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Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Titel: Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
Autoren: Alexandra Stefanie Höll
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das deshalb so genau, weil er selbst den Magier vor einigen Jahren anonym mit drei Aufträgen kontaktiert hatte. Damals war er beeindruckt gewesen, von der Präzision dieses Mannes. Jetzt saß der Killer in seinem Wohnzimmer und Giovanni war der Auftrag. Makabrer ging es fast nicht. Wäre die Situation nicht so fatal ernst, hätte er darüber gelacht.
    Fassungslos musterte er den jungen Mann. Eigentlich hatte er sich den Magier immer ganz anders vorgestellt. Viel älter und nicht so smart. Er schätzte seinen Gegner auf Anfang dreißig. Der schlanke, durchtrainierte Körper zeugte von Kraft und Disziplin. Zerzauste schwarze Haare, kombiniert mit dem zugegeben äußerst attraktiven Gesicht, verliehen ihm fast eine jungenhafte Ausstrahlung … wären da nicht diese grauen Polaraugen. Mit Abstand das Kälteste, was Giovanni je gesehen hatte. Es gab keinerlei Zweifel. Der junge Modeltyp würde ihn ohne mit der Wimper zu zucken abknallen.
    Fieberhaft überlegte er, wie er Zeit gewinnen konnte. Giovanni schluckte, trotzdem brachte er nur ein trockenes Krächzen zustande. »Wer hat Sie geschickt? Es war Rasnik, oder?«
    Sein Gegenüber hob eine schwarze Augenbraue, machte aber immer noch keine Anstalten, zu antworten.
    »Was er Ihnen auch bezahlt hat – ich verdopple den Betrag.«
    »Das spielt keine Rolle«, erwiderte der Magier sanft, fast freundlich. Er drehte mit einer ruhigen Bewegung die Hand und drückte ab.
     
     
     
    Giovanni Lombardi traf auf dem teuren Aubussonteppich auf, noch ehe er den zu einem unausgestoßenen Schrei aufgerissenen Mund wieder geschlossen hatte.
    Silas stand auf und betrachtete den Mädchenhändler.
    Wieder eine Kakerlake weniger. Wie er es hasste, mit welchem Prunk sich Menschen wie Giovanni Lombardi umgaben, bezahlt von dem Blutgeld, das ihnen ihre schmutzigen Geschäfte einbrachten. Er bückte sich und fischte Lombardis Schlüsselbund aus dessen Hosentasche.
    Silas konnte nicht gerade behaupten, dass es ihm etwas ausmachte, solche Typen aus dem Weg zu räumen. Je weniger es von der Sorte gab, desto besser. Er steckte die Waffe ins Halfter an seiner Wade zurück und ließ den Stoff der Hose darüberfallen. Ohne Lombardi weiter zu beachten, sah er auf seine Armbanduhr, dann ging er lautlos in Richtung Flur – und zwar so, dass die Überwachungskameras der Wohnung ihn nicht erfassen konnten. Giovannis Männer würden sich die Haare raufen, wenn sie dahinterkamen, dass auf den Bändern nur unbrauchbare Einstellungen des Eingangsbereichs zu sehen waren. Er hatte ein wenig an der Anlagensteuerung herumgespielt und jetzt zeigten die Hightech-Linsen eine gestochen scharfe Aufnahme des teuren Blumenbouquets neben der Garderobe. Er entsicherte die Alarmanlage und öffnete die Fahrstuhltüren, um den Schlüssel hineinzustecken, sodass der Aufzug ungehindert genutzt werden konnte. Zwangsläufig würden Lombardis Männer nie darauf kommen, wer ihren Chef aus dem Verkehr gezogen hatte und wie.
    Silas durchquerte erneut den Wohnraum und öffnete grinsend die Balkontür. Er schlüpfte hindurch, bevor er sie sorgfältig wieder einrasten ließ.
    Lauer Sommerwind begrüßte ihn und zerzauste seine Haare. Hamburgs Lichter glitzerten in der klaren Nacht wie ein millionenschweres Diamantcollier, aber er beachtete die fantastische Aussicht kaum. Stattdessen streifte er die dünnen Gummihandschuhe ab und verstaute sie ebenfalls im Halfter. Ruhig trat er an das massive Steingeländer, krempelte sein Hemd über den Handgelenken zurück und legte die Finger auf den angenehm warmen Stein. Die letzten Maitage hatten einen Hauch des nahenden Sommers mit sich gebracht und das kalte Gestein aufgeheizt.
    Ein schneller Blick über die Brüstung bestätigte ihm, was er bereits wusste. Die Party im Appartement unter ihm war inzwischen in vollem Gange und wie erwartet befand sich niemand auf dem hinteren Seitenbalkon, der von der Fensterfront des Partyraumes aus nicht einzusehen war.
    Behände schwang er sich am Rand des Balkons über das Geländer und balancierte über die schmale Brüstung an der Hauswand entlang. Er musste knapp sechs Meter zurücklegen, bis er an deren Ende angelangt war. Dass ihn nur ein winziger Schritt vom Sturz in die Tiefe trennte, kümmerte ihn wenig. Der Tod war ohnehin sein ständiger Begleiter, er hatte keine Angst vor dem Sterben. Wahrscheinlich lag darin auch der Grund, warum er in seinem Job so effektiv arbeitete. Angst war wie Kaugummi. Ließ man sie erst an sich heran, blieb sie an
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