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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch?
Autoren: Thomas Fricke
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Gold – absichern und decken zu lassen. Stichwort: Vollgeld. Wobei die Fantasie da gelegentlich in den umgekehrten Irrsinn führt. Viel spricht dafür, dass eine Wirtschaft zum Fortschritt schon dringend Möglichkeiten braucht, Kredite selbst zu schaffen, was bei allzu rigider (Gold-)Deckung nicht mehr ginge – aus dem Geld, was schon da ist, kann ja nicht mehr entstehen, als schon da ist. Da fehlt die Dynamik. Da kann frei nach Schumpeter auch nichts wachsen.
    Der beschriebene Mix aus starken Korrekturen an der Eigenlogik des Finanzsystems würde reichen, um die Welt ziemlich krisenfest zu machen – und den Irrsinn zu beenden, der vor 30 Jahren begonnenwurde. Dann bliebe auf dem Großteil der sensibelsten Märkte gar keine Möglichkeit mehr, Herdentriebe spekulativ zu verstärken und so mehr Unsicherheit als Stabilität zu produzieren. Dann würden Geldtransfers wieder darauf reduziert, reale Geschäfte zu finanzieren und Kredite für viel versprechende Investitionen in sauberere Autos, bessere Medikamente, schnellere Züge, klimaneutrale Häuser und zuverlässigere Maschinen zu vergeben. Dann wäre die Bank wieder das, was eine Bank sein soll. So viel Bank braucht der Mensch.
    ***
    Vielleicht werden sich unsere Kinder mal wundern, in was für einer verrückten Welt wir groß wurden. Dass wir so lang hingenommen haben, wie irgendwelche Finanzingenieure per Mausklick Milliarden mal von hier nach da schoben, um sie ein paar Minuten später wieder von da nach hier zu klicken – und dafür so viel Geld bekamen, wie andere in einem Jahr verdienen. Vielleicht werden sie sich auch wundern, wie wir damit gelebt haben, dass uns U-30-Fondsmanager großspurig erklärt haben, was unsere Regierung zu machen hat – um kurz darauf das Gegenteil zu erklären. Und dass es immer geheißen hat, wir dürften dies und das nicht machen, weil sonst »die Märkte« reagieren. Und unsere Bundestagsabgeordneten oft aus den Ferien zurückkommen mussten, um schnell Milliardenhilfen zu beschließen, weil sonst angeblich der Bankenmarkt ausgetrocknet wäre. Grotesk, nicht? Wen kümmert es, wenn sich Bäcker gegenseitig keine Brötchen mehr geben?
    Wenn uns in den nächsten Jahren der große Ausstieg aus drei Jahrzehnten Finanzirrsinn gelingt und gleichzeitig die Umleitung von Ressourcen, um unser Klima zu retten, dann könnte das eine viel bessere (Finanz-)Welt mit sich bringen, als wir uns das nach all den irren Banken- und Finanzkrisen- und Ungleichheits- und Schuldenjahren vorstellen können. Unvorstellbar? Warten Sie’s ab.
    ***
    März 2023. Vor drei Tagen ist auch die letzte große Bank aus der Frankfurter City weggezogen, aus diesen Türmen, deren verglaste Fronten dafür standen, wie reich und wichtig die Geldhäuser malwaren. Wie bei vielen anderen, die auszogen, wird die Zentrale jetzt in einem soliden Fertigbau am Stadtrand geführt. Der Vorstand wirbt seit Kurzem, dass keine andere Bank so sehr dafür stehe, das Geld für die Menschen zur Verfügung zu stellen und nur wirklich ehrenwerteste Geschäftsideen zu finanzieren. In der neuen Eingangshalle steht jetzt der Schriftzug »Wir dienen«. Und die Mitarbeiter müssen morgens kurz davor innehalten und vor dem Hauspsychologen die schlimmsten Krisen ihrer Vorfahren aufzählen. Das hilft. Schützt davor, auf dumme Ideen zu kommen.
    Manche Bank hat sich jetzt darauf spezialisiert, dass, sagen wir, der Mittelständler aus Ostwestfalen, der seine Maschine in den Süden von Kenia verkaufen will, dieses Geschäft auch finanziell abgewickelt bekommt. Nicht mehr ganz so spektakulär wie früher, aber auch ganz schön exotisch. Und solide. Man muss halt mit der Zeit gehen. Da lernt der Investmentbanker jetzt halt Swahili.
    Einmal im Jahr gibt es auch den Bankentag noch, auf den sich alle immer freuen. Und der jetzt abwechselnd in der Stadthalle von Schwäbisch-Hall, Herne und Kassel stattfindet. Da kommt manchmal sogar der Staatssekretär aus dem Wirtschaftsministerium und spricht eine Grußbotschaft. Worüber der Redakteur vom Handelsblatt dann auch ganz ordentlich in einem Artikel auf der wöchentlichen Finanzseite berichtet. Wie ganz früher, als es noch nicht so aufgeregte Chefredakteure gab.
    Verflogen ist das Flair, das die Banker mal umgab, als in den Schalterräumen feiner Teppich lag, nicht schnöde Meterware wie früher beim Maschinenbauer in Wanne-Eickel, als in den Foyers der Geldmacher gern mal Weltkünstler ihre Ambientausstellung gaben. Heute spielen auf dem Bankentag auch
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