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Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition)

Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition)

Titel: Wie viel ist genug?: Vom Wachstumswahn zu einer Ökonomie des guten Lebens. (German Edition)
Autoren: Robert Skidelsky , Edward Skidelsky
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Basisgüter – Quantitäten, von denen man annimmt, dass sie mit ihnen steigen undfallen. Die Ergebnisse solcher Messungen sind entmutigend. In Großbritannien hat sich das Pro-Kopf-Einkommen seit 1974 mehr als verdoppelt. Doch soweit wir es beurteilen können, sind die Basisgüter in dieser Zeit überhaupt nicht gewachsen, eher haben sie abgenommen. Andere wohlhabende Länder zeigen ein stärker gemischtes Bild.
    Gesundheit.
Die durchschnittliche Lebenserwartung ist in Großbritannien von 1974 bis 2009 um etwas mehr als sieben Jahre gestiegen. Doch dieser Anstieg hat wenig mit dem Wachstum zu tun. In fast allen Ländern ist in diesem Zeitraum die Lebenserwartung gestiegen, hauptsächlich infolge von Fortschritten der Medizin und Verbesserungen der Infrastruktur.[ 37 ] China und Brasilien hinken dem Westen nur noch um sechs bis sieben Jahre hinterher, und Kuba, eines der ärmsten Länder der Welt, rühmt sich einer Lebenserwartung, die genauso hoch ist wie in den USA. Außerdem ist allein die Länge des Lebens ein schlechter Indikator für Gesundheit, denn die
Länge
sagt nichts über die Qualität. »Lebensqualität ist sicherlich nicht in Jahren messbar«, schrieb der 86-jährige James Lovelock, »sondern in der Intensität der Freude und den fruchtbaren Konsequenzen der Existenz.«[ 38 ]
    Es kann sogar sein, dass Überfluss in mancher Hinsicht der Gesundheit schadet. In Großbritannien hat die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Alkohol seit den 1990er-Jahren stark zugenommen, aber nicht in anderen reichen Ländern (siehe Schaubild 9). Die Zahl der fettleibigen Menschen hat sich in Europa seit den 1980er-Jahren verdreifacht, selbst in Ländern mit traditionell niedrigen Raten (siehe Schaubild 10).[ 39 ] Die Zahl der Medikamentenverschreibungen wegen Depressionen ist ebenfalls gestiegen, was allerdings nicht unbedingt eine Zunahme der Depressionen widerspiegeln muss.[ 40 ] Der Stress am Arbeitsplatz ist seit 1992 größer geworden, vor allem für Frauen.[ 41 ] Im historischen Vergleich sind wir nach wie vor außerordentlich gesund, aber die alte Gewissheit, dass das auch so bleiben wird, schwindet. Womöglich werden die Wohlstandskrankheiten bald die Armutskrankheiten in den Schatten stellen.
    9. Todesfälle im Zusammenhang mit Alkohol in Großbritannien

    Quelle: Global Information System on Alcohol and Health (GISAH) der WHO.
    Sicherheit.
Vollbeschäftigung wurde als Ziel der makroökonomischen Politik in der Ära von Reagan und Thatcher aufgegeben, und dabei blieb es dann. In Großbritannien kletterte die Arbeitslosigkeit 1980 erstmals über die Marke von 5 Prozent, seither ist sie nicht mehr darunter gefallen; in Rezessionsphasen erreichte sie sogar 10 Prozent und mehr. Ein ähnliches Muster sehen wir in allen OECD-Staaten, wie Schaubild 11 zeigt. In Großbritannien und den USA wurden unbefristete Arbeitsverträge zunehmend durch befristete oder sonstige prekäre Arbeitsverhältnisse ersetzt. Die Zeit, die jemand in einem bestimmten Arbeitsverhältnis verbrachte, sank bei britischen Männern von 1975 bis 1995 um 20 Prozent. (Bei den Frauen war der Rückgang weniger signifikant, vor allem weil sie heute seltener wegen Kindern aus einem Arbeitsverhältnis ausscheiden.)[ 42 ] Gleichzeitig gab es einen deutlichen Anstieg bei befristeten Arbeitsverhältnissen, insbesondereLeiharbeitern; ihre Zahl hat sich seit 1992 verdoppelt.[ 43 ] Diese Trends haben zum Teil strukturelle Ursachen – eine Folge des anhaltenden Abbaus von Arbeitsplätzen im produzierenden Gewerbe und einer Zunahme von Jobs im Dienstleistungsbereich –, aber die Politik hat sie noch verstärkt. Sicherheit galt als etwas, das man legitimerweise dem höheren Gut Wachstum opfern konnte, nicht als ein menschliches Grundbedürfnis.
    10. Fettleibigkeit in Großbritannien

    Quelle: Daten der WHO zum BMI.
    Respekt.
In den meisten westlichen Ländern ist das größte Hindernis für gegenseitigen Respekt die Tatsache, dass sich seit Anfang der 1970er-Jahre eine permanente Unterschicht gebildet hat.[ ****** ] »Prolls«und »Assis« waren früher noch durch einen Rest von christlichem und sozialdemokratischem Empfinden geschützt, heute werden sie in Presse und Fernsehen hemmungslos verunglimpft. Ein weiteres Hindernis für gegenseitigen Respekt ist übermäßige Ungleichheit. Sie zerstört den Respekt nicht nur gegenüber denen ganz unten, sondern auch gegenüber denen ganz oben, vor allem wenn ihre Vorteile unverdient erscheinen. In den meisten
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