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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz
Autoren: Gregory Maguire
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kein kleines Leben haben.«
    Â»Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, sich zu streiten. Willst du mich heute von meiner heiligen Arbeit abhalten? Wir werden in Binsenrain das Böse im wahrsten Sinne erleben. Ich könnte mich selbst nicht mehr ertragen, wollte ich davor die Augen verschließen.« Es war ihm ernst damit, und dieser Inbrunst wegen hatte sie sich einst in ihn verliebt; aber natürlich hasste sie ihn auch genau deswegen.
    Â»Gefahren drohen immer.« Ihr letztes Wort zu dem Thema. »Dein Sohn wird nur einmal zur Welt kommen, und wenn man dem wässrigen Aufruhr in meinem Bauch glauben darf, dann heute.«
    Â»Es werden noch mehr Kinder kommen.«
    Sie wandte sich ab, damit er den Zorn auf ihrem Gesicht nicht sah.
    Doch ihre Wut auf ihn war nicht von Dauer. Vielleicht war das ihre moralische Schwäche. (Sie verspürte in der Regel keine große Neigung, sich einen Kopf über moralische Schwächen zu machen; ein Pfarrer als Mann deckte den gemeinsamen Bedarf an religiösen Betrachtungen vollauf.) Sie verfiel in ein missmutiges Schweigen. Frex stocherte in seinem Essen herum.
    Â»Es ist der Teufel«, sagte Frex seufzend. »Der Teufel kommt.«
    Â»Sag doch nicht so was an einem Tag, an dem unser Kind erwartet wird!«
    Â»Ich meine die Versuchung in Binsenrain! Das weißt du genau, Melena!«
    Â»Worte sind Worte, und was gesagt ist, ist gesagt!«, erwiderte sie. »Ich verlange nicht deine ganze Aufmerksamkeit, Frex, aber ein wenig davon brauche ich schon!« Sie knallte die Pfanne auf die Bank an der Hauswand.
    Â»Gleichfalls«, sagte er. »Was meinst du, womit ich es heute zu tun habe? Wie kann ich meine Schäfchen davon überzeugen, sich vom Blendwerk der Abgötterei abzukehren? Wenn ich heute Abend zurückkomme, werde ich wahrscheinlich gegen einen stärkeren Anreiz den Kürzeren gezogen haben. Du wirst heute wohl ein Kind gewinnen. Ich rechne mit einer Niederlage.« Dennoch sah er bei diesen Worten stolz aus; im Kampf für ein hohes moralisches Ziel zu unterliegen, erschien ihm befriedigend. Wie ließ sich das mit dem Fleisch, Blut, Unrat und Lärm einer Kindsgeburt vergleichen?
    Er erhob sich schließlich zum Aufbruch. Über dem See kam ein Wind auf und verwehte die Küchenrauchsäulen. Sie sehen aus, dachte Melena bei sich, wie Wasserwirbel, die sich im Abfluss trichterförmig nach unten schrauben.
    Â»Alles Gute, mein Liebes«, sagte Frex, obwohl er bereits seinenstrengen öffentlichen Habitus angenommen hatte, von der Stirn bis zu den Zehen.
    Â»Ja.« Melena seufzte. Das Kind boxte sie tief unten, und sie musste wieder zum Klo eilen. »Dir alles Heilige, und ich werde an dich denken – meine Stütze, mein Harnisch. Und versuche auch, dich nicht umbringen zu lassen.«
    Â»Nach dem Willen des Namenlosen Gottes«, sagte Frex.
    Â»Nach meinem Willen auch«, sagte sie blasphemisch.
    Â»Richte deinen Willen auf Dinge, die ihm zukommen«, entgegnete er. Jetzt war er der Priester, und sie war die Sünderin, eine Arbeitsteilung, die ihr nicht sonderlich behagte.
    Â»Auf Wiedersehen«, sagte sie und suchte lieber den Gestank des Klos auf, als ihm auf der Straße nach Binsenrain nachzuwinken.

Die Uhr des Zeitdrachens
    F rex sorgte sich mehr um Melena, als sie ahnte. Er hielt bei der ersten Fischerhütte an, die auf seinem Weg lag, und sprach mit dem Mann in der Klöntür. Ob ein oder zwei Frauen den Tag und wenn nötig die Nacht bei Melena verbringen könnten? Es wäre sehr freundlich. Frex nickte mit einer Andeutung von Dankbarkeit und nahm wortlos zur Kenntnis, dass Melena in der Nachbarschaft nicht sehr beliebt war.
    Bevor er um das Ende des Übelsees herum weiter nach Binsenrain ging, blieb er an einem umgestürzten Baum stehen und zog zwei Briefe aus seiner Schärpe.
    Der Absender war ein entfernter Verwandter von Frex, ebenfalls Pfarrer. Wochen zuvor hatte dieser Zeit und wertvolle Tinte auf eine Beschreibung der sogenannten Uhr des Zeitdrachens gewandt. Frex rüstete sich für die heilige Schlacht dieses Tages, indem er abermals die Angaben über die Götzenuhr las.
    Ich schreibe in Eile, Bruder Frexspar, um meine Eindrücke festzuhalten, bevor sie verblassen.
    Die Uhr des Zeitdrachens ist auf einen Wagen montiert und hochragend wie eine Giraffe. Sie ist nichts anderes als ein wackelndes, freistehendes Theater, an allen vier Seiten mit kleinen eingelassenen und
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