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Wie Samt auf meiner Haut

Wie Samt auf meiner Haut

Titel: Wie Samt auf meiner Haut
Autoren: Kat Martin
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Haus herrschte, dem Geruch muffiger, verschlossener
Räume, dem Gestank billiger Talgkerzen.
    Gottlob
dauerte es nicht mehr lange. Sie brauchte nur noch zwei Wochen so zu tun als
ob.
    Jason Sinclair lief vor dem Marmorkamin
mit dem fast heruntergebrannten Feuer auf und ab, so erregt, daß die weißen
Spitzenmanschetten seiner langen Hemdsärmel bei jeder Armbewegung
seine Finger streiften. Er war immer schon groß gewesen, breitschultrig und schmalhüftig,
aber erst die Schwerarbeit der letzten acht Jahre hatte den schlaksigen
Jüngling zu einem muskulösen, stahlharten Mann werden lassen.
    Er wandte
sich seinem Gesprächspartner zu. »Bei Gott, Lucien, wir haben den Schuft fast
in die Knie gezwungen. Jetzt dürfen wir ihm nicht womöglich noch den Sieg
überlassen.«
    Lucien
Montaine, Marquis of Litchfield, lehnte sich in seinem Gobelin-Sessel zurück.
»Mir ist klar, daß diese Nachricht nicht das ist, was du gern hören möchtest,
mein Freund, aber wenn du zu lange über der Sache brütest, wird es dich auch
nicht weiterbringen. Es mag vielleicht noch einige Zeit dauern, aber früher
oder später werden wir einen anderen Weg finden, um deinen Bruder zu treffen.
Ein Leopard wird seine Flecken nicht los, und ein Schakal wie Avery läßt nicht
von seinen Lastern ab.«
    Jason trat
auf seinen Freund zu, den einzigen Menschen, der in der Hölle der letzten acht
Jahre zu ihm gehalten hatte. »Lucien, ich habe lange genug gewartet. Mein
Bruder hält zwar den Anschein großen Reichtums aufrecht, aber wir beide wissen,
daß er so gut wie mittellos ist. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, um
zuzuschlagen.«
    »Ich muß
dir rechtgeben. Sein Geldmangel ist auch der Grund, warum er unbedingt zur
Heirat entschlossen ist.«
    »Ich will
nur zurückbekommen, was rechtmäßig mir gehört, Lucien. Und Carlyle Hall ist der
erste Schritt. Ich möchte, daß meinem Vater Gerechtigkeit widerfährt und werde
alles tun, damit mein Bruder für seine Tat büßt.«
    »Bis zur
Hochzeit bleibt dir nur eine Frist von zwei Wochen. Das Mädchen gehört zu den
reichsten Erbinnen Eng lands. Sobald Avery ihre Mitgift kassiert, wird er
seine Schulden bezahlen können – auch das Pfandrecht auf Carlyle, das du
erworben hast. Du wirst deine Rechte nicht geltend machen können. Wenn du
keine Möglichkeit findest, die Heirat zu verhindern ...«
    »Mein
lieber Litchfield, das ist es genau, was ich zu tun gedenke.«
    Jasons
Freund zog seine dichten schwarzen Brauen hoch, die sich über pechschwarzen
Augen wölbten. Annähernd so groß wie Jason, war er von schlankerem Wuchs und
hatte härtere Züge und ebenholzschwarzes Haar. »Und wie willst du das
erreichen, wenn ich fragen darf?« Auf benachbarten Landsitzen aufgewachsen,
waren sie von Jugend an befreundet. Der Marquis war der einzige Mensch, dem
Jason sein Leben anvertraut hätte.
    Und genau
das hatte er getan, indem er nach England zurückgekehrt war, wo er seit Jahren
für tot galt.
    »Hast du
nicht gesagt, das Mädchen würde mit seinem Großvater gegen Ende der Woche nach
Carlyle Hall fahren?«
    »Das stimmt.«
    »Dann werde
ich eben die ach so kostbare Braut meines Bruders bis nach dem geplanten
Hochzeitstermin in Gewahrsam nehmen. Die Pfändungsfrist ist fast abgelaufen.
Wenn mein Bruder nicht zahlen kann, machen wir unser Recht geltend, und der
Besitz gehört mir.«
    Lucien
stützte seine langen Finger schräg gegeneinander. »Du willst das Mädchen
entführen?«
    »Es bleibt
mir nichts anderes übrig.« Jason strich eine Strähne seines dunklen gelockten
Haares zurück, das sich aus dem schwarzen Band im Nacken gelöst hatte.
»Natürlich muß ich deine Hilfe in Anspruch nehmen. Ich brauche ein Versteck, wo
sie bleiben kann, bis der Besitz mir gehört.«
    »Es ist
also dein voller Ernst«, sagte Litchfield.
    Jason
setzte sich ihm gegenüber und streckte seine langen Beine aus. »Das ist es
immer. Was ich an Humor hatte, wurde mir in den letzten acht Jahren aus dem
Leib geprügelt.«
    Litchfield
sah ihn finster an. »Sie ist erst neunzehn, eine Unschuld in jeder Hinsicht.
Sie wird Todesangst ausstehen.«
    »Ich werde
ihr nichts antun. Ich werde sogar alles in meiner Macht Stehende tun, damit es
ihr an nichts fehlt.« Er spielte mit dem Spitzenvolant seiner Manschette und
strich über die Narbe an seinem linken Handrücken. «Ich werde ihr sagen, daß
ich für sie Lösegeld erpressen möchte und keinen Grund habe, ihr etwas anzutun,
solange ihr Verlobter gewillt ist zu zahlen.« Er lächelte kalt.
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