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Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Titel: Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
Autoren: Alexandra Stefanie Höll
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Fahrstuhls öffneten sich mit dezentem Klingeln und gaben den Blick auf sein Wohnzimmer frei. Giovanni schaltete das Licht per Sprachkennung ein, schälte seinen Mantel von den Schultern und fuhr sich durchs Haar. Wenigstens einen lukrativen Erfolg konnte er heute verbuchen – wenn schon der Rest schieflief. Das besserte seine Laune minimal. Er dachte an die Viertelmillion, die ein Kunde für die Beschaffung einer vierzehnjährigen Thailänderin geboten hatte. Kein schlechtes Geschäft. Er würde Tran Phuc Bescheid geben, eine zu besorgen. Deutlich beschwingter wandte er sich in Richtung Barschrank.
    Als sein Blick den Ledersessel vor der Glasfront des Raumes streifte, blieb er abrupt stehen.
    Ein Mann saß darin. Unbewegt, ein Fußgelenk locker aufs andere Knie gelegt, blickte er Giovanni an. Ganz in Schwarz gekleidet verschmolz er fast mit dem dunklen Leder, was erklärte, weshalb Giovanni ihn nicht eher bemerkt hatte. Er verkniff den Mund. Verdammt noch mal, was machte dieser Typ in seinem Penthouse?
    Er hätte seinen Ferrari darauf verwettet, dass er den Besucher nie zuvor gesehen hatte. Trotzdem wirkte der Mann vollkommen entspannt, gerade so, als wäre er hier zu Hause und nicht Giovanni. Einzig die matt schimmernde Waffe, die mit der Gelassenheit jahrelanger Erfahrung in seiner Hand lag, störte das legere Bild. Die gegensätzliche Wirkung war regelrecht unheimlich.
    »Wie zur Hölle sind Sie hier hereingekommen?« Giovannis Stimme klang weit weniger barsch, als er sich gewünscht hätte. Irgendwie war ihm die Sache nicht geheuer. Er wusste zwar nicht, wer der Fremde war, aber eines wusste er genau: Der Kerl war ein Profi. Die schlaksige Körperhaltung täuschte keine Sekunde über die Schnelligkeit hinweg, die der drahtige, junge Mann zweifellos besaß.
    Der Killer reagierte auf die geschockte Frage wenig beeindruckt. Lediglich seine Mundwinkel hoben sich süffisant. Ein Lächeln, das die silbergrauen Augen des hageren Gesichts nicht einmal annähernd erreichte.
    Giovanni prickelte plötzlich ein ungewohntes Gefühl im Nacken. Angst. Tatsächlich, er hatte Angst. Er konnte sich nicht erinnern, wann er das letzte Mal so etwas wie Angst verspürt hatte. In den langen Jahren seiner Geschäfte im Mädchenhandel waren ihm schon viele Widersacher begegnet. So viele, dass er irgendwann aufgehört hatte, zu zählen. Er hatte sie alle über die Klinge springen lassen. Einen nach dem anderen. Keiner konnte ihm das Wasser reichen, keiner war schneller, rücksichtsloser oder gerissener als er. Keiner – bis jetzt. Der Mann im Sessel hatte augenscheinlich das Zeug, dieser Erfolgsgeschichte ein Ende zu bereiten. Er strahlte eine emotionslose Ruhe aus, die selbst einem Giovanni Lombardi bisher noch nie untergekommen war. Was das hieß, lag auf der Hand. Es gab keinen Zweifel, weshalb der Fremde in seinem Wohnzimmer saß. Sicher nicht, um mit ihm über das Wetter zu plaudern …
    Giovanni hatte geahnt, dass sein polnischer Intimfeind Rasnik ihm einen Killer auf den Hals hetzen würde und die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Er hatte keine Kosten und Mühen gescheut, die ausgefeilteste Technik an Alarm und Überwachungsgeräten einbauen zu lassen – völlig vergebens, wie sein nächtlicher Besucher demonstrativ bewies.
    Giovanni presste die Lippen zusammen. In seine Privatsphäre einzudringen war bisher noch keinem gelungen – und es würde normalerweise auch keinem gelingen, höchstens vielleicht diesem Schattentypen, diesem Magier. Der Killer war bekannt dafür, in jedes Gebäude, in jedes Versteck vordringen zu können. Seine Zielperson hätte sich im Untergeschoss der Area 51 verstecken können, das Ergebnis wäre dasselbe gewesen.
    Giovanni stutzte, als ihm plötzlich klar wurde, dass er gerade auf die einzig logische Erklärung gestoßen war, weshalb dieser Mann unbehelligt in seiner Wohnung saß. Er war der Magier. Kalter Schweiß brach ihm aus. Nur zu gut begriff er, was das zu bedeuten hatte. Er stand seinem leibhaftigen Tod gegenüber. Falls nicht irgendein absurdes Wunder geschah, würde er sterben. Dem Magier entkam man nicht.
    Es gab niemanden in den einschlägigen Kreisen, der nicht schon einmal von dem geheimnisvollen Killer gehört hatte, genauso wie es niemanden gab, der wusste, wer er war oder wie er aussah, zumindest niemanden, der noch lange genug gelebt hatte, um diese Information weiterzugeben. Keine der Zielpersonen, die auf der Liste dieses Mannes standen, hatte überlebt. Giovanni wusste
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