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Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)

Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)

Titel: Wie man einen verdamt guten Roman schreibt (Teil 2)
Autoren: James N. Frey
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und den Teerosen, die an der linken Schulter festgesteckt waren… Carrie glaubte nicht, daß jemand begreifen konnte, welch ungeheuren Mut es erfordert hatte, sich mit all dem abzufinden, sich den furchterregenden Möglichkeiten zu öffnen, die diese Nacht vielleicht noch bieten mochte. Versetzt zu werden konnte wohl kaum die schlimmste dieser Möglichkeiten sein. Und wenn

sie ehrlich war, mußte sie sich sogar eingestehen, daß sie auf heimliche, sehnsüchtige Art dachte, es wäre vielleicht das Beste wenn -
    (nein hör auf damit)
    Natürlich wäre es einfacher, hier bei Momma zu bleiben. Sicherer. Sie wußte, was sie über Momma dachten. Gut, vielleicht war Momma eine Fanatikerin, ein bißchen schrullig, ja, aber wenigstens wußte man bei ihr, woran man war…
    Beachten Sie, wie die Figur einen inneren Konflikt mit sich austrägt und gleichermaßen in beide Richtungen gezogen wird. Carrie möchte unbedingt zu dem Ball, doch es wäre so viel sicherer, zu Hause zu bleiben.
    Franz Kafka versetzt K. auf folgende Weise in einen inneren Konflikt.
    K. stockte und sah vor sich auf den Boden. Vorläufig war er noch frei, er konnte noch weitergehen und durch eine der drei kleinen dunklen Holztüren, die nicht weit vor ihm waren, sich davonmachen. Es würde eben bedeuten, daß er nicht verstanden hatte oder daß er zwar verstanden hatte, sich aber darum nicht kümmern wollte. Falls er sich aber umdrehte, war er festgehalten, denn dann hatte er das Geständnis gemacht, daß er gut verstanden hatte, daß er wirklich der Angerufene war und daß er auch folgen wollte …
    Es ist zwar eine kleine Entscheidung, aber eine mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen. Soll er durch die Tür gehen oder nicht? Der Leser wird das gleiche Dilemma empfinden.
    Stephen Crane läßt seinen Helden auf folgende Weise einen inneren Konflikt durchmachen:
    Doch dieses Vorrücken gegen die bloße Natur war zu geruhsam. Es ließ ihm Zeit zum Nachdenken über sich selber.
    Die absonderlichsten Vorstellungen bemächtigten sich seiner. Er fand, das Landschaftsbild sei nicht nach seinem Geschmack. Es hatte etwas Bedrohliches. Ein kalter Schauder lief ihm über den Rücken, und er hatte das Gefühl, seine Hosenbeine paßten nicht mehr zu ihm.
    Ein Haus, das still auf einer entfernten Wiese stand, ließ ihn Böses ahnen. Das Dunkel im Walde drin war schreckenerregend. Er war sicher, daß überall luchsäugige Feinde lauerten. Ob die Generäle wußten, was sie hier anrichteten? Das war ja eine Falle. Bestimmt strotzte der Wald binnen kurzem von Gewehrläufen. Dazu tauchten dann eiserne Brigaden in ihrem Rücken auf. Sie würden hingemetzelt, sagte er sich. Die Generäle waren Dummköpfe. Nicht lange, und das ganze Heer mußte umstellt sein. Er schaute wild um sich, auf das Schlimmste gefaßt.
    Ihm war, als müsse er aus Reih und Glied ausbrechen und seine Kameraden aufklären. Sie durften nicht abgeschlachtet werden, wie es unweigerlich geschehen mußte, wenn ihnen nicht jemand die Gefahr vor Augen führte. Die Generäle waren Esel, sie in einen regelrechten Pferch hineinmarschieren zu lassen. Offenbar gab es im ganzen Korps nur ein einziges Paar Augen. Er mußte vortreten und eine Brandrede halten… So unterdrückte denn der junge Mensch seinen Aufschrei. Er merkte, daß die Leute ihn nur auslachen würden, selbst wenn sie selber vor Angst vergingen. Man würde ihn verhöhnen und mit allem nach ihm werfen, was gerade zur Hand war. Schließlich war denkbar, daß er sich irrte; in diesem Fall war er dann mit seiner Rede für die anderen das letzte, was herumkroch.
    Henry durchlebt einen inneren Konflikt, der ihn zerreißt. Seine Angst gewinnt die Oberhand, und schon bald wird er seinen inneren Konflikt lösen, indem er vor dem Feind flieht.
    In Verbrechen und Strafe zeigt Dostojewski seinen Helden in einem inneren Konflikt, als dieser erwägt, einen Mord zu begehen:
    Raskolnikow war völlig verstört, als er die Wohnung verlassen hatte. Diese Verstörung wuchs

zusehends. Während er die Stufen hinabstieg, hielt er sogar einige Male an, wie verblüfft. Und schließlich, bereits auf der Straße, rief er aus: »O mein Gott, wie widerlich ist das alles! Ist es möglich, ist es möglich, daß ich… Nein, Unsinn, das ist absurd!« fügte er entschieden hinzu. »Ist es möglich, auf so etwas Entsetzliches zu verfallen? Wessen ist mein Herz nicht alles fähig! Vor allem: schmutzig, ekelhaft, widerwärtig, widerwärtig!… Und ich, ich habe einen ganzen Monat
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