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Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Wie Viel Bank Braucht der Mensch?

Titel: Wie Viel Bank Braucht der Mensch?
Autoren: Thomas Fricke
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historischen Präzedenzdramen erneut sich selbst überlassen zu haben. Weil uns geschichtsvergessene Ökonomiegelehrte das einst als Himmel auf Erden versprachen und bis zum Knall von 2007 noch predigten, teils noch danach. Selten ist eine wirtschaftspolitische Großidee so krachend und folgenschwer gescheitert wie dieses Montagsauto der Wirtschaftswissenschaft. Nicht weil es ein paar schwarze Schafe gibt und Banker per se unmoralisch sind. Quatsch. Sondern weilsich die Urannahme als Unsinn erwiesen hat, wonach es in der schönen Bankenwelt immer weise Spekulanten gibt, die das System vor dem Kollaps schützen – indem sie ungute Trends aus eigenem Interesse stoppen. Schön wär’s.
    Die vergangenen drei Jahrzehnte liefern einen ganzen Belegstreifen dafür, wie unkontrollierte Finanzakteure in Wirklichkeit ganz menschlich und überfordert mit der tollen neuen Geldwelt zu immer absurderen Wellen aus Euphorie und Panik tendieren – was nicht schlimm zu sein schien, solange es den Wohlstand aller anderen nicht gefährdete. Jetzt muss der Rest für die atemberaubenden Dauerschäden zahlen – ob mit höheren Schuldenlasten, mehr Arbeitslosigkeit oder weniger Wirtschaftswachstum. Höchste Zeit, den Unsinn zu stoppen.
    Die Welt ist heute unendlich viel instabiler als in der Zeit, bevor Ronald Reagan und Margaret Thatcher das Märchen von der schönen Geldmehrung vortrugen. Seitdem folgt fast im Jahresrhythmus eine Finanzkrise der anderen. Ökonomen haben es aufgegeben, Devisen- und Rohstoffkurse zu prognostizieren, weil das gagaeske Auf und Ab vor lauter Herdentrieben und Psychowellen gar nicht mehr vorsehbar ist, geschweige denn fundamental erklärbar. Die Vermögensillusion hat eine gigantische Schuldenwelle mit sich gebracht – weil jeder Vermögensanstieg auch jemanden braucht, der die Verbindlichkeit trägt. Und Einkommen und Vermögen sind nie so dramatisch auseinander gedriftet wie in dieser Zeit, in der dank Volksaktie angeblich alle reich werden sollten. Jetzt haben gerade Amerikaner und Briten – die Vorreiter von Finanzsause und Ungleichheit – auffällig höhere Krankheitsraten, mehr Schulabbrecher, Teenagergeburten und Tötungsdelikte. Ein absurd hoher Preis für ein furchtbar schlechtes intellektuelles Experiment – für eine Idee, die im vergangenen Jahrhundert schon einmal brutal gescheitert ist. Als die Welt schon einmal zu spüren bekam, welcher Unsinn herauskommt, wenn Banken zu frei und mächtig werden. Und Roosevelt den Irrsinn im März 1933 zurückzudrehen begann – ziemlich genau vor 80 Jahren.
    All das lässt sich nicht beheben, indem es ein bisschen strengere Gesetze gibt oder Banken etwas mehr Eigenkapital vorhalten müssen.Da reicht es auch nicht, das Bankengeschäft zu trennen, wie es Bundesregierung wie Opposition jetzt gleichsam im Wahlkampf als Wundermittel preisen. Das kann die Folgeschäden von Krisen beheben. Das ändert aber an der Logik nichts, die zu den Krisen führt. Da reicht es auch nicht, kuriose Dinge wie Bankentestamente zu propagieren, wie es in Mode scheint. Was Politiker jetzt heiß als Reformen handeln, wird das Entstehen künftiger Finanzkrisen nicht verhindern.
    Wer Boni nur irgendwie begrenzen will, kuriert an Symptomen, nicht daran, was überhaupt erst ermöglicht hat, dass die Bankenwelt solch unfassbare Summen herbeizaubern kann. Das kommt eher daher, dass sich Finanzjongleure mit virtuellen Vermögenswerten gegenseitig prozyklisch in immer höhere Sphären spekulieren können. Was kein Brötchen- oder Autohändler könnte, weil beide reale Produkte vorzulegen haben.
    Wenn Regulierer und Regierende an dieser Logik nicht fundamental etwas ändern, wird es nur eine Frage der Zeit sein, wann das nächste Desaster kommt, die nächste gigantische Krise, aus der auch die Deutschen dann womöglich nicht mehr so glimpflich rauskommen. Dann wird auffliegen, wie sehr die Banken immer noch voneinander abhängen. Wie sehr die Menschen dazu neigen, vergangene Krisen zu vergessen – und sich in die nächste Zauberblase zu stürzen. Weil diesmal angeblich alles anders ist. Solange Finanzmärkte so funktionieren, dass es bei steigenden Kursen lohnt einzusteigen, weil die Kurse dann weiter steigen – und es eben, anders als versprochen, keine rasch korrigierende Spekulation gibt –, wird es auch den nächsten Crash geben. Und der käme in einer Zeit, in der die Staaten schon Staatsschulden mit sich tragen, wie es sie sonst in Kriegszeiten gab – weil sie erst vor Kurzem so
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