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Wer zweimal stirbt, ist laenger tot

Wer zweimal stirbt, ist laenger tot

Titel: Wer zweimal stirbt, ist laenger tot
Autoren: Mary Janice Davidson
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wälzte mich herum und funkelte ihn wütend an. »Willst du all deine grässlichen Irrtümer noch verschlimmern, indem du mich belehrst, bis ich vor Langeweile ins Koma falle? Stattdessen könntest du mir lieber aufhelfen?«
    »Aber natürlich.« Er grinste und streckte mir die Hand hin. »Als dein Untertan und Ehemann und Mitregent …«
    »Wie kannst du gleichzeitig Untertan und Mitregent sein?«
    »… ist es mein Privileg, und nur meines, dich zu belehren. Abgesehen natürlich von deiner lieben Mutter. Oder Jessica. Oder …«
    »Bitte sorgt dafür, dass er aufhört!«, flehte ich unsichtbare Mächte an. Dann ergriff ich seine Hand und zog mich daran hoch. So musste sich der Jack aus dem Märchen gefühlt haben, als er an der Bohnenranke emporkletterte. Sinclair war wirklich groß. An ihm hochzuklettern dauerte ewig. »Und falls du mein Schreien nicht gehört haben solltest …«
    »Das hat ganz St. Paul gehört, Darling.«
    »Ich hasse dich, du mieser Scheißkerl.«
    »Oh, aber ich liebe dich, teuerste Königin.«
    »Und um Zeit zu sparen«, drohte ich, »solltest du lieber gleich eines der Sofas beziehen, statt bis zum Morgengrauen zu warten.«
    »Wie ist es draußen?«, fragte Sinclair mit einem seltsamen Ausdruck im Gesicht. Ich brauchte einen Moment, um ihn richtig einzuordnen. War das Nostalgie? Nein. Es war Sehnsucht. Genau. Sinclair war vor ungefähr fünfzehn Dekaden auf einer Farm groß geworden und sehnte sich nach der Sonne so sehr, wie ich mich in jedem Herbst nach der kommenden Frühjahrkollektion sehnte. »Ist es sehr kalt?«
    »Klar, aber mir ist ja immer kalt.« Und sogleich vergab ich ihm seine blöde Attitüde. Ich versuchte zwar, die Dinge, die ich im Gegensatz zu anderen Vampiren tun konnte, nicht als selbstverständlich zu nehmen, doch manchmal brachte ich eben alles durcheinander. Sicher, ich schimpfte die ganze Zeit vor mich hin, während ich nach Schaufeln suchte oder vor einer hündischen Lynchmeute floh, aber immerhin konnte ich mich im Freien aufhalten. Immerhin konnte ich tagsüber im Garten stehen und überlegen, unter welchem Baum ich meine Katze begraben sollte. Immerhin konnte ich von blöden Kötern am helllichten Tag verfolgt werden. Immerhin konnte ich die Sonne auf meinem Gesicht spüren, ohne in Flammen aufzugehen.
    Sinclair hingegen … mein Gemahl war der stärkste Vampir, den ich kannte (und auch der hinreißendste und nervigste), doch ihm waren all diese Dinge nicht möglich.
    Ich weiß zwar nicht genau, was du im Schilde führst, lieber Gott, aber manchmal bist du ziemlich gemein. Warum machst du nicht mal ’ne Weile Pause?
    Ich betete immer noch. Selbstredend.
    Ich war mir nur nicht mehr sicher, ob mir auch jemand zuhörte.

5
    Nachdem ich drei Stunden und zwanzig Minuten geschmollt hatte, beschloss ich, dass Sink Leer jetzt mit mir schlafen sollte. Denn mir war klar geworden, dass ich mich selbst bestrafen würde, wenn ich nur fünf Minuten länger schmollte. Also nahm ich seine Entschuldigung widerwillig an und ließ mir das Hirn aus dem Kopf vögeln.
    Das sollte ihm eine Lehre sein!
    »Mhhmmm«, murmelte der Vampir einige Zeit später.
    »Ja, bin ganz deiner Meinung. Mhhmmm. Eines schönen Tages werden wir uns wirklich noch wehtun. Oder wieder mal ein Bett schrotten. Oder nicht aufpassen und das Fenster kaputt machen. Wieder mal. Gott sei Dank war die Sonne schon untergegangen.« Ein Schauder überlief mich … Jessica hatte wegen des zerbrochenen Fensters einen hormonell bedingten Anfall erlitten und gekreischt, dass ›Der Bauch, Der Die Welt Auffraß‹ eines Tages im Garten spielen würde und sie keinen Wert darauf legte, dass er über Splitter krabbeln musste. Keiner wagte, ihr zu widersprechen oder sie darauf hinzuweisen, dass die Splitter bis dahin natürlich weggeräumt wären. Nein. Wir flohen alle, Hals über Kopf, mein Mann an der Spitze. Kluger Mann. Wir waren zwar der König und die Königin der Untoten, ließen uns aber von einer dünnen Frau ins Bockshorn jagen, die pudelnass höchstens fünfzig Kilo wog … wenn sie nicht gerade schwanger war.
    »Dir ist ja immer noch kalt.« Sinclair stützte sich auf einen Ellenbogen und streichelte meinen Rücken. Ich war irgendwann während des dritten Orgasmus irgendwie ohnmächtig geworden. Kalt? Taub? Gesättigt? Angsterfüllt? Immer noch den Geruch von Kötern in der Nase? Oh ja!
    »Hab ich vergessen. Oder es ist mir gar nicht aufgefallen.« Was auch immer … Seit ich zum ersten Mal gestorben war, war mir
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