Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie redest du mit mir

Wie redest du mit mir

Titel: Wie redest du mit mir
Autoren: Franz Thurmaier , Joachim Engl
Vom Netzwerk:
glaubst doch nicht im Ernst, dass das hält. Das wird doch ein einziges Pfuschwerk.«
    »Ich hab’ das schon mal gemacht. Silberpapier ist hitzebeständig.«
    »Nein ich möchte jetzt, dass du den Abschleppdienst holst. Und dann will ich nach Hause.«
    »Ich krieg das schon hin, du wirst sehen.«
    Paul sollte sogar Recht behalten. Sein ungewöhnlicher Reparaturversuch wird von Erfolg gekrönt. Der Auspuff hält und ist sogar ein bisschen leiser als vorher.
    »Siehst du – mit etwas Geschick und Geduld lässt sich doch vieles lösen.«
    »Ich glaub nicht, dass du damit weit kommst. Ich seh’ uns schon mitten auf der Straße übernachten, weil dein Wagen ein einziger Schrotthaufen ist. Kauf dir doch endlich einmal einen anständigen Untersatz.«
    Statt retour geht es erst einmal zum nächsten Campingplatz, und Paul übt sich im Aufstellen des von ihren Eltern geborgten Zeltes. Das Zelt ist ebenso gut gepflegt wie schwerfällig und eine kostbare Antiquität aus den 70er Jahren. Während sich Pauls Stirn in noch mehr Falten legt als die betagten Zeltwände, jammert Johanna über den Sonnenbrand, den sie sich beim Beaufsichtigen der Auspuffreparatur zugezogen hat.
    »Das mit dem Zelten war auch wieder so eine grandiose Idee von dir. Jetzt beeil dich mal mit dem Aufbauen. Ich will jetzt endlich schlafen.«
    »Du wolltest es doch auch. Wenn wir erst einmal eine Nacht drin’ geschlafen haben, wird’s dir bestimmt gefallen. Siehst du irgendwo die Firststange? Ohne die kann ich das Zelt nicht aufstellen.«
    »Fehlt etwas? Mein Gott, wenn du nicht alle Teile wieder zurückbringst, werden meine Eltern stocksauer sein.«
    Paul schlägt sich bei dieser Bemerkung mit dem Hammer schmerzhaft auf den Daumen – statt auf den Hering, sagt aber nichts.
    Die Firststange findet sich doch noch, und die beiden haben zumindest ein dünnes Dach über dem Kopf. Schweigend liegt jeder auf seiner Luftmatratze und beide grübeln noch ein wenig über den vergangenen Tag, ehe sie sichnicht einander, sondern lieber dem Schlaf und ihren Träumen hingeben.
    Paul denkt sich: »Die blöde Kuh hat mir den ganzen Tag verdorben. Die ganze Zeit war ich am Ackern, und sie hat nur gemeckert und genörgelt. Wie ein dummer kleiner Junge bin ich mir vorgekommen. So schlimm war das mit dem Auspuff doch auch wieder nicht. Was kann ich denn dafür? Für jede Kleinigkeit macht sie mich verantwortlich. Und beim Zeltaufbau hat sie mir auch nicht geholfen. Wenn sie mich wirklich lieben würde, könnte sie sich auch anders verhalten   … Aber vielleicht liegt’s auch ein bisschen an mir und an der ganzen Situation. Es war ja auch schrecklich heiß heute. Na, ja ich werde wohl wieder mal Geduld haben müssen. Dann legt sich die Spannung von selbst, und sie sieht vielleicht auch ein, dass sie mir Unrecht getan hat.«

    Johanna blickt Paul kurz an und fragt ihn: »Du machst so ein merkwürdigen Gesicht. Ist irgendwas?«
    Paul sagt nach kurzer Pause: »Nein,   … nichts – mir tut noch mein Daumen weh.«
    »Soll ich dir eine Salbe geben?«
    »Nein danke, ist nicht so schlimm.«
    Paul spürt, dass er traurig wird und versucht schnell an den morgigen Tag zu denken. Er nimmt sich vor, ein großes Frühstück zu organisieren und das Vordach noch aufzubauen, um bei Johanna wieder für bessere Laune zu sorgen. Andererseits   … der lädierte Daumen   … er sollte lieber mal alle fünf gerade sein lassen   … das hat sie nun davon   … geschieht ihr ganz recht   … Er schläft ein und träumt schlecht.
    Johanna überlegt, ob sie nicht doch etwas zu harsch und zu ungeduldig mit Paul umgegangen ist, schließlich könne das mit der Panne ja jedem passieren. Und eigentlich hat er ja ganz pfiffig improvisiert. Sie konnte es ihm nur nicht mehr sagen, weil ihr so furchtbar heiß war und überhaupt   … Andererseits fällt ihr ein, dass er auch nichts dagegen geäußert hat, wie immer, wenn sie ihn mal anherrscht. Vielleicht hat er doch ein schlechtes Gewissen oder es ist ihm völlig egal, was sie sagt. Johanna schläft noch vor Paul ein und träumt davon, wie sie bei kühlem Fahrtwind mit ihrem Paul in einem luxuriösen Cabrio durch die Landschaft gleitet.
    Wie hat Paul diesen Konflikt »verarbeitet«, wie ging er mit seinen Gefühlen um?
    Paul hatte wohl nicht nur äußerlich einige Stresssituationen zu überstehen. Für sein Selbstwertgefühl dürften die Bemerkungen Johannas geradezu einem kleinen Spießrutenlauf gleichgekommen sein. Während Johanna lautstark
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher