Widersacher-Zyklus 05 - Nightworld
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»Ich werde der Missus mitteilen, dass Sie da sind. Möchten Sie einen Kaffee?«
Sie stimmten beide zu und blieben neben dem ungeheizten Kamin stehen, während Ba sich abwandte und sie allein ließ.
»Das ist aber ein gefährlich aussehender Kerl«, sagte Bill. »Ich glaube nicht, dass ich schon einmal einen so großen Vietnamesen gesehen habe.«
Glaeken nickte: »Ein Ein-Mann-Sicherheitskommando, vermute ich.«
Eine schlanke Frau Ende dreißig mit kurzem, schwarzem Haar, blauen Augen und fein geschnittenen Gesichtszügen schlenderte in den Raum. Sie trug eine weit geschnittene schwarze Hose und eine weiße Bluse, die bis zum Hals zugeknöpft war. Ihr Auftreten war äußerst bestimmt.
»Ich bin Sylvia Nash. Wer von Ihnen ist …?«
»Ich bin Veilleur.« Glaeken trat einen Schritt vor und streckte ihr seine Hand entgegen. »Und das ist Pater William Ryan.«
Ihr Handschlag war so kühl wie der Rest von ihr. Eine bemerkenswerte Frau.
Bei Bill klickte es jetzt. Er hatte von ihr gehört. Die Witwe von Greg Nash. Bill war mit Pete Nash, Gregs älterem Bruder, zur Schule gegangen. Greg war im Golfkrieg gewesen. Er war unversehrt zurückgekommen, aber dann starb er bei dem Versuch, einen Raubüberfall zu verhindern. Sylvia war eine von der Kritik gefeierte Bildhauerin geworden. Und offenbar auch eine sehr erfolgreiche, wenn sie sich dieses Anwesen leisten konnte.
»Nehmen Sie Platz«, sagte sie und deutete auf die Couch. Sie setzte sich ihnen gegenüber. »Sie sagten, Sie müssten etwas Persönliches mit mir bereden. Ich hoffe, das war kein Vorwand, um hierherzukommen, weil Sie mir etwas aufschwatzen wollen.«
Bill sah zu Ba hoch, als der mit einem silbernen Kaffeeservice auf einem großen silbernen Tablett zurückkam. Er hatte beinahe Mitleid mit jemandem, der sich unerwünscht in dieses Haus einzuschleichen versuchte.
»Ich versichere Ihnen, ich habe nichts zu verkaufen«, sagte Glaeken. »Ich bin gekommen, um mit Ihnen über das Dat-Tay-Vao zu reden.«
Der große Vietnamese war gerade dabei, das Tablett abzustellen. Er zuckte so heftig zusammen, dass er beinahe die Kaffeekanne umgeworfen hätte, aber er fing sie im letzten Moment noch auf. Er starrte Glaeken an, aber sein Blick war nicht zu deuten. Bill sah zu Sylvia hinüber. Sie war aschfahl geworden.
»Ba«, sagte sie mit brüchiger Stimme. »Hol bitte Alan.«
»Ja, Missus.«
Ba wandte sich zum Gehen, aber in diesem Augenblick rollte ein Mann in einem Rollstuhl in den Raum. Er schien Mitte vierzig zu sein, hager, blass, mit grau gesprenkeltem braunen Haar und sanften braunen Augen. Er zögerte auf der Schwelle, blickte mit einem verwirrten Gesichtsausdruck zu Glaeken hin, dann kam er ganz ins Zimmer. Als der Rollstuhl neben ihrem Sessel stehen blieb, griff Sylvia hinüber und ergriff die Hand des Mannes. Sie lächelten sich an. Bill spürte sofort die innige Verbindung zwischen den beiden. Sylvia stelle ihn als Dr. Alan Bulmer vor.
»Sie wollen über das Dat-Tay-Vao sprechen, Alan.«
Bill spürte das volle Gewicht von Alans Blick, als der sie anstarrte.
»Ich hoffe, Sie sind keine Reporter.«
Bill registrierte die abgrundtiefe Verachtung, mit der der Mann das Wort aussprach.
»Das sind wir nicht, das versichere ich Ihnen.«
Bulmer schien das zu akzeptieren. Glaeken hatte ein Talent dafür, die Wahrheit so auszusprechen, dass sie auch nach der Wahrheit klang.
»Was wissen Sie – oder was meinen Sie zu wissen?«, fragte der Arzt.
»Alles.«
»Das bezweifle ich.«
»Ich weiß, dass Ihre augenblickliche Verfassung eine direkte Auswirkung Ihrer Verbindung mit dem Dat-Tay-Vao ist.«
»Ach, tatsächlich?«
»Ja. Ich weiß, dass das Dat-Tay-Vao Vietnam Ende 1968 in einem Sanitäter namens Walter Erskine verlassen hat, der mit der Verantwortung nicht zurecht kam und als Alkoholiker auf der Straße endete …«
Ein Erinnerungsfetzen schoss Bill durch den Kopf. Vor fünf Jahren … der Parkplatz vor dem Downstate Medical Center … zwei Obdachlose … der eine war Martin Spano, der andere ein bärtiger Fremder namens Walter … Walter war früher mal Sanitäter … und immer wieder die Frage: Sind Sie derjenige, welcher? … Konnte das der Mann sein?
»… aber bevor er starb, hat Erskine das Dat-Tay-Vao an Sie weitergegeben. Sie haben die Macht des Dat-Tay-Vao benutzt, um eine Menge Leute zu heilen – zu viele Leute für ihr eigenes Wohl. Das führte dazu …«
Bulmer blickte unbehaglich drein und hob die Hand.
»Gut. Ein Punkt für
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