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Wie entführt man einen Herzog?

Wie entführt man einen Herzog?

Titel: Wie entführt man einen Herzog?
Autoren: CHRISTINE MERRILL
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nahm der Bedienstete es wieder an sich, säuberte Gesicht und Hände des Mannes und umfasste dann seine Schultern. „Sir, Sie haben getrunken“, erklärte er langsam und jedes Wort betonend. „Sie sind gestürzt und wären fast überfahren worden. Sind Sie allein hier? Oder haben Sie Freunde, die Ihnen helfen können?“
    „Freunde? Meine Freunde können mir nicht helfen, den Weg zum Himmel zu finden.“ Er sprach jetzt viel klarer. „Sie haben sich für einen anderen Weg entschieden. Außerdem ist keiner von ihnen hier. Ich bin vollkommen allein.“
    „Das ist schlecht“, murmelte Jem. „Wir …“
    „Wir“, fiel Penelope ihm ins Wort und schenkte dem Fremden ein strahlendes Lächeln, „können Sie, Sir, unter diesen Umständen natürlich nicht hier zurücklassen. Womöglich stürzen Sie noch einmal. Sie sollten wirklich mit uns fahren.“
    Jem sah ein, dass er sich geschlagen geben musste. Glücklicherweise schien der Fremde harmlos zu sein. „Steigen Sie also ein“, meinte er. „Sie müssen aber versprechen, dass Sie die junge Dame nicht belästigen.“
    „Niemals würde ich mir Freiheiten gegenüber einem so himmlischen Wesen herausnehmen! Das schwöre ich bei meiner unsterblichen Seele und bei meiner Ehre als Gentleman.“ Er machte ein paar unsichere Schritte in Richtung der Kutsche.
    Die Menge begann sich zu zerstreuen. Die ganze Angelegenheit war zwar ein wenig undurchsichtig, aber nicht länger von Interesse.
    „Wenn Sie ihn unbedingt haben wollen“, flüsterte Jem seiner Herrin zu, „dann werde ich Sie nicht daran hindern. Er ist ein Dummkopf und obendrein betrunken, aber gefährlich scheint er nicht zu sein. Wenn ich mich allerdings täusche …“ Er zuckte die Schultern. „Das würde Ihr Bruder mir nie verzeihen.“
    „Mein Bruder wird vermutlich sowieso nie wieder ein Wort mit Ihnen reden. Sobald er erfährt, dass Sie mir geholfen haben, wird er sich weigern, Sie je wieder ins Haus zu lassen. Es ist also viel besser für Sie, wenn Sie mich unterstützen. Ich würde Sie niemals hinauswerfen. Im Gegenteil, wenn diese Geschichte ein gutes Ende nimmt, können Sie mit einer Belohnung rechnen.“
    Er warf ihr einen Blick zu, der deutlich verriet, dass er keineswegs von einem guten Ausgang dieses Abenteuers überzeugt war. Aber dann half er zuerst ihr und anschließend dem Fremden in den Wagen. Als Letzter stieg er selbst ein und klopfte kurz gegen die Decke. Auf dieses Zeichen hin ließ der Kutscher die Pferde wenden, und gleich darauf waren sie wieder auf der Straße nach Norden.
    Penelope musterte den Mann, den sie ihrer festen Überzeugung nach bald heiraten würde, eingehend. „Ich glaube, ich habe Sie noch gar nicht nach Ihrem Namen gefragt“, meinte sie schließlich.
    „Adam Felkirk.“ Er deutete eine Verbeugung an und wäre dabei beinahe vom Sitz gefallen. „Und wie heißen Sie?“
    „Penelope Winthorpe.“
    „Das ist kein Name für einen Engel … Dann bin ich also nicht tot?“ Er schien darüber enttäuscht zu sein.
    „Nein. Aber ich habe den Eindruck, dass Sie sich in Schwierigkeiten befinden.“
    „Das tue ich allerdings. Zumindest werde ich Probleme haben, wenn ich morgen früh aus meinem Rausch erwache.“ Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. „Jetzt geht es mir gut.“
    „Würde es Ihnen gefallen, wenn ich Ihnen so viel Whisky gäbe, dass Sie nie wieder nüchtern werden?“
    „Sogar sehr!“
    „Jem!“ Sie wandte sich dem Bediensteten zu. „Ich weiß, dass Sie Whisky haben.“
    „Brandy, Miss.“
    „Gut, dann eben Brandy. Geben Sie Mr. Felkirk die Flasche.“
    „Aber …“
    „Sofort!“
    Widerwillig zog Jem einen Flachmann aus der Rocktasche.
    „Danke, Sir. Sie müssen ein Heiliger sein, da Sie mit einem Engel reisen.“ Felkirk schien schon wieder vergessen zu haben, dass er mit irdischen Lebewesen unterwegs war. Er prostete den beiden zu.
    Penelope atmete erleichtert auf. Eine Zeit lang hatte sie befürchtet, Jem könne mit seinen düsteren Vorhersagen recht behalten. Aber im Moment wies alles darauf hin, dass dieser gut aussehende Betrunkene tatsächlich so leicht zu lenken war, wie sie sich das von ihrem zukünftigen Gatten erhofft hatte.
    „Sie sind sehr freundlich, Mr. Felkirk“, meinte sie.
    Höflich hielt er ihr die Flasche hin.
    Sie nahm dankend an, trank aber nicht, da sie glaubte, auch so den Mut für das entscheidende Gespräch mit ihm aufbringen zu können. „Ich kann Ihnen noch viel mehr als alkoholische Getränke bieten“, begann
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