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Wicked - Die Hexen von Oz

Wicked - Die Hexen von Oz

Titel: Wicked - Die Hexen von Oz
Autoren: Gregory Maguire
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die Banken ihr Geld in Umlauf, damit es frisch und knisternd blieb, die Fabriken hielten ihre Waren in Umlauf, die Kaufleute hielten ihre Frauen in Umlauf, die Studenten in Shiz hielten ihre Theorien in Umlauf, und die Arbeiterschaft der Tiktaks versammelte sich heimlich im früheren Philosophischen Club, um zu hören, wie der befreite und erboste Grommetik klassenkämpferische Reden schwang. Frau Glinda schlief schlecht und wurde in der Nacht von Schüttelkrämpfen, Reue und Schmerzen heimgesucht; sie sah darin frühe Anzeichen von Gicht als Folge ihrer üppigen Ernährung. Doch sie saß die halbe Nacht wach und zündete eine Kerze im Fenster an, ohne dafür einen Grund angeben zu können. Der Mond zog auf seiner Bahn vom Winkus über sie hinweg, und sie fühlte seinen vorwurfsvollen Schein und trat von den hohen Fenstern zurück.
    Auf seiner weiteren Reise kam der Mond über den niedrigen Bergrücken der Madeleines ins Kornkammergut und blickte in die Fenster von Kolkengrund. Frex schlief und träumte von Schildkrötenherz und, ja, von Melena, davon, wie seine schöne Melena ihm am Tag seiner Predigt gegen die böse Uhr Frühstück gemacht hatte. Melena schäumte über vor Schönheit, und groß wie eine Welt beschenkte sie ihn mit Mut, Kühnheit, Liebe. Frex regte sich kaum, als Krott auf Zehenspitzen von einem heimlichen Rendezvous zurückkehrte und sich auf seine Bettkante setzte. Krott war sich nicht sicher, ob er es überhaupt merkte, er war sich nicht sicher, ob sein Vater wirklich wach wurde. »Was ich nie verstanden habe, waren die Zähne«, murmelte Frex. »Warum die Zähne?«
    Â»Wer weiß?«, sagte Krott liebevoll, obwohl er mit dem Traumgebrabbel nichts anfangen konnte.
    Der Mond über der Smaragdstadt? Er war nicht zu sehen: die Lichter zu hell, die Energie zu hoch, die Hirne zu hektisch. Niemand schaute nach ihm. In einem Zimmer, das für einen so mächtigen und hochstehenden Besitzer erstaunlich karg und einfach war, wischte sich der schlaflose Zauberer von Oz die Stirn und fragte sich, wie lange sein Glück noch anhalten mochte. Er fragte sich das schon seit vierzig Jahren, und bisher hatte er gehofft, dass das Glück irgendwann zum verdienten Gewohnheitsrecht werden würde. Doch jetzt hörte er an den Fundamenten seines Palastes die Mäuse nagen. Die Ankunft dieser Dorothy aus Kansas war ein Ruf, das wusste er, er hatte es sofort gewusst, als er ihr Gesicht gesehen hatte. Es hatte keinen Zweck, noch weiter nach dem Grimorium zu suchen. Sein Racheengel war gekommen, um ihn heimzuholen. In seiner eigenen Welt wartete der Selbstmord auf ihn, und mittlerweile sollte er genug Erfahrung haben, um ihn auch zu Ende zu bringen.
    Er hatte Dorothy in diesen Schuhen, in denen sie steckte, ausgesandt, damit sie die Hexe tötete. Er hatte ein Mädchen mit einer Männerarbeit betraut. Wenn die Hexe Sieger blieb – nun, dann war er das lästige Mädchen los. Doch widersinnigerweise hegte er auf fast väterliche Weise die Hoffnung, Dorothy möge ihre Prüfungen unversehrt überstehen.
    Der Tod der Bösen Hexe des Westens wurde ein großer Feiertag. Er wurde als politisches Attentat oder als skandalträchtiger Mord begrüßt. Dorothys Darstellung des Geschehens wurde bestenfalls als Selbsttäuschung aufgefasst, ansonsten als glatte Lüge. Ob Mord oder Gnadentod oder Unfall, auf indirekte Weise trug die Sache dazu bei, das Land von seinem Diktator zu befreien.
    Bestürzter denn je zog Dorothy mit dem Löwen , dem blechernen Holzfäller, der Vogelscheuche und Liir in die Smaragdstadt zurück. Dort hatte sie ihre berühmte zweite Audienz beim Zauberer. Vielleicht versuchte er abermals, ihr die Schuhe abzuluchsen, und vielleicht konnte Dorothy ihn überlisten, weil die Warnungen der Hexe sie vorbereitet hatten. Auf jeden Fall legte sie ihm etwas aus demHaus der Hexe vor zum Beweis, dass sie wirklich dort gewesen war. Der Besen war völlig verbrannt, und das Grimorium war ihr zu schwer und sperrig gewesen, und deshalb hatte sie das grüne Glasfläschchen mitgebracht, auf dessen Etikett WUNDERELI- stand.
    Es mag lediglich ein Gerücht sein, dass der Zauberer beim Anblick des Fläschchens erschrak und sich ans Herz fasste. Die Geschichte wird auf viele verschiedene Weisen erzählt, je nachdem, wer sie erzählt und was die Leute jeweils hören wollen. Es ist jedoch
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