die man später garantiert bereuen würde – vorausgesetzt, es blieb überhaupt noch Zeit dafür. Meistens starben Vertreter seiner Branche ziemlich schnell.
    Er ging federnd in die Hocke, lockerte kurz die Hände, dann fasste er mit festem Griff an die vorstehende Kante der Fassade und ließ sich langsam hinabgleiten. Die Muskeln seiner Arme spannten sich an, als er sein gesamtes Gewicht an den Absatz hängte. Er hangelte sich nach links, bis er über dem Balkon angelangt war, und sah wieder nach unten. Noch immer ließ sich keine Menschenseele blicken, nur Musiklärm dröhnte dumpf hämmernd zu ihm herauf.
    Silas holte Luft, löste seine Hände und ließ sich die drei Meter nach unten fallen. Er rollte sich ab und verharrte in geduckter Haltung. Ein kurzer Blick nach oben ließ ihn eine Grimasse schneiden. Runter ging’s doch immer wesentlich schneller als rauf.
    Er kippte eine der antiken Tonvasen, die als Dekoration herumstanden, und brachte ein Päckchen zum Vorschein. Silas richtete sich auf, befreite das sauber gefaltete Kleidungsstück aus der wasserdichten Plastikhülle, schüttelte es aus und schlüpfte hinein. Er bewegte die Schultern, bis das sandfarbene Sakko korrekt saß, dann pflügte er sich mit beiden Händen durch die Haare. Ein knapper Handgriff an der Schiebetür, schon stand er im dunklen Arbeitszimmer des Gastgebers. Unbekümmert durchquerte er den klimatisierten Raum und trat an die edle Mahagonitür. Er gab sich keine Mühe, leise zu sein. Selbst wenn er eine der Vitrinen umgestoßen hätte, wäre das Klirren noch locker im Geräuschpegel von nebenan untergegangen.
    Schwungvoll öffnete er die Tür und trat mit frechem Selbstverständnis in den dezent beleuchteten Gang. Er hatte Glück. Niemand war zu sehen, als er lässigen Schrittes in Richtung Toilette steuerte. Zwei ältere Männer kamen heraus und hielten ihm die Tür auf. Silas nickte ihnen zu, ehe er den Raum betrat. Ein kurzer Blick in den Spiegel überzeugte ihn, dass er haargenau so aussah wie vor seinem kleinen Ausflug. Kein Steinstaub, keine Kratzer, kein Blut. Alles saß perfekt.
    Niemandem würde auffallen, dass einer der fast achtzig Gäste für dreiundzwanzig Minuten verschwunden war. Genauso wenig wie jemand bemerkt hatte, dass Silas ohne Einladung auf der Party erschienen war.
    Zufrieden lächelnd wusch er sich die Hände und spritzte sich etwas Wasser ins Gesicht. Bis die eingeschmuggelten Bandschleifen in den Überwachungsgeräten des Party-Appartements abliefen, würden noch über zwei Stunden vergehen. Zu diesem Zeitpunkt war er längst verschwunden und den Aufzeichnungen der Kameras zufolge auch nie da gewesen. Nicht einmal dem gewissenhaftesten Wachmann würde auffallen, dass sich auf den Überwachungsbildschirmen noch einmal die gestrige Party abspulte. Schon toll, was man mit technischen Tricks alles machen konnte. Ungezwungen mischte sich Silas wieder unter die Gäste.
    Es dauerte nicht lang, bis sich eine hübsche Blondine bei ihm einhängte.
    »Aber hallo. Sie habe ich ja noch gar nicht gesehen«, säuselte sie mit verführerischem Tonfall und anerkennendem Blick, dabei lehnte sie sich ungeniert gegen ihn.
    Silas ließ seine Zähne aufblitzen. »Ich hatte einen dringenden Anruf. Aber wenn ich gewusst hätte, dass Sie auf mich warten, wäre ich nicht drangegangen«, schmeichelte er.
    Als er mit einem heißen Blick belohnt wurde, seufzte er innerlich. Er musste noch mindestens eine Stunde lang bleiben, damit sein Aufbruch von der Party nicht in zeitlichen Zusammenhang mit den Ereignissen in der Penthouse-Wohnung gebracht werden konnte. Um Lombardi machte er sich keine Sorgen. Dessen Männer würden vor morgen früh nicht versuchen, ihn zu erreichen.
    Eine Stunde, dachte er. Bis dahin musste er die Lady an seinem Arm charmant wieder losgeworden sein. Als ihr Begleiter die Party zu verlassen, wäre zwar die perfekte Tarnung gewesen, aber er hatte keine Lust auf ein sexuelles Intermezzo. Außerdem hatte er das untrügliche Gefühl, dass die Blondine mehr wollte als einen belanglosen One-Night-Stand. Was anderes war bei ihm leider nicht drin. Auf etwas Längerfristiges ließ er sich generell nicht ein. Beziehungen passten weder zu ihm noch zu dem Leben, das er führte. Deshalb ging er jeder möglichen emotionalen Verwicklung bereits im Ansatz aus dem Weg.
    Er beugte den Kopf tiefer und hörte der jungen Frau aufmerksam zu, jedoch nicht, ohne gleichzeitig die Umgebung
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