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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm
Autoren: Mary Jo Putney
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umgeben war, fand sie eine steinerne Bank unter einem Baum. Sie ließ sich darauf nieder und war froh über den Schatten. Das Bild, das sich ihr bot, war ausgesprochen friedlich, und die Stille wurde nur durch das Zwitschern der Vögel und das Plätschern eines kleinen Springbrunnens etwas weiter entfernt unterbrochen.
    Rex schlief mit dem Kopf auf ihrem Schoß, sein restlicher Körper war auf der Bank ausgestreckt, wobei eine Hinterpfote in die Luft ragte. Der Kater würde ihr ein guter Lehrmeister sein, wenn sie lernen mußte, ein normales, ruhiges Leben zu führen, denn er besaß wirklich ein bemerkenswertes Talent dafür, sich zu entspannen.
    Die Stille beruhigte ihre strapazierten Nerven. Obwohl die letzte Woche kräftezehrend gewesen war, hatte es die Mühe gelohnt, denn sie und Rafe hatten eine Art Frieden geschlossen. Außerdem hatte sie die Erinnerung an eine unvergeßliche Nacht, in der sie für den Rest ihres Lebens schwelgen konnte.
    Das Knirschen von Schritten auf Kies riß sie aus ihren Gedanken. Sie hob den Kopf und sah Rafe, der rasch über den Pfad kam. Als er sie entdeckte, hielt er an, dann kam er in etwas gemächlicherem Tempo auf sie zu. Seine Miene war reserviert. Obwohl der Wind sein Haar zerzaust hatte, war er mit der üblichen Eleganz gekleidet und sah alles in allem so gut aus, daß es ihr einen Moment den Atem ver-schlug.

    Sie wußte, daß dieses Gespräch nur wieder eine trä-
    nenreiche Nacht bedeuten würde, konnte jedoch nicht anders, als auf seine Gegenwart zu reagieren. »Guten Tag, Hoheit«, sagte sie mit einem absichtlich unverbind-lichen Lächeln. »Was bringt dich nach Chanteuil?«
    »Nicht was … du. Darf ich mich setzen?« Sie nickte, und er ließ sich an Rex’ anderer Seite nieder. »Ein biß-
    chen unheimlich, nicht wahr? Bis auf die Wachen am Tor, die mir sagten, du wärest wahrscheinlich im Garten, scheint keine Menschenseele hier zu sein.«
    »Nicht einmal ein Koch oder ein Spülmädchen ist geblieben. Ein Glück, daß ich gekommen bin, um Rex zu holen. Vielleicht hätte er von den Schloßmäusen leben können, aber er hätte sich sicher einsam gefühlt. Er ist ein geselliges Wesen.«
    Statt zu antworten, musterte Rafe sie aufmerksam. Er war irgendwie anders heute morgen. Vielleicht war es nur eine Einbildung, aber sie hatte den Eindruck, als wä-
    ren seine Augen weniger die des Dukes, als vielmehr die des jungen Mannes, in den sie sich vor langer Zeit verliebt hatte.
    Bevor das Schweigen unangenehm wurde, sagte er:
    »Ein Grund, warum ich hier bin, ist der, daß ich mich bei dir entschuldigen möchte. Northwood war derjenige, der behauptet hat, du hättest mit ihm geschlafen. Wenn ich zurückschaue, kann ich kaum noch verstehen, wieso ich ihm damals geglaubt habe.«
    Sie hätte viel lieber über das Wetter oder den Garten geredet, aber es gab wohl ein paar Dinge, die ausgesprochen werden mußten. Wahrscheinlich würden sie sich ja niemals wieder sehen. »Ich habe gestern davon erfahren, daß es Northwood war, denn er prahlte mit seinen Taten. Zumindest war es klug, daß er damals getan hat, als wäre er betrunken. Man glaubt eher einem Flüstern als einem Ruf.«

    Rafe schnitt eine Grimasse. »Gott weiß, daß ich für meine unbegründete Eifersucht gebüßt habe. Es tut mir wirklich zutiefst leid, Maggie. Dir nicht vertraut zu haben, war der schlimmste Fehler meines Lebens.«
    Er zögerte, als suchte er nach den richtigen Worten.
    Dann fuhr er stockend fort: »Meine Eltern führten die Art Ehe, die ich nie wollte. Nachdem sie ihre Pflicht getan und mich gezeugt hatten, hielten sie sich nur noch selten unter demselben Dach auf, noch seltener im selben Bett. Als ich dich traf, glaubte ich, gefunden zu haben, wonach ich immer gesucht hatte. Aber ich glaubte wohl nicht wirklich, daß ich so ein Glück verdiente, weswegen ich für Northwoods List viel empfänglicher war.«
    »Ich kann mich nicht erinnern, dich jemals über deine Eltern sprechen gehört zu haben«, erwiderte sie ruhig.
    Er zuckte die Schultern. »Es gab nie viel zu sagen. Meine Mutter starb, als ich zehn war. Ihr Tod veränderte mein Leben so wenig, daß ich kaum bemerkte, daß sie nicht mehr da war. Mein Vater glaubte an Lord Chesterfields Maxime, daß nichts so vulgär ist wie ein hörbares Lachen.
    Er erfüllte seine Verantwortung seinem Erben gegenüber peinlich genau, so wie er sich um seine Pächter kümmerte oder seinen Sitz im House of Lords belegte. Ein echter englischer Gentleman.« Rafe senkte
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