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Whiskey für alle

Whiskey für alle

Titel: Whiskey für alle
Autoren: John B. Keane
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alles wusste und ihm so leicht keiner was vormachen konnte, war es an der Zeit, dieses Wissen weiterzugeben. Sowie er zu Hause war, würde er seinen Entschluss seiner Frau Julia verkünden. Sie würde das mit Freuden aufnehmen. Er wusste ja, wie sehr sie sich nach ihrem Jüngsten sehnte, wenngleich sie sich wie alle Mütter mit der Zeit damit abgefunden hatte, dass er nicht mehr da war.
    Ohne aufdringlich zu sein, muss ich ihm beharrlich einimpfen, welchen Wert umsichtig bestelltes Land hat, überlegte Mick weiter. Ich werde ihm klarmachen, dass das Leben eines Menschen das höchste Gut ist, dass aber der Grund und Boden, von dem er sich ernährt, nicht weniger wichtig ist. Ich und meine Frau werden einmal nicht mehr sein, doch das Land wird immer bleiben. Wir sind nur Durchreisende, Bewohner zur Miete bestenfalls. Das Land aber überdauert uns alle, wird meinen Samen nähren und den Samen meines Samens. Irgendwie würde er versuchen, Mikey dieses Gefühl zu vermitteln. Wenn er offen dafür war, würde das kein Problem werden. Selbst wenn Mikey nicht gänzlich darauf ansprang, wäre nicht alles verloren. Wenigstens würde er nicht verkaufen, und so wäre das Land für die Nachkommen gerettet. Gelang es einer Generation nicht, einen Mann mit der tiefen Liebe für das Land hervorzubringen, könnte die nächste Generation das sehr wohl schaffen und ausgleichen. Könnte ja sein, er würde noch erleben, dass einem Enkelsohn diese besondere und so schwer zu beschreibende Gabe zuteil wurde.
    In der zweiten Woche im Frühjahr kam Mikey Henderson nach Hause. An den Wegrainen standen frühe Primeln in voller Pracht, und neben der breiten Zufahrt zum alten Bauernhaus zeigten dichte Büschel von Narzissen und Iris ihre ersten Blüten. Es war eine schöne Jahreszeit für eine Heimkehr. Während der ersten Monate machte er viele Fehler, doch Mick bemerkte bald, dass sein Sohn aus den Fehlern lernte und nie wieder den gleichen machte. Mit den verschiedenen Maschinen auf dem Hof kam er unheimlich schnell zurecht. Im Umgang mit Kühen, Pferden und dem anderen Viehbestand war er sehr geschickt, und besonders wichtig war auch, dass er es verstand, seine Körperkräfte sinnvoll einzuteilen.
    Mick verfolgte mit lebhaftem Interesse alle Fortschritte, die Mikey in der Landwirtschaft machte. Er malte sich schon aus, wie sein Sohn eines Abends mit in die Seite gestemmten Armen dastehen und über die glitzernden Schollen eines frisch gepflügten Ackers schauen würde oder wie er mit der Hand die Augen gegen die Sommersonne abschirmte und einschätzte, ob die Wiese reif zur Mahd sei.
    Die Wiesen sollten in jenem ersten Sommer Mikeys Hauptproblem werden. Es war kein besonders günstiges Jahr. Das Gras stand schlecht und wuchs nur spärlich, und das allgemeine Elend der Landwirte wurde sogar noch größer, weil keine Arbeitskräfte verfügbar waren, wenn sich günstige Momente zum Heumachen boten. Das Wetter war sehr unfreundlich, oder es war, gelinde gesagt, unbeständig. Es gab nur wenige schöne Tage, und die folgten in der Regel nicht einmal aufeinander. Ausgerechnet in dieser angespannten Zeit ereilte sie ein schlimmes Unheil. Julia Henderson wurde krank und kam ins Krankenhaus. Alle Gedanken an eine zügige Mahd mussten aufgeschoben werden, bis sie wieder hergestellt war.
    Nach zwei Wochen wurde sie entlassen. Sie hatte einen leichten Herzinfarkt gehabt. Der Doktor ermahnte sie, entschieden kürzer zu treten, andernfalls sei ein zweiter Herzinfarkt unvermeidlich. Doch sie selbst fühlte sich nach dem kurzen Krankenhausaufenthalt wie neugeboren, die häufige Ermattung, die ihr seit längerem zu schaffen gemacht hatte, schien völlig verschwunden. Sie erklärte, sie fühle sich zwanzig Jahre jünger und bestand darauf, ihr tägliches Arbeitspensum wie immer zu bewältigen. Man fand ein junges Mädchen aus dem Dorf, das ihr zur Hand ging. Es war bereit, auf dem Hof zu bleiben, bis die Schule im September wieder begann. Julia Henderson sah wirklich viel jünger aus. Sie war das blühende Leben, die Atemnot, die sie vorher oft geplagt hatte, war wie weggeblasen.
    Als das Wetter sich endlich besserte, wurde man auf allen Gehöften fieberhaft tätig. Zwar bestand keine unmittelbare Aussicht, Helfer bei der Heuernte aufzutreiben, doch Mick und Mikey Henderson machten sich daran, ihre weiten Wiesenflächen zu mähen. Den ganzen Tag über folgten sie einander auf ihren beiden Traktoren. In regelmäßigen Schwaden fielen die langen Grashalme. Julia
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