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Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Wie die Welt endet: Roman (German Edition)

Titel: Wie die Welt endet: Roman (German Edition)
Autoren: Will McIntosh
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zu Besuch. Ich war enttäuscht, weil er uns kein Essen mitbrachte.
    » Kommt, ich führe euch durch Athens«, beschwor er uns. » Na los, was habt ihr denn zu verlieren?«
    » Wir würden die Stadt gern sehen«, sagte Colin und meinte damit Jeannie und sich selbst.
    Ich schaute Phoebe an.
    » Warum nicht?«, sagte sie. » Ich möchte Athens gern aus der Nähe sehen, bin einfach neugierig.«
    Cortez sagte nichts, aber als wir Sebastian folgten, schloss er sich uns an. Sebastian legte mir den Arm um die Taille und zog die Pistole aus meinem Hosenbund. » Lass das Schießeisen hier, wenn es dir nichts ausmacht.« Er deutete auf Cortez. » Und du auch, bitte.« Wir verstauten die Waffen in unseren Zelten und kehrten zu Sebastian zurück.
    In den neu erbauten Häusern gab es keine Ecken und Kanten. Alles war abgerundet, und viele Gebäude waren nach außen hin offen.
    » Wir mögen es nicht, eingeschlossen zu sein«, erklärte Sebastian.
    Es war schwer zu erkennen, wo ein Gebäude aufhörte und das nächste begann. Sie schlängelten sich ineinander, und an manchen Stellen stiegen sie auf und wanden sich durch die Bäume. Insgesamt war es ein schöner Anblick, und die wohltuenden Pastellfarben verstärkten den angenehmen Eindruck noch.
    » Sind das Waffen, die da auf den Außenmauern befestigt sind?«, fragte Cortez.
    » Ja, aber sie sind nicht tödlich. Es sind Hitzekanonen– wenn man sie aktiviert und auf ein Ziel richtet, haben in einem Bereich von etwa zehn Morgen alle das Gefühl, dass ihnen sehr, sehr heiß wird. Äußerst unangenehm.« Sebastian fächelte sich das Gesicht und lachte in sich hinein. » Aber die Hitzekanonen sind bloß die Verteidigungswaffen, die man am besten sehen kann. Wir haben noch andere– alle nicht tödlich, aber ich möchte kein Feind sein, der versucht, Athens einzunehmen– es sei denn, ich hätte Panzer und Kampfflugzeuge.«
    Wir kamen an einem weiten, mit Stoffplanen überdachten Platz vorbei, wo Hunderte von Menschen aßen oder Schlange standen, um zu essen. Unwillkürlich kam mir der Verdacht, dass Sebastian uns absichtlich am Speisesaal vorbeiführte.
    » Wie kommt es, dass ihr Lebensmittel habt, wo doch alle anderen hungern?«, fragte Colin.
    » Wie schon gesagt, wir haben jahrelang geplant«, antwortete Sebastian. » Der größte Teil unseres gerodeten Landes wird für die Nahrungsmittelproduktion verwendet, und jeder von uns arbeitet täglich eine gewisse Zeit auf den Feldern. Wir essen kein Fleisch– die Fleischproduktion verbraucht zu viele Ressourcen, außerdem würde hier niemand Tiere töten wollen.«
    So interessant das alles auch war, im Moment konnte ich mich kaum darauf konzentrieren, so sehr lief mir das Wasser im Mund zusammen.
    Laut scheppernd fiel eine Schüssel auf den Boden. » Phoebe?« Eine alte Frau in einem orangeroten Hauskleid wankte o-beinig auf uns zu.
    » Mom?«, rief Phoebe. Sie rannte ihrer Mutter entgegen.
    » Phoebe, ich kann es gar nicht glauben. Ich dachte, du wärst tot.« Die alte Frau fasste Phoebe an den Schultern und musterte sie von oben bis unten. » Es tut mir so leid, dass ich nicht auf dich gewartet habe, aber diese Leute kamen mit einem Schild vorbei, darauf stand: › Essen gratis! Infos hier!‹, und ich hatte so schrecklichen Hunger, deswegen bin ich mitgegangen und habe gegessen. Anschließend haben sie mich zu unserem Treffpunkt zurückgebracht. Du warst noch nicht wieder da, und wir haben gewartet, aber wir konnten ja nicht den ganzen Tag warten, wir mussten doch herkommen.« Sie vergrub das Gesicht an Phoebes Hals, und ihre Schultern bebten. » Ich freue mich so, dass du da bist. Meine Phoebe«, schluchzte sie, » ich kann es noch gar nicht glauben.«
    Phoebe schaute über die gekrümmten Schultern ihrer Mutter. Sie sah aus, als sei das Gewicht der Welt von ihr genommen worden. Als sie mich anschaute, nickte ich. Ich war der Einzige, der die Bedeutung dieses Moments wirklich verstand. Die Menschen hatten aufgehört zu essen, um dieses Wiedersehen zu beobachten. Jetzt klatschten einige, dann wandten sie sich wieder ihrer Mahlzeit zu.
    Phoebe stellte mich ihrer Mutter vor. » Ist das dein Freund?«, fragte sie mit einer typischen Altweiberstimme, schrill und weinerlich. Sie sprach schnell. Fast alle Doctor-Happy-Leute redeten schnell.
    » Ja, das bin ich«, sagte ich und schüttelte ihr die Hand.
    Während Phoebe ihre Mutter den anderen vorstellte, beobachtete ich die Leute beim Essen. Alle schienen wahnsinnig freundlich zu sein und
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