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Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)

Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)

Titel: Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)
Autoren: Shelle Sumners
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»Wie lange sollte ich mir geben, was meinst du?«
    »Hm, keine Ahnung.« Wie alt konnte er sein? Neunzehn? »Vielleicht solltest du erst mal aufs College gehen.«
    »Hab ich schon probiert, aber das war nichts für mich.«
    »Ach? Wo warst du denn?«
    »An einem ganz normalen. Ein Jahr. Länger habe ich es nicht ausgehalten.«
    »Na ja – vielleicht war es einfach nicht das richtige College?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, das ist irgendwie nichts für mich. Im Moment zumindest nicht.«
    Wir erreichten die Ecke der Amsterdam Avenue und überquerten die Straße. Für mich war es unvorstellbar, ein so hohes Risiko einzugehen und ohne Ausbildung nach Manhattan zu ziehen.
    »Ich wünsche dir jedenfalls viel Erfolg«, sagte ich. »Du bist wirklich sehr talentiert.«
    »Danke.«
    »Du solltest dir vielleicht ein bisschen Zeit geben.«
    »Ich habe an etwa fünf Jahre gedacht.«
    »Gute Idee!« Das beruhigte mich ein wenig. »Dann bist du immer noch jung genug, um zurück aufs College zu gehen.«
    »Oh, so jung nun auch nicht mehr!«, lachte er. »Ich bin achtundzwanzig.«
    Achtundzwanzig? Er konnte unmöglich in meinem Alter sein, mit diesen knabenhaften Gesichtszügen. »Dann sind wir gleich alt«, bemerkte ich. »Irgendwie habe ich dich wesentlich jünger geschätzt.«
    »Wirklich?«, fragte er. »Ich habe mir gleich gedacht, dass wir ungefähr im selben Alter sind, du vielleicht etwas jünger als ich. Wann hast du Geburtstag?«
    Es stellte sich heraus, dass er älter war. Ungefähr zwei Monate.
    Als wir den Broadway erreicht hatten, nahm er mich an der Hand und zog mich über die Straße, noch bevor die Ampel auf Grün sprang. In der Mitte mussten wir uns mit einem Sprint zur nächsten Ecke vor einem mörderischen Taxifahrer retten. Die Chancen, dass Tyler Wilkie auch nur die nächsten fünf Tage überleben würde, standen nicht gut. Fünf Jahre würde er auf diese Weise jedenfalls nicht überstehen.
    Ich wohnte nur ein paar Häuser weiter. »Von hier aus kann ich wirklich alleine gehen. Hab vielen Dank.«
    »Wie du willst«, sagte er, blies in seine hohlen Hände und schlug den Jackenkragen hoch.
    »Wo wohnst du denn?«, fragte ich.
    »An der 47th, zwischen der Neunten und der Zehnten.«
    »Dann kannst du gleich da drüben in die U-Bahn einsteigen«, sagte ich und zeigte zur Haltestelle auf der anderen Straßenseite.
    »Aha, danke. Tschüs, Grace.« Er beugte sich zu mir herunter. Automatisch wich ich aus, und der Kuss, den er mir wahrscheinlich auf die Wange drücken wollte, landete peinlicherweise auf meiner Nasenspitze. Wir mussten beide lachen.
    »Mach’s gut. Vielen Dank fürs Nachhausebringen.« Ich überquerte die 79th.
    Ein paar Häuser weiter blickte ich zurück. Er war am U-Bahn-Eingang vorbeigelaufen und eilte jetzt den Broadway hinunter, den Kopf gesenkt, die Hände unter die Achseln geklemmt.

    Steven saß auf dem Sofa, und die DVD von Matrix lief. Vermutlich hatte er einen harten Tag hinter sich. Er sah Matrix aus denselben Gründen, aus denen ich mir immer mal wieder Chocolat ansah.
    »Seit wann bist du zu Hause?«, fragte ich und schlüpfte aus meinem Mantel.
    »Seit ein paar Stunden.«
    Steven ist ein Mann wie ein Bär. Ein Meter fünfundneunzig. Kräftig. Sanft, mit freundlichen blauen Augen.
    Ich hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und ging zu Bett. Ich wollte ihn nicht mitten in der »Ich kann Kung-fu!«-Szene stören, die ihn hoffentlich wieder mal seinen ganzen Frust vergessen ließ.

    In den nächsten Tagen wartete ich jeden Morgen auf das Bellen von Bismarck und Blitzen und trödelte sogar noch zehn Minuten herum, bevor ich zur Arbeit ging. Dieser Nasenkuss war einfach zu peinlich.
    Als ich am Freitagmorgen zur Tür hinaustrat, stolperte ich über einen Gegenstand auf unserer Fußmatte. Es war mein Regenschirm, an dem mit einem Gummiband eine einzelne rosafarbene Gerbera befestigt war. Unter dem Schirm lag ein gefaltetes Blatt Notizbuchpapier. Die Rechtschreibung war fragwürdig, aber der Inhalt sehr nett.
Grace!
Hier ist dein Schirm. Nett von dir, das du ihn mir gelihen hast! Es tut gut, wenigstens von einem in dieser Stadt wie ein menschliches Wehsen behandelt zu werden. Ich habe jetzt noch einen anderen Job, nicht nur Hundesiter. Wenn du Zeit hast, komm doch mal ins Cafe Sofiya und ich geb dir einen Cappechino aus!
Liebe Grüße,
Tyler Graham Wilkie
Handy 5702439134
    Ich faltete den Brief wieder zusammen, grub Lolita aus der Großen Grünen und schob das Blatt zwischen die
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