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When the Music's Over

When the Music's Over

Titel: When the Music's Over
Autoren: Myra Çakan
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auch egal, wenn es nur endlich mal aufhören würde zu regnen.

    Es war ein seltsamer Ort, an dem ihm die Augenbinde entfernt wurde. Er hatte den Eindruck, als wären sie immer noch irgendwo innerhalb des Bahnhofes. Und als sich seine Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten, erkannte er, dass sie sich in einem Zug befanden. Die Sitzbänke waren rausgerissen und durch alte Möbel ersetzt worden. Irgendwo brannte ein Feuer, er konnte es nur riechen, nicht sehen, und jemand blies ziemlich daneben auf einer Mundharmonika. Wiesel hatte immer mehr das Gefühl, Mitspieler in einem schlechten Film zu sein, wäre da nicht dieses Mädchen mit den schwarzen Haaren und den tätowierten Runen gewesen. Sie bewegte sich wie eine Königin inmitten des Verfalls.
    Sie war die Anführerin der Brandbomben-Werfer. Ihr Name war Sunshine und ihre Miene sagte: »Wehe, du grinst jetzt.« Aber Wiesel hätte nicht im Traum daran gedacht. Sie durchbohrte ihn mit Blicken, doch in ihren Mundwinkeln meinte er ein Grinsen zu entdecken. Und auf einmal war er furchtbar nervös. Sie bemerkte es natürlich, es schien ihr sogar zu gefallen – seltsam.
    Dreisatz führte ihn in ein leeres Abteil. Mit einer »Sieh zu, wie du klarkommst«-Geste ließ sie ihn allein. Wiesel ahnte, dass die Gruppe jetzt beraten würde, ob sie ihm trauen sollten.
    Er musste eingeschlafen sein, denn er wachte auf, als ihn ihre Hand berührte. Er wusste sofort, dass sie es war. Was er nicht wusste, war, ob dies womöglich ein Test war. Er hielt den Atem an, als sich ihre warme Hand in seine Hose schob. Was folgte, war unbeschreiblich gut. Und Wiesel war es völlig gleich, ob dies ein Test war oder nicht, er fühlte sich einfach großartig. Er hatte noch nie mit einem Mädchen geschlafen – so richtig, in echt. Ausgemalt hatte er es sich schon oft. Doch ab einem bestimmten Punkt hatte ihn seine Phantasie immer im Stich gelassen.
    Mit Sunshine war Sex einfach ganz anders. Zum ersten Mal gab es nicht diesen Unterton von Belohnung und Strafe. Und danach erzählte sie ihm von der Organisation und von den Tunnel-Soldaten und ihrer Aufgabe. Er erfuhr nie, ob der Cyber 3 oder die Erwähnung des Raben seine Eintrittskarte war. Was zählte – er war endlich angekommen, und er war nicht mehr allein.
    Die Tunnel-Soldaten nahmen ihn auf. Sicher, bis sie ihn voll akzeptierten, verging eine Weile. Unterdessen gab ihm Sunshine einen Crashkurs im Überleben, er gab ihr sein Herz. Schüchtern, voll Hoffnung und verletztem Vertrauen. Doch sie verstand ihn, ohne dass er etwas erklären musste, denn sie kamen aus derselben Vergangenheit. Wiesel war zum ersten Mal in seinem Leben verliebt.

… und es soll Schmalzkringel regnen

    Sie brachten ihn in ein Auffanglager. Zuerst war er so etwas wie das Lagermaskottchen, nach einer Weile nur noch ein extra Mund, den es zu füttern galt. Er blieb nicht das einzige Kind, das seine Eltern verloren hatte. Doch als die Medien und die verschiedenen Organisationen von den Kindern hörten, wurden viele von ihnen abgeholt. Manchmal fragte er sich, wo sie hinkamen, doch die meiste Zeit starrte er nur vor sich hin und hörte dem Klang der lustigen Wellen zu, der nur in seinem Kopf zu hören war. Und immer kamen tags darauf neue Kinder, verstört und stumm und hungrig wie er selbst. Einige hatten die Krankheit – sie blieben nie lange.
    Nachts wurde der Klang der Wellen von den Geräuschen der Welt außerhalb des Lagers übertönt. Sirenen, Schüsse und Schreie. Später erfuhr er, dass es die zweite Welle der Invasion gewesen war.
    An seinem zehnten Geburtstag, er glaubte, es war sein Geburtstag, beschloss er abzuhauen. Es war ganz leicht – zuerst jedenfalls, als es nur darum ging, durch die Umzäunung zu kommen. Das Überleben draußen, wo alle langsam den Verstand verloren, dazu brauchte man eine Menge Cleverness und sieben Leben, wie Garfield, die Katze.
    Tagsüber verkroch er sich in verlassenen Autowracks, die wie ausgefallene Riesenzähne am Straßenrand standen. Wo wohl die ganzen Leute abgeblieben waren? Es hatte vermutlich was mit den Aliens zu tun, überlegte er. Obwohl nie gesagt wurde, dass sie Menschen umbrachten. Aber Garfield, so nannte er sich jetzt, hatte den Skeptizismus und die Abneigung gegen öffentliche Autoritäten von seinem Vater geerbt. Er beschloss, den Vierfingern auf jeden Fall aus dem Weg zu gehen.
    Nach zwei Wochen erreichte er seine alte Gegend. Das Viertel war eine Seenlandschaft, und eine Reihe Verbotsschilder warnte die
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