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Wie man sie zum Schweigen bringt

Wie man sie zum Schweigen bringt

Titel: Wie man sie zum Schweigen bringt
Autoren: Leena Lehtolainen
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Licht, und als Koivu nach dem Schalter tasten wollte, schüttelte ich den Kopf. Wir gingen durch den Flur in ein geräumiges Wohnzimmer. Tommi Laitinen setzte sich auf ein weiches, weinrotes Ledersofa, Koivu wählte einen der gleichfarbenen Sessel. Ich blieb neben dem schmalen Bücherregal stehen.
    »Wir lassen Sie ungern allein. Wen könnten wir bitten, Ihnen zur Seite zu stehen? «
    Er starrte auf den Boden und gab keine Antwort. Bläuliches Licht fiel herein. Es war die Dämmerstunde, die Zeit der Träume, doch die Stille in diesem Raum atmete Verzweiflung. Ich wiederholte meine Frage und bekam endlich eine Antwort: »Niemanden. Ich will nur Petri .  « Dann brach er wieder in Tränen aus.
    Auf dem Küchentisch stand ein halb leeres Glas Orangensaft, daneben lag ein Mickymaus-Heft. Die Wände waren in einem blassen Zitronengelb gestrichen, die Schränke in einem kräftigeren Gelb, wie Löwenzahn. Die dunklen Stahlmöbel und das strenge Grau des Fußbodens bildeten einen wohl durchdachten Kontrast zu den kräftigen Farben. Wie Esstisch und Stühle war auch der Halter für die Küchenrolle aus Stahl. Unter einem Stuhl kauerte eine Schildkröte, die mich verwundert anblinzelte.
    Ich gab Laitinen Küchenpapier und stellte ein Glas Wasser vor ihn hin. Dann setzte ich mich zu ihm aufs Sofa und fragte, wer sein bester Freund sei. Die Antwort war ein Kopfschütteln.
    »Und Petris bester Freund? « Ich ließ nicht locker, obwohl Koivu unruhig im Sessel hin und her rutschte. Die schwere Körperverletzung hatte sich in ein Tötungsdelikt verwandelt, oft waren die ersten vierundzwanzig Stunden entscheidend für die Aufklärung. Koivu wollte aufs Präsidium, um die bisherigen Ergebnisse zu sichten.
    Das Klingeln des Telefons durchschnitt die Stille, und da Laitinen keine Anstalten machte zu antworten, nahm ich den Hörer ab.
    »Bei Ilveskivi und Laitinen, Kallio am Apparat .  «
    »Guten Tag, hier spricht Eila Honkavuori«, sagte eine Frauenstimme verwirrt. »Ist Petri Ilveskivi zu Hause? «
    »Er ist im Moment nicht zu sprechen .  «
    »Ich wollte mich nur erkundigen, warum er nicht zur Ausschusssitzung gekommen ist. Könnte ich mit Tommi Laitinen sprechen? «
    »Einen Augenblick, ich sehe nach, ob er an den Apparat kommen kann .  «
    Das Telefon war dasselbe Modell wie meins, ich drückte auf die Pausentaste und sagte:
    »Eine gewisse Eila Honkavuori fragt nach Ihnen .  «
    Er schüttelte nur den Kopf. Eila Honkavuori hatte von einer Ausschusssitzung gesprochen, war also offenbar ebenfalls Kommunalpolitikerin. Wenn sie Ilveskivi nicht besonders nahe gestanden hatte, konnte ich ihr die traurige Nachricht am Telefon übermitteln. Noch zögerte ich allerdings, denn ich wusste nichts über die Anruferin.
    »Tommi Laitinen kann im Moment nicht an den Apparat kommen. Soll ich ihm etwas ausrichten? «
    »Wer sind Sie überhaupt? «, fragte sie misstrauisch. »Was geht dort vor? Warum war Petri nicht bei der Sitzung? «
    Da streckte Laitinen plötzlich die Hand aus. Ich reichte ihm den Hörer, er atmete schwer und stieß hervor: »Hier ist Tommi. Petri ist tot. Jemand hat ihn auf dem Weg zur Sitzung erschlagen .  «
    Obwohl er den Hörer ans Ohr gepresst hatte, hörte ich den Aufschrei am anderen Ende.
    »Ich würde alles darum geben, wenn es nicht wahr wäre«, sagte Laitinen.
    »Man weiß es noch nicht, aber wahrscheinlich die Skinheads. Ja, komm ruhig her, die Polizisten möchten, dass jemand bei mir ist. Wie geht's Turo? «, fragte er zum Schluss, doch am anderen Ende war bereits aufgelegt worden, und man hörte es nur noch tuten.
    »Eila kommt mit dem Taxi. Sie können also gehen .  «
    Er riss ein Stück Küchenpapier ab und wischte sich die Tränen aus den Augen. Dann klopfte er seine Taschen ab, bis er die Brille fand. Der eine Bügel hatte sich verzogen. Mit geschickten Fingern bog er ihn zurecht, man sah, dass er gern werkelte.
    »Hat Frau Honkavuori einen weiten Weg? «
    »Sie wohnt in Tuomarila .  «
    Er stand auf und verließ das Zimmer, offenbar wollte er zur Toilette. Ich inspizierte das Bücherregal: viele Bildbände, vor allem über Malerei und Architektur. Auf dem Brett mit der Belletristik standen Klassiker der Schwulenliteratur: Armistead Maupin, E. M. Forster, Pentti Holappa, Uuno Kailas. Das Gemälde über dem Sofa zeigte einen jungen Mann mit erigiertem Penis. Würde man mir Sexismus vorwerfen, wenn ich ein solches Bild in meinem Dienstzimmer hängen hätte?
    Laitinen machte sich im Flur zu
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