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Whiskey für alle

Whiskey für alle

Titel: Whiskey für alle
Autoren: John B. Keane
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Zufahrtstraße. So etwas Kunstvolles hatte man seit Generationen nicht gesehen. Während des dritten Jahrs schrumpfte der Stapel etwas infolge des Austrocknens, doch war er so gebaut, dass die Außenschicht makellos glatt blieb, nirgendwo zeigte sich auch nur die geringste Delle. Wind und Wetter hatten dem Torf im Laufe der Zeit das natürliche Braun geraubt, und die ausgeblichene Miete sah aus, als sei sie mit Raureif überzogen. In klaren Nächten, wenn der Mond schien, wirkte sie wie eine gewaltige Rampe aus Silber.
    An einem windigen Märzabend zog eine Schar umherwandernder Zigeuner am Torfmoor entlang. Die Gegend sagte ihnen offenbar zu. Das frische Grün an den Stichstraßen bot Futter für ihre Ponys, Pferde und Esel, die selber nicht wählerisch waren und sich auch mit den welken Gräsern vom Vorjahr begnügten. In drei buntbemalten Wohnwagen kam das fahrende Volk daher, umschwärmt von einer Rotte Straßenköter, die aus abenteuerlichsten Mischlingen bestand. Die Karawane zog rasch und ruhig ihrer Wege. Tier und Mensch kämpften gegen die Kälte an. Die Männer, die die Zugpferde führten, hatten blau gefrorene Gesichter, ihnen lief die Nase. Von Zeit zu Zeit pressten sie den Finger gegen einen Nasenflügel und schnaubten krächzend den Schleim aus dem freien Nasenloch. Etwa auf Höhe der Miete sprang ein Schwarm Kinder aus den Wohnwagen und fing an, auf der Straße umherzutollen und zu tanzen. Der Tross zog weiter, und als er vorbei war, blieb eine Miete zurück, die nie wieder wie zuvor aussehen würde. Schwarze Löcher und Aushöhlungen gähnten in der der Straße zugewandten Seite. Sir Stafford hatte kein Auge von den bunten Wagen gelassen, doch die Spiele der Kinder hatten ihn völlig abgelenkt. Aus langer Erfahrung wusste er, dass es zwecklos war, der Karawane hinterherzuhetzen und die Wagen zu durchsuchen, finden würde man nichts. Beim ersten Anzeichen einer Gefahr würden die Leute den Torf unauffällig wegwerfen. Sir Stafford war wütend. Die schöne Miete war jetzt voller Narben und Auswüchse und Regen und Sturm schutzlos ausgesetzt. In wenigen Wochen würde sie zusammenfallen, auch musste man damit rechnen, dass weitere Raubzüge ihr zusetzen würden.
    Es wurde Nacht. Weit hinten am Moor loderten die Lagerfeuer. Sir Stafford ahnte, die Fahrenden würden eine Weile dort bleiben, wahrscheinlich sogar bis Ende April. Die Torfmiete hatte nicht die geringste Chance.
    In seinen Augen war sie ein Denkmal zu Ehren des verblichenen Mr. Chamberlain. Wohl war er sich dessen bewusst, dass sie wie ihr Schöpfer vergänglich war und eines Tages auf ganz natürliche Art zerfallen und sich in Nichts auflösen würde, doch die unverschämte Verunglimpfung vom Nachmittag hinzunehmen, war er nicht bereit. Er tat, was er tun musste. Zu Hause baute er ein Herdfeuer aus schweren schwarzen Torfsoden auf. Als sie durchgeglüht waren, packte er sie in einen Zinkeimer und ging damit schnurstracks zum Torfstich. Der Wind kam von Ost, war trocken und kühl. Sir Stafford suchte eine geeignete Stelle, zog aus der unteren Lage einige Soden heraus und schob dort die glühenden Torfbrocken hinein. Für die aufkommende Brise war es ein bloßer Liebesdienst, den Rest zu besorgen.

Tod, sei nicht stolz 1

    Sein Grund und Boden ging Mick Henderson über alles. Ihn zu pflegen und zu erhalten war für ihn oberstes Gesetz. Neiderfüllte Nachbarn, deren eigenes Land verkommen war, weil sie nicht die Energie aufgebracht hatten, es zu beackern, wollten Außenstehende glauben machen, dass er seine Felder mehr liebte als seine Frau und auch mehr als seine ganze Familie. Dem war nicht so. Er hatte seine Frau geliebt, als sie heirateten, und ihre Liebe hatte sie all die Jahre hindurch Freud und Leid gemeinsam tragen lassen. Selbst jetzt, da die rein körperlichen Ehefreuden nur noch eine ferne Erinnerung waren, bewahrten sie ihre Zweisamkeit als höchstes Gut, wie es nur langwährende Zuneigung zu Wege bringt.
    Es wäre ihm schwergefallen, anderen zu erklären, warum er von seinen Wiesen und Feldern so besessen war. Seine Frau verstand das, und es gab auch andere im Tal, die wie er fühlten. Das waren meist stille, wortkarge Männer, die durchaus Humor besaßen, und für die es, ohne viel darüber zu reden, selbstverständlich war, dass das Hauptinteresse eines Landwirts der Bodenqualität seines Grundbesitzes galt.
    Mick Henderson war siebzig und befand sich in einem Dilemma. Es war schier unmöglich, Arbeitskräfte zu finden. In den
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