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Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses

Titel: Wer sich in Gefahr begibt - Granger, A: Wer sich in Gefahr begibt - A Rare Interest in Corpses
Autoren: Ann Granger
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Gedankenübertragung am Werk, denn auf der mir gegenüberliegenden Seite der Droschke flog eine kleine Klappe an der Decke auf. Wally Slater spähte zu mir herunter. »Nur ein Karren, Miss. Ein Bobby steht auf der Kreuzung und hat uns angehalten, damit der Karren passieren kann.«
    »Ein Bobby?«
    »Ein Bulle, Miss. Ein Vertreter des Gesetzes, der es auf sich genommen hat, die Sache in die Hand zu nehmen. Sie sind sehr gut darin, diese Bobbys, irgendwelche Sachen in die Hände zu nehmen und sich in die tagtäglichen Angelegenheiten ehrlicher Bürger einzumischen, Miss«, schloss der Droschkenfahrer grollend.
    Nun wagte ich es doch, meinen Kopf aus dem Fenster zu strecken und zu betrachten, was an diesem Karren so anders war, dass das Gesetz sich genötigt gesehen hatte einzuschreiten, um sein Vorankommen zu fördern. Eine Wolke frischen Staubs drang in meine Nüstern und brachte mich zum Niesen. Ich wollte soeben meinen Kopf wieder nach drinnen ziehen, als das neue Fahrzeug aus einer Straße zu unserer Rechten kam. Es war ein weiterer Karren, ganz ähnlich denen, die den Schutt transportierten, doch auf diesem stand nur ein einzelnes mysteriöses Objekt, verhüllt von einer Abdeckplane. Im Gegensatz zu den Pfiffen und Buhrufen, welche die anderen Karren begrüßten, senkte sich ein neugieriges, beunruhigtes Schweigen über die Menge, als das Fuhrwerk in Sicht kam. In der Nähe nahm ein älterer Mann die Mütze ab.
    Die Droschke schaukelte unvermittelt, und ich sah, dass mein Fahrer von seinem Kutschbock gestiegen war und sich zu einem stämmigen Mann in Arbeiterkleidung begab, den er zu kennen schien. Die beiden unterhielten sich gedämpft miteinander.
    »Ist das ein Unfall?«, rief ich nach draußen.
    Beide drehten sich zu mir um. Der Arbeiter öffnete den Mund zu einer Antwort, doch mein Fahrer kam ihm rasch zuvor. »Es ist nichts, weswegen Sie sich sorgen müssten, Miss.«
    »Aber das ist ein Leichnam auf diesem Karren, oder etwa nicht?«, beharrte ich. »Hat es vielleicht irgendwo einen tödlichen Unfall auf dieser Baustelle für den neuen Bahnhof gegeben?« Ich erinnerte mich daran, dass einige der Grabungsarbeiten einen Friedhof betrafen. »Oder ist es ein Sarg vom Kirchhof?«
    Walter Slater, Expreisboxer, betrachtete mich auf eine Weise, die schockiert und missbilligend zugleich war. Ob er mich als eine einfach praktische oder vom Morbiden faszinierte Person betrachtete, es war beides nicht das Benehmen, das sich für respektable junge Damen im Angesicht des Todes geziemte. Ein wenig mehr Betrübtheit war angebracht. Doch ich war niemand, der schnell jammerte oder in Ohnmacht fiel. Trotzdem hatte er möglicherweise eine Erklärung verdient.
    »Ich bin die Tochter eines Arztes«, sagte ich zu ihm, »und mein Vater wurde häufig zu schweren Unfällen gerufen in den …«
    An dieser Stelle brach ich ab. Ich wollte ›in den Minen‹ sagen, doch das hier war London und nicht Derbyshire, und was wussten diese Menschen schon von Kohlenminen?
    Also vervollständigte ich meinen Satz: »… auf Bitten der Behörden.«
    »Ja, Miss, das sieht man«, entgegnete mein Kutscher, doch er ließ mich merken, dass mein Mangel an Takt nicht übersehen worden war.
    Also wirklich, Lizzie! , schalt ich mich einmal mehr. Du musst deine Zunge besser im Zaum halten! Das hier ist London, und provinzielle Unverblümtheit gilt wahrscheinlich nicht als anständiges Benehmen! Wenn du selbst diesen Kutscher so weit bringst, dass er Anstoß an dir nimmt, was für grauenvolle Fehler mögen dir dann erst in Gesellschaft gebildeterer Menschen unterlaufen?
    Den Arbeiter schien dieser Wortwechsel indes zu amüsieren. »Wo denken Sie hin, Miss?«, sagte er munter. »Das ist kein alter Leichnam, sondern ein junger, ganz frisch.«
    Slater knurrte ihn an, seine Zunge im Zaum zu halten, doch ich stand bei meinem Kutscher ohnehin schon im Ruf, jemand zu sein, der sich unangemessen für derart grausige Dinge interessierte. Also konnte ich meine Neugier genauso gut befriedigen.
    »Was meinen Sie mit ›ganz frisch‹«, erkundigte ich mich bei dem braven Arbeiter. »Dann war das also ein Unfall?«
    »Sie haben die Leiche einer Frau gefunden«, antwortete er mit sichtlichem Vergnügen. »Grausig ermordet. Sie war in einem der Abrisshäuser. Sie haben ihren Leichnam unter einem alten Bett entdeckt. Sie hat seit Wochen dort gelegen, schätzen sie. Sie war so grün wie ein Salat, und die Ratten haben schon an ihr …«
    Ich spürte, wie ich erbleichte,
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